Lichtfaenger 2 - Bruderkrieg
Waffe noch immer in der Hand. Verwirrt sah Ray auf ihn herab.
»Ha!«, lachte Cole. Er kam zu Ray herüber und half ihm, wieder auf die Beine zu kommen. »Keine Munition mehr! Das nenne ich eine Fügung des Schicksals.« Cole spuckte dem toten Sedhar ins Gesicht. »Und jetzt komm. Es gibt noch mehr Arschlöcher, die den Tod verdienen.«
Immer noch verwundert über sein unverschämtes Glück rannte Ray seinem Kameraden hinterher. »Weshalb hat die Erde gebebt?«, fragte Ray, als er mit Cole die Gänge entlang hetzte. Er war außer Atem. Seine letzte Energieaufnahme war lange her.
Cole drehte sich im vollen Lauf kurz über die Schulter hinweg zu ihm um und warf ihm einen fragenden Blick zu. Dann wandte er sich wieder nach vorn. »Ach, du redest von den Explosionen? Dean hat noch alte Dynamitstangen im Munitionslager gefunden. Solche, mit denen wir damals das Gängesystem erweitert haben. Wir haben zwei von drei Zugängen nach Sedhia in die Luft gesprengt, um den Strom der Angreifer möglichst klein zu halten. Jetzt ist nur noch ein Gang offen. Es ist einfacher, sie auf diese Weise in Schach zu halten.«
Ray rang nach Worten. » Ihr seid das gewesen? Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?«, stieß er hervor. Die Empörung stieg in ihm auf wie eine heiße Blase und platzte schließlich. »Ist euch bewusst, dass hier unten Gasleitungen entlang laufen? Ihr hättet ganz Falcon’s Eye pulverisieren können! Außerdem ist der Obelisk zerstört.«
»Dieses alte Ding ist jetzt wahrlich unser kleinstes Problem«, sagte Cole. »Außerdem mussten wir dieses Risiko eingehen. Wir…«
Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden, denn sie erreichten in diesem Moment den Schauplatz des Kampfes. Ein Knall peitschte durch die Luft. Einzig Coles übermenschlich schnellen Reaktionen war es zu verdanken, dass er sich rechtzeitig vor dem Geschoss ducken konnte. Ray versuchte, die Szene mit einem Blick zu erfassen. Das Licht war gedämpft, nur eine einzige Glühlampe brannte noch. Die Sedharym hatten die Krieger des Ordens bereits weit nach Varyen hinein getrieben. Phil, Remy, Nola und Colin kämpften Rücken an Rücken mit mehreren Sedharym, sie alle schlugen mit Knüppeln, Steinen, Messern und wessen sie sonst noch habhaft werden konnten um sich. An Phils Schläfe klaffte eine blutende Wunde, die anderen schienen nicht ernsthaft verletzt zu sein. Ihre Pistolen lagen achtlos neben ihnen am Boden. Rays Blick irrte fragend zur Seite und traf den von Liam, der an der Wand lehnte und die B320, die gewaltigste aller Waffen, zitternd in den Händen hielt.
»Sie haben keine Munition mehr«, sagte er mit vor Angst verzerrter Stimme. »Wir haben keine Möglichkeit, ins Waffenlager zu gelangen. Durch die Explosion ist der Zugang versperrt.«
Ray nickte ihm kurz zu. »Und was ist mit diesem Schätzchen da?« Mit einer Kinnbewegung deutete er auf die B320.
»Ich kann es nicht wagen, sie abzufeuern. Damit töte ich vermutlich ebenso viele Kämpfer aus unseren eigenen Reihen.« Liam blickte ängstlich zu allen Seiten. »Momentan benutze ich sie nur, um mir Respekt zu verschaffen und die Sedharym fern zu halten.«
Ray schnaubte verächtlich. »Was soll eigentlich die ganze Scheiße? Die Sedharym . Wir sind alle Sedharym!«
»Aber irgendwie muss ich die Parasiten doch bezeichnen.« Liams Stimme kippte vor Verzweiflung.
»Dann nenn sie Parasiten!« Ray machte einen Schritt auf Liam zu und riss ihm die B320 aus den Händen.
»Was hast du damit vor?« In Liams Gesicht machte sich ein Ausdruck der Empörung breit, aber er unternahm keinen Versuch, die Waffe zurückzuerlangen.
»Was soll ich damit schon vorhaben? Ich schieß dir deinen feigen Kopf von den Schultern.« Einen Moment lang riss Liam verstört die Augen auf, dann begriff er den Sarkasmus.
Ray bahnte sich wutschnaubend einen Weg durch die kämpfende Menge und stieg dabei über mehrere Leichen hinweg. Er vermied es, den Blick auf den Boden zu richten. Er wollte überhaupt nicht wissen, wer von seinen Kameraden bereits sein Leben gelassen hatte. Eigentlich verspürte er in diesem Moment den dringenden Wunsch, den Lauf der Waffe gegen seinen eigenen Kopf zu richten. Er verwarf den Gedanken. Stattdessen entschied er sich dafür, seine Selbstmordmission auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen und zuvor noch einigen Parasiten den Garaus zu machen. Er hatte ungewöhnlich wenig Mühe, durch die wildgewordene Meute zu gelangen, denn sie alle sprangen auf die Seite, sobald sie Ray mit
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