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Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Titel: Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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Jemand hatte die Halme der umliegenden Büschel ausgerissen und auf einen Haufen geworfen. Dana näherte sich dem Grashaufen, streckte ihre Hand danach aus und strich einige Halme zur Seite. Die hölzernen Planken eines kleinen Ruderbootes kamen zum Vorschein. Dana war sich sicher, dass dies ein Geschenk Gottes sein musste. Er hatte ihr dieses Boot geschickt, damit sie nach Jil suchen konnte. Doch sie war keine gute Schwimmerin, außerdem zweifelte sie an ihrer Muskelkraft. Sie dachte nicht darüber nach, dass sie Diebstahl begehen würde, wenn sie das Boot nahm. Es war die einzige Möglichkeit, Falcon’s Eye verlassen zu können. Sie schauderte bei dem Gedanken, wieder als versteckte Passagierin mit einem der Händler mitfahren zu müssen.
    Dana blickte aufs Meer hinaus. Es war beinahe spiegelglatt, kaum eine Welle kräuselte sich auf der Wasseroberfläche. Die Häuser von Haven waren deutlich am Horizont zu sehen. Dana wandte sich um. In ihrem Rücken ging die Sonne allmählich unter. Wenn es erst dunkel war, würde sie in keinem Fall eine Überfahrt wagen können, außerdem waren die Nächte in den Dünen kalt und windig. Dana packte ein kurzer Anflug ihrer altbekannten Angst, diese vertraute Beklemmung, die sie seit dem Tod ihrer Mutter nie abzulegen imstande gewesen war.
    Sie ignorierte die Übelkeit, die in ihr aufstieg und machte sich daran, das Boot vom Gras zu befreien. Es war klein und vom Wetter ausgeblichen und fleckig, schien ansonsten aber unversehrt. Auf dem Boden des Bootes lag ein sorgfältig verschnürtes Paket. Mehr denn je wurde Dana bewusst, dass dieses Boot vermutlich jemandem gehörte und dass sie in Begriff war, einen Diebstahl zu begehen.
    Ich habe einen Mord und eine schwere Körperverletzung begangen, ich denke nicht, dass es einen Unterschied macht, ob ich jetzt noch das Boot nehme oder nicht. Gott hätte es mir nicht geschickt, wenn er mir nicht verziehen hätte.
    Dana schluckte ihre Bedenken hinunter und griff nach dem Paket, das an den Seiten jeweils eine Elle maß. Es bestand aus festem Karton und war sorgfältig mit einem dünnen Hanfseil umwickelt und verschlossen. Das Paket war nicht besonders schwer, aber es enthielt eindeutig einen Inhalt, der beim sachten Schütteln im Karton hin und her rutschte. Für gewöhnlich plagte Dana keine Neugier, aber diese Situation war auch alles andere als gewöhnlich. Nach nur kurzem Zögern öffnete Dana mit zittrigen Fingern den Knoten, der die Paketschnur an den Enden zusammen hielt. Sie öffnete den Deckel und förderte eine Papiertüte zutage, die an den Kanten nicht mehr als fünf Zoll maß, jedoch prall gefüllt war mit einem gräulichen geruchlosen Puder.
    Schmuggelware. Drogen. Gott, steh mir bei.
    Sie ließ die Papiertüte fallen, als hätte sie sich daran verbrannt. Die Tüte fiel geräuschlos in den Sand. Eine Staubwolke stieg daraus empor. Mit der Fußspitze trat Dana ihren Fund von sich weg. Die durch die Luft fliegende Tüte umschrieb einen hohen Bogen und landete dann in einem Dornengebüsch. Ein wütend krächzender Vogel stieg daraus empor.
    Dana befreite das kleine Boot von Gras und Laub und legte beide Ruder auf dessen Boden. Dann stemmte sie sich gegen das Heck und schob es mit dem kratzenden Geräusch von Stein auf Holz über die Kante des Ufers. Weniger als einen halben Yard tiefer platschte es auf die Wasseroberfläche. Es gab kaum Wellen auf der ruhigen See, trotzdem entfernte sich das Boot mit jeder Sekunde weiter vom Ufer. Dana musste sich beeilen, bevor die Schaluppe abtrieb. Sie setzte sich auf die Uferkante, erreichte mit der Fußspitze gerade noch den Rand des Bootes und zog es zu sich heran. Vorsichtig stellte sie beide Füße auf den Boden und stieß sich mit den Händen vom Ufer ab. Beinahe wäre sie über Bord gegangen, doch Dana schaffte es, ihr Gleichgewicht zu behalten und sich langsam auf das Sitzbrett niederzulassen. Sie legte die beiden Ruder in die Halterungen, ließ ihren Blick noch ein letztes Mal über die Insel schweifen und begann dann zu rudern. Dana wunderte sich über ihren eigenen Mut. Sie war zwar in der Lage, sich ohne dabei zu ertrinken im Wasser fortzubewegen, doch der Weg bis nach Haven war zu weit, um ihn auf diese Weise zurückzulegen. Wenn ihr unterwegs die Kraft ausging, wäre ihr Tod vermutlich nur noch eine Frage der Zeit. Doch auf Falcon’s Eye konnte sie ebenso wenig bleiben. Auch dort würde man sie verfolgen und vielleicht sogar töten. Dana schickte ein Stoßgebet zum Himmel und

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