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Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Titel: Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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Menschen mitgerissen und zurückgeworfen. Sie kämpfte sich durch bis zum Hafen, obwohl sie dafür eine gefühlte Ewigkeit benötigte. Hier gab es kaum noch Menschen, die Hafenpromenade war gespenstisch leer. Dichte Rauchschwaden schwebten über dem Meer, die Sicht war schlecht. Ob es auch auf Falcon’s Eye brannte? Jil beschleunigte ihre Schritte, bis sie in ein flottes Lauftempo fiel. Ihr Kopf schmerzte bei jedem Schritt. Schon von weitem erkannte sie, dass sie zu spät kam. Von Firios Hütte auf der kleinen Landzunge stiegen nur noch vereinzelte Rauchwolken aus der verkohlten Ruine empor. Jil versuchte, sich den Überresten zu nähern, doch die Hitze brannte auf ihrer Haut. Es war unerträglich.
    »Firio!«, rief sie. Sie wusste, dass er nicht hier war und sie nicht hören konnte, doch sie konnte nicht gegen den Drang ankämpfen, seinen Namen zu rufen. »Firio! Firio!«
    Entweder war er mit den anderen Menschen geflüchtet oder… Jil wagte es nicht, diesen Gedanken auszuformulieren. Ihr Blick fiel auf Firios Fahrrad, das vollkommen verbogen neben dem riesigen Haufen Asche lag, der einmal sein Haus gewesen war. Das Feuer hatte den roten Lack geschmolzen, auch der Sattel war verbrannt. Jil stiegen Tränen in die Augen. Wo auch immer sie auftauchte, brachte sie nur Leid und Tod über die Menschen. Der Schmerz bohrte sich tief in ihre Brust und nahm ihr die Luft zum Atmen. Völlig benebelt und verzweifelt torkelte Jil zurück in die Stadt. Obwohl ihre Gedanken rasten und sie vollkommen damit beschäftigt war, sich Vorwürfe zu machen, spürte sie jäh ein Prickeln im Nacken, als würde sie jemand beobachten. Jil schnellte herum, doch außer den über den Gehsteig eilenden Menschen war niemand da, der ihr Beachtung schenkte. Trotzdem fühlte sie sich verfolgt. Vielleicht war es Lesward? Jil beschleunigte ihre Schritte. Wenn sie viel Glück hatte, war das Tor zum Stadtpark noch geöffnet. Es war nun ihr letzter verbliebener Zufluchtsort. Wenn sie tatsächlich jemand von den Vartyden verfolgte, würde er es vielleicht nicht wagen, sich so nahe an einen Eingang nach Sedhia heran zu wagen.
    Etwas in Jils Innerem schlug Alarm. Vielleicht täte auch sie selbst gut daran, den Sedharym nicht direkt in die Arme zu laufen. Doch sie wusste, dass sie sich ohnehin nicht vor ihnen verstecken konnte, zu scharf waren ihre Sinne und zu schnell ihre Bewegungen.
    Die Sonne ging bereits unter. Sicherlich wäre es auch für sie das Beste gewesen, Haven zu verlassen. Oder stimmte es, was Ray ihr erzählt hatte? Die Sedharym überwachten jeden Schritt der Menschen innerhalb ihrer künstlich erschaffenen Stadt und erlaubten nur ihren Einwohnern, sie zu verlassen und zu betreten. Jil stieß ein verächtliches Schnauben aus. Vermutlich hatte Ray ihr ein Märchen aufgetischt. Der Gedanke an Ray versetzte ihr einen Stich. Sie musste ihn vergessen. Es mochte ein gutes Herz in seiner Brust schlagen, aber er gehörte zur einer Rasse, die den Menschen gefährlich werden konnte. Wie gefährlich, hatte Jil erst vor wenigen Stunden am eigenen Leib erfahren. Wie zur Hölle konnte es sein, dass die Vartyden tatsächlich gegen das Böse kämpften, wo ihr Anführer doch selbst die Niederträchtigkeit in Person war? Und wie zur Hölle konnte es sein, dass die Sedharym, die Ray so eindringlich als die bösen Buben beschrieben hatte, einen so sympathischen Kerl wie Cryson hervorgebracht hatten? Es war wie in einer verkehrten Welt.
    Jil stieß aus einer Seitenstraße hervor und tauchte wieder ein in das panische Treiben auf Havens Straßen. Ein Kind schrie, Hunde bellten, ein Pferd scheute. Die Kutschte wurde herum gerissen und kippte auf die Seite. Jil blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete, wie die Insassen der Kutschte sich aus der zersplitterten Tür zwängten. Eine Frau raffte ihren Rock und rannte davon, ein Mann und der Kutscher stürmten hinterher. Das verängstigte Tier ließen sie allein zurück, es buckelte angesichts seiner schweren Last, die es nun nicht mehr ziehen konnte. Mittlerweile war es fast dunkel, ein rötlicher Lichtschein lag über der Stadt. Obwohl ihre Beine plötzlich bleischwer schienen, setzte Jil sich wieder in Bewegung. Die Straßenbahnen standen still, die Fenster mehrerer Häuser waren weit geöffnet, gaffende Menschen mit angsterfüllten Gesichtern lehnten sich hinaus. Jil packte einen jungen Mann am Ärmel und zog ihn zu sich heran. Der Bengel war vielleicht fünfzehn Jahre alt, seine Wangen waren rußgeschwärzt,

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