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Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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eigentlich ist sie seine Stiefschwester. Emma Litton.“
    „Emma arbeitet hier.“
    „Sie arbeitet hier? Am Theater?“
    „Ganz recht. Als Inspizientengehilfin. Unsere letzte kriegte plötzlich Blinddarmentzündung, und Emma sagte, sie würde aus helfen. Normalerweise -“ sie klang jetzt betont professionell - „normalerweise nimmt Mr. Childers ja lieber Leute mit ein bißchen Bühnenerfahrung, wissen Sie, Royal Academy of Art oder sonstwo, damit sie auch mal in kleinen Rollen einspringen können. Aber weil sie hier war und nichts zu tun hatte, hat er ihr den Job gegeben.
    Allerdings nur, bis das andere Mädchen wieder gesund ist.“
    „Ich verstehe. Glauben Sie, wir können sie sprechen?“
    „Sicher, nach der Vorstellung. Aber Mr. Childers will niemanden hinter der Bühne sehen, bevor die Vorstellung zu Ende ist.“
    „In Ordnung. Wir können warten. Haben Sie vielen Dank.“
    „Keine Ursache. Es war mir ein Vergnügen.“
     
    Sie gingen die Treppe hinauf zu einem zweiten, größeren Foyer mit einer Bar in der Ecke, setzten sich, tranken Lagerbier und plauder ten mit dem Barmann, bis mäßiger Applaus das Ende des ersten Aktes verkündete. Die Lichter gingen an, die Türen öffneten sich, und ein kleiner Strom Leute kam heraus, um sich zu stärken. Jane und Robert warteten bis zum ersten Klingelzeichen, dann gingen sie in den Zuschauerraum, kauften auf dem Weg hinein zwei Pro grammhefte und wurden von einem beflissenen jungen Mädchen in einem Nylonoverall zu ihren Plätzen geführt. Das Theater war an diesem Abend äußerst spärlich besucht, und Jane und Robert waren die einzigen, die in der dritten Reihe saßen. Jane sah sich interessiert um.
    „Ich glaube, es war früher ein Missionsgebäude“, stellte sie fest. „Kein Mensch hätte einen so häßlichen Kasten als Theater gebaut. Aber ich muß sagen, sie haben es sehr einfallsreich umgestaltet; Be leuchtung und Farben sind gut. Schade, daß sie kein größeres Publi kum haben.“
    Schließlich öffnete sich der Vorhang zum zweiten Akt.
    Salon in Mrs. Edburys Haus in Gloucestershire, informierte sie das Programm, und da war er, komplett mit Flügelfenstern, Treppe, Sofa, Tisch mit Getränken, Tisch mit Telefon, niedrigem Tisch mit Zeitschriften (damit die Hauptdarstellerin sie in die Hand nehmen und lässig durchblättern konnte, wenn sie nicht wußte, was sie mit ihren Händen anstellen sollte?) und drei Türen.
    „In dem Haus zieht's“, murmelte Jane.
    „Es wird besser, wenn sie die Terrassentür zumachen.“
    Aber die Terrassentür mußte offenbleiben, denn herein stürzte die jugendliche Naive (Sara Rutherford ist eine bezaubernd natürliche Braut), warf sich auf das Sofa und brach in Tränen aus. Auf Janes Gesicht malte sich Fassungslosigkeit. Robert drückte sich etwas tiefer in seinen Sitz.
    Es war ein fürchterliches Stück. Selbst wenn sie den ersten Akt gesehen hätten und daher imstande gewesen wären, das Handlungs gewirr zu enträtseln, es wäre trotzdem ein fürchterliches Stück gewesen. Es war gespickt mit Klischees, mit Standardrollen (es gab sogar eine komische Putzfrau), mit gekünstelten Abgängen und Auftritten und mit Telefonanrufen. Im Verlauf des zweiten Aktes klingelte achtmal das Telefon.
    Als der Vorhang sich senkte, schlug Robert vor: „Gehen wir noch was trinken. Ich kann jetzt einen doppelten Cognac vertragen.“
    „Ich geh hier nicht weg“, sagte Jane. „Ich will die Stimmung nicht z erstören. So ein Stück habe ich nicht mehr gesehen, seit ich sieben war. Und das Bühnenbild macht mich ganz nostalgisch. Aber eins, Robert, ist sonnenklar.“
    „Was?“
    „Christopher Ferris ist sehr, sehr gut.“
    Das stimmte. Als er auf die Bühne geschlurft war, der unsichere junge Student, der am Ende die Heldin ihrem Verlobten, einem Bör senmakler, abspenstig machen sollte, da gewann Daisies on the Grass den ersten schwachen Funken Leben. Sein Text war nicht bes ser als der der anderen, aber seine Einsätze waren tadellos, und er konnte sie komisch oder traurig oder auch verschroben-charmant bringen. Für die Rolle trug er eine Kordhose, einen ausgebeulten Pullover und eine Hornbrille, aber selbst diese Kostümierung konnte seine Eleganz, sein gutes Aussehen und die langbeinige An mut seiner Bewegungen nicht verhüllen.
    „Er ist nicht nur sehr gut, er ist auch sehr attraktiv“, fuhr Jane fort. „Ich kann verstehen, warum seine Stiefschwester so erfreut war, als sie ihm in Paris wieder über den Weg lief. Ich hätte

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