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Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Barmann, und Fred, einen blassen, schielenden Burschen, der im Sommer Liegestühle vermietete, und den Rest des Jahres damit verbrachte, seine Einkünfte glücklich zu versaufen. Und es gab Ben Litton.
    „Es ist bloß eine Frage der Prioritäten“, sagte Marcus, als er und Robert sich im Alvis aufmachten, um Ben Litton zu suchen. Das Wetter war so schön, daß Robert das Verdeck aufgeklappt hatte, weswegen Marcus zu seinem gewohnten schwarzen Mantel eine pilzförmige Tweedmütze trug, die aussah, als wäre sie für jemand anders gekauft worden.
    „Prioritäten und zeitliche Koordinierung. Sonntagmittag muß man als erstes im Sliding Tackle nachsehen. Und wenn er da nicht ist, was ich mir nicht vorstellen kann, gehen wir zum Atelier, oder er ist im Cottage.“
    „Oder an einem so herrlichen Morgen vielleicht einfach draußen unterwegs?“
    „Das glaube ich nicht. Jetzt ist Frühschoppenzeit, und was das betrifft, war er immer ein Gewohnheitstier.“
    Obwohl erst März, war es ein Tag von unglaublicher Schönheit. Der Himmel war wolkenlos. Die See, von einem lebhaften Nord westwind schräg in die Biegung der Bucht getrieben, lag vor ihnen, gestreift in allen Schattierungen der Farbe Blau, von tiefem Indigo bis zu hellem Türkis. Von der Hügelkuppe aus konnte man bis in die Unendlichkeit sehen, ferne Landspitzen verschwammen in seinem Dunst, der an die Hitze des Hochsommers denken ließ. Ein Stück weiter unten, die gewundene Straße hinunter, fiel die Stadt steil ab, ein Gewirr von engen, kopfsteingepflasterten Gassen, weißge tünchten Häusern und gebleichten, schiefen Dächern, das sich um den Hafen drängte.
    Alljährlich in den drei Sommermonaten verwandelte sich Porthkerris in eine kleine Hölle auf Erden. Die viel zu engen Straßen wa ren mit Autos verstopft, das Pflaster überschwemmt mit spärlich bekleideten Menschen, die Geschäfte quollen über von Postkarten, Sonnenhüten, Strandschuhen, Garnelennetzen, Surfbrettern und aufblasbaren Plastikkissen. Auf dem großen Strand wurden Zelte und Badehütten aufgestellt, die Cafés öffneten, die Terrassen waren vollgestellt mit runden Eisentischchen, gespickt mit Sonnenschir men. Orangegelbe Wimpel flatterten im Wind und warben für Himbeereis am Stiel, halbgefrorene Kugeln mit Schokoladeüberzug und andere Scheußlichkeiten, und als wären die nicht nahrhaft genug, gab es Cornish Splits zu kaufen und kleine Pasteten mit einer matschigen grauen Kartoffelfüllung.
     
    Um Pfingsten öffnete der Spielsalon mit Flipper- und plärrenden Musikautomaten, und vielleicht mußte wieder eine Gruppe bau fälliger, aber pittoresker Häuser den Bulldozern weichen, um Platz für einen weiteren Parkplatz zu schaffen. Die Einwohner, die Leute, die die Stadt liebten, und die Künstler wurden entsetzte Zeugen dieser Vergewaltigung und sagten: „Es ist schlimmer denn je. Die Stadt ist ruiniert. Wir können hier nicht mehr bleiben.“ Aber in jedem Herbst, sobald der letzte Zug den letzten pellnasigen Eindringling fortgetragen hatte, fiel Porthkerris wunderbarerweise wieder
     
     
    * Das englische Spiel „Shove-ha'penny“ wird in Kneipen am Tisch gespielt, die Spielregeln sind ähnlich wie beim Boccia, nur daß es  mit Pennystücken gespielt wird, die man schnippt wie hierzulande beim Flohspiel.
    in sein normales Tempo zurück. Die Geschäfte schlossen, die Zelte wurden abgebaut, die Winterstürme kamen und wuschen die Strände rein. Die einzigen Fahnen, die wehten, waren Wäscheleinen, die von Haus zu Haus flatterten wie pastellfarbene Wimpel oder hoch über die Rasenflächen gespannt waren, auf denen die Fischer ihre Netze zum Trocknen ausbreiteten.
    Und dann stellte der alte Zauber sich wieder ein, und es war leicht zu verstehen, daß ein Mann wie Ben Litton immer wiederkehrte wie eine Brieftaube, der Erholung wegen, der vertrauten Umgebung wegen und um sich von neuem in einem Meer von Farbe und Licht zu verlieren.
    Das Sliding Tackle lag ganz am Ende der Hafenstraße. Robert hielt vor der schiefen Veranda und stellte den Motor ab. Der Tag war sehr warm; Stille lag über dem Ort. Es war Ebbe, der Hafen voll mit reinem Sand, Seetang und kreischenden Möwen. Ein paar Kin der, vom Sonnenschein ins Freie gelockt, spielten mit Eimern und Schaufeln, beaufsichtigt von mehreren strickenden Großmüttern in Schürzen und Haarnetzen, und auf den Kopfsteinen saß eine dürre schwarze Katze und putzte sich die Ohren.
    Marcus stieg aus dem Wagen. „Ich geh rein und seh nach, ob er

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