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Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg

Titel: Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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Hände zu Fäusten. Nagende Schuldgefühle breiteten sich in ihm aus wie Gift. Seinetwegen hatte Lesward mit ihm sprechen wollen. Seinetwegen waren sie in dieses verdammte Arbeitszimmer gegangen. Und seinetwegen hatte diese dumme Schlampe die Gelegenheit bekommen, ihn direkt vor der Tür heimtückisch von hinten auf den Kopf zu schlagen. Es gehörte Einiges an Mut und Schnelligkeit dazu, als gewöhnlicher Mensch einem Sedhar zuvorzukommen. Sie musste es geplant haben. Dieses Dreckstück hatte diese Aktion von langer Hand geplant. Welchen Grund sollte sie gehabt haben, Lesward erschlagen zu wollen? Verletzte Eitelkeit? Was auch immer es war, Ray fühlte sich dafür verantwortlich. Sein Weg war mit Leichen gepflastert. Erst hatte er seinen Vater umgebracht, und jetzt hatte er Lesward ins offene Messer laufen lassen. Wenn Ray doch bloß früher den Raum verlassen hätte, wenn er Lesward auf dem Fuß gefolgt wäre… Er hätte die Tat verhindern können. Lesward wäre nicht verblutet. Das Mädel, das ihn getötet hatte, war seitdem wie vom Erdboden verschluckt. Phil hatte ausgesagt, dass sie auf die Toilette gehen wollte, jedoch nicht zurückgekehrt war. Wenige Minuten darauf hatte Lesward blutend vor seinem Arbeitszimmer gelegen. Das Puzzle passte perfekt.
    In einem Anfall heftiger Aggressionen, der das gelbe Leuchten in seine Augen zurückbrachte, erhob Ray sich vom Boden des Tempels und trat mit voller Wucht gegen den kleinen Altar am Ende des Raumes. Er stieß einen Schrei aus, all seine Wut und sein Zorn entluden sich in diesem Augenblick. Der kleine Altar kippte zur Seite, prallte mit einem lauten Scheppern auf den Fußboden auf und zerbarst in tausend Stücke.
    »Ich mach dich fertig, du Hure!«, schrie er. Tränen stiegen ihm in die Augen. Er dachte an Jil. »Und dich auch!« Niemals hatte er geglaubt, dass er nach dem Tod seines Vaters noch einmal dazu imstande gewesen wäre, solche Qualen zu durchleben. Er hatte immer geglaubt, seine Gefühle wegschließen zu können, nie wieder jemanden so nahe an sich heran zu lassen. Jil hatte ihn betrogen. Lesward hatte so Recht gehabt! Jil war nur gekommen, um das Sedhiassa zu stehlen, und das schien ihr auch gelungen zu sein. Und er hatte sich tatsächlich eingebildet, dass sie etwas für ihn empfand.
    Ray beugte sich noch einmal zu Leswards Leiche hinab und strich ihm eine blonde Strähne aus dem Gesicht. »Wir sehen uns in der Hölle«, murmelte er. Er war nicht gläubig, aber wenn es einen Teufel gab, dann waren die Sedharym und damit auch die Vartyden sicherlich sein Werk. Sie hatten es allesamt nicht anders verdient.
    Als Ray sich gerade zum Gehen abwandte, bebte die Erde unter seinen Füßen. Es konnte doch nicht sein, dass… Nein, die Sedharym konnten nicht bemerkt haben, dass der magische Schutzwall zerbrochen war. Das Sedhiassa war doch wieder da! Oder etwa nicht? Ray spürte den Schwall Adrenalin, der durch seine Adern schoss. Er rannte aus dem Tempel hinaus. Mittlerweile war es finstere Nacht, aber am nordwestlichen Horizont glimmte ein rötlicher Lichtschein über Haven. Es brannte.
    Plötzlich knackte und knirschte es hinter Ray. Als er herumfuhr, beobachtete er, wie sich immer länger werdende Risse in den makellos weißen Stein des Obelisken fraßen. Sie verbreiterten sich, bis die obere Spitze schließlich wankte und mit einem lauten Krachen abknickte. Ray duckte sich vor den herabfallenden Gesteinsbrocken. Eine gigantische Staubwolke hülle die gesamte Umgebung im Umkreis von mehreren Yards vollständig ein, Ray hustete. Er konnte nicht fassen, was er soeben gesehen hatte. Der Obelisk hatte aus dem Dach des Tempels geragt seit die Sedharym sich hier vor Jahrhunderten niedergelassen hatten. Selbst Lesward hatte nie gewusst, zu welchem Zweck sie ihn geschaffen hatten, zumindest hatte er nie darüber gesprochen. Die Zerstörung dieses Monuments war so ungeheuerlich, dass Ray vor Entrüstung die Luft wegblieb. Weshalb bebte die Erde? Was mochte sich wenige Yards unterhalb seiner Fußsohlen gerade abspielen? So schnell wie ihn seine Beine trugen, hetzte Ray zur Tür nach Varyen. Seine Kameraden brauchten ihn jetzt. Er durfte sich nicht noch eines Todes schuldig machen, das würde er nicht verkraften. Hoffentlich war noch niemand zu Schaden gekommen! Verdammt, weshalb nur beging er einen Fehler nach dem anderen?
    Ray stieß die Tür mit roher Gewalt auf, eines der Zahnräder platzte ab und fiel scheppernd auf den Steinboden. Er rannte durch den schmalen Flur,

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