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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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schlug der Mann die Zeitung zu, erhob sich und warf sie in einen nahe gelegenen Abfalleimer.
    Wie kann man bloß eine Zeitung wegwerfen? Wir hätten damit noch den Ofen angeheizt.
    Dana spürte einen Stich in der Brust. Obwohl sie nicht einmal einen ganzen Tag von Zuhause fort war, packte sie schon jetzt die Sehnsucht nach einer gemütlichen Stube und einem behaglichen Feuer. Noch war es Sommer, aber was sollte aus ihr im Winter werden? Bevor sich ein erneuter Panikanfall ankündigen konnte, wischte Dana ihre düsteren Gedanken beiseite. Es würde immer irgendwie weitergehen. Sie durfte nicht die Hoffnung verlieren.
    Der Mann ging zur Wasserpumpe und betätigte den Hebel. Ein Schwall Wasser ergoss sich in seine hohle Hand, die er zum Mund führte und daraus trank. Danas Blick fiel auf die Tasche des Mannes. Sie stand noch immer an ihrem Platz neben der Sitzbank. Der Mann war mehrere Yards entfernt. Wenn es Dana gelang, die Tasche zu greifen und wegzulaufen, würde er sie vermutlich nicht einholen können. Der Mann war alt. Nervosität durchflutete Dana, sie spürte, wie ihr Herz in einem schnellen Rhythmus gegen ihre Rippen hämmerte. Es war eine Gelegenheit, wie sie sich ihr vielleicht sobald nicht wieder bieten würde. Jil hätte auch nicht lange gezögert.
    Dana rutschte etwas näher an den Beutel des Mannes heran. Der Alte war damit beschäftigt, sich das Gesicht zu waschen. Er schien keinerlei Verdacht zu schöpfen.
    Dana sah sich um. Außer den verbliebenen Kindern hielten sich nur wenige Menschen auf dem Platz auf. Eine Frau mit einem Kinderwagen saß auf der benachbarten Bank. In einiger Entfernung stand ein hagerer kleiner Mann, dessen faltiges Gesicht missmutig dreinblickte. Sein Blick war auf den Brunnen gerichtet.
    Jetzt oder nie. Er ist es doch selbst schuld, wenn er seine Sachen aus den Augen lässt. Vergib mir .
    Mit einer blitzschnellen Bewegung griff Dana den Beutel, sprang von der Bank auf und rannte, so schnell sie konnte. Erst als sie sich schon mehrere Yards entfernt hatte, bemerkte sie, dass sie ihren eigenen Rucksack auf der Bank hatte stehen lassen. Jetzt war es zu spät, um umzukehren. Es war ohnehin nichts Wertvolles darin.
    Ihre Beine waren von ihrem letzten kräftezehrenden Spurt noch schwach und sie war niemals besonders sportlich gewesen, trotzdem mobilisierte sie noch einmal ihre letzten Kräfte. Mit großen Schritten rannte sie in eine Gasse hinein. Die Tasche wog schwer in ihrer Hand.
    Zweifel nagten mit tausend Zähnen an ihr, und auch die Angst verfehlte ihre betäubende Wirkung nicht, doch Dana verdrängte ihre Schuldgefühle. Stattdessen entdeckte sie Kräfte in sich, von denen sie nie geglaubt hatte, dass sie in ihr schlummerten. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst, sie spürte weder Schmerz noch Erschöpfung.
    »Bleib stehen, du Schlampe!«, brüllte eine männliche Stimme hinter ihr. Dana hörte das schnelle Tappen von festen Sohlen auf dem Gehsteig hinter ihr. Hatte jemand die Tat beobachtet? Verfügte der Bestohlene doch über eine größere Ausdauer, als Dana ihm zugetraut hatte? Sie wagte es nicht, sich über die Schulter hinweg umzudrehen. Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit konnte sie in dieser Situation Kopf und Kragen kosten.
    Dana wusste schon längst nicht mehr, in welchem Teil von Haven sie sich befand. Je weiter sie rannte, desto dünner wurde die Besiedlung. Die Häuser waren hier längst nicht mehr so groß wie im Stadtkern, meist waren es einfache Wohnhäuser mit angrenzenden Höfen, ähnlich wie es sie in Garnick gab. Die Straße, über die der Verfolger Dana nachjagte, führte strikt geradeaus, immer seltener gab es abzweigende Wege. Wenn es Dana nicht gelang, dem Mann davonzulaufen, würde er sie früher oder später einholen. Seine Schritte kamen schon jetzt stetig näher. Danas Kräfte ließen sichtlich nach, obwohl die Angst sie beflügelte. Ein beleibter Mann in Arbeitskleidung tauchte vor ihr auf dem Weg auf. Dana wäre beinahe gegen ihn gelaufen, da der einfältige Narr nur begriffsstutzig dreinblickte, anstatt ihr Platz zu machen. Wieder schmolz ihr Vorsprung dahin wie Eis in der Sonne.
    Die hoch beladene Handkarre eines Bauern, der gerade von einem Feldweg auf die Straße bog, war dann ihr endgültiger Ruin. Dana prallte mit der Hüfte gegen die Deichsel, zahllose Kohlköpfe ergossen sich auf den Weg.
    »Kannst du nicht aufpassen?«, schrie der Bauer ihr fassungslos entgegen, doch Dana schenkte ihm keine Aufmerksamkeit. Sie rappelte sich noch

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