Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
gesehen, aber seinen Vater, und ich kenne seine Schwester. Die Ähnlichkeit ist überzeugend, auch ohne das, was ich von Tam weiß – selbst wenn es eher konfus war. Bei dem kleinen Geschichtenerzähler handelt es sich um den Bruder des Prinzen, Orlanjis.«
Zu Fejelis sagte sie: »Ich möchte Sie jetzt noch nicht bitten, mich die Wahrheit dessen bestätigen zu lassen, was Sie uns berichten«, durch Berührung, meinte sie, »erst wenn es Tam wieder so weit gut geht, dass er Ihnen zur Seite stehen kann. Ich weiß, es wäre ihm so lieber. Offensichtlich liegen Sie ihm am Herzen.« Sie richtete sich auf und atmete tief ein. »Aber würden Sie mir trotzdem sagen, wie es dazu kommen konnte, dass Sie hier sind?«
Das tat er. Fejelis begann damit, wie er mit der Nachricht vom Tode seines Vaters geweckt worden war, erklärte seine Beziehung zu Tam, Florias mutmaßliche Verhexung und die Probleme der Nachtgeborenen. Jovance war die einzige, die Fragen stellte, denn die anderen schienen doch zu eingeschüchtert, obwohl der kupferhäutige Mann – vielleicht ein Halbbruder – ihr Blicke zuwarf, die sie anscheinend ohne weiteres deuten konnte. Halbbruder, hoffte ein ungestümer Teil von ihm, denn je länger sie miteinander sprachen, desto bemerkenswerter schien sie ihm. Als er von Lukfers Tod berichten wollte, tat er es schleppend, suchte nach Worten, die vor ihrem inneren Auge nicht jene Bilder wachrufen würden, die ihm allzu bereitwillig einfielen. Doch selbst seine gewählten Worte waren grausam auszusprechen und anzuhören. Sie und Jade weinten stumm, Jovance mit ihrem Arm um die Schulter des jungen Mannes. Sie bedeutete Fejelis wortlos fortzufahren. Sein Bericht endete mit dem Verrat des Tempels, seinem Sturz und Tams verzweifeltem Bemühen, sie alle zu retten. Als er fertig war, saß er da und hatte alle seine Worte und Gefühle hergegeben.
Es folgte langes, langes Schweigen. »Hat einen Bann von fünf Hohen Meistern gebrochen, ja?«, knurrte sie. »Da haben sie ihn offensichtlich gehörig unterschätzt.« Eine Pause. »Und der Tempel hat es nun doch auf das Prinzentum abgesehen. Überrascht mich nicht, nachdem ich Ihrer Schwester begegnet bin. Sollte mich nicht wundern, wenn es von Anfang an ihre Idee war.«
Sie wischte sich übers Gesicht, betrachtete ihre tränennassen Finger mit bitterer Miene. »Dann bin ich jetzt an der Reihe. Ich bin die Stärkste unter Lukfers Enkelkindern – von allen seinen Nachfahren. Jade«, sie warf einen Blick auf den anderen Mann, »hat gar keine Magie geerbt. Und ich habe mich in einen Erdgeborenen verliebt und wollte nur seine Kinder in mir tragen. Der Tempel konnte nicht ertragen, dass ich nicht bereit war, wie eine Zuchtstute für seinen Stammbaum zu gebären. Mein Geliebter … mein Gemahl «, korrigierte sie sich, »war Kaufmann. Wie ein Kranich war er unablässig im ganzen Land unterwegs, sogar im Ausland. Er war groß und blond und schlaksig, keine Schönheit nach konventionellem Maßstab, doch mit kühnem Geist beseelt wie kaum ein anderer.« Ihr Lächeln schwebte über den großen, blonden, schlaksigen Fejelis hinweg. »Wir wollten hier draußen auf dem Lande leben, für den Tempel unerreichbar. Das hatten auch andere schon getan, nicht viele, aber einige. Dann ging er eines Tages über die Grenze und kam nie mehr zurück.« Schweigen legte sich über sie, unterbrochen nur vom Knistern und Knacken der Scheite im Feuer.
»Ich bin überzeugt, dass der Tempel seine Finger im Spiel hatte«, sagte Jovance und sah ihn herausfordernd an. »Damals war mir mein Leben egal, ich wollte es denen nur heimzahlen. Bevor ich einen fatalen Fehler machen konnte, brachte Lukfer mich hierher. An den einzigen Ort, an dem sie nicht suchen würden.« Langsam richtete sie ihren Blick wieder auf ihn. Und kehrte in ihr sicheres, kleines Häuschen und ihre momentane Lage zurück. »Ich glaube, Sie dürften hier sicher sein, zumindest eine Weile. Wenn nicht – nun, dann sind die Probleme eben nur aufgeschoben, oder? Deren Probleme.«
Dieser Sinn für Humor wäre auch unter Prinzen nicht fehl am Platze, dachte Fejelis. »Sie sagten, Sie seien nicht überrascht, dass der Tempel den Pakt bricht.«
Mit verschränkten Armen beugte sie sich vor. »Mir war schon immer klar, dass die Versuchung groß war, wenn ich auch nicht gedacht hätte, dass es je so weit kommen würde. Aber jetzt … Wissen Sie, wie viele von den Tempelmagiern umgekommen sind?« Ein sonderbarer Ausdruck strich über ihr Gesicht, als
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