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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Floria zu verhaften – daran bestand absolut kein Zweifel.
    Als Tempe ihren Fuß gerade auf die erste Treppenstufe setzte, verriegelte Floria die Tür zu ihrem salle . Das würde ihr zwar nicht allzu viel Zeit verschaffen, doch es sollte genügen. Sie ließ zwei der Lampen in einer Netztasche verschwinden, über die ein halblichtdurchlässiger Sack gestülpt war. Während sie noch kurz überlegte, eine dritte Lampe einzupacken, klopfte es an der Tür. Da sie das zusätzliche Gewicht jedoch nur behindern würde, verschloss sie die Tasche und schleuderte sie in Bals Arbeitszimmer.
    »Floria?«, sagte Tempe auf der anderen Seite der Tür. »Warum laufen Sie vor uns weg?«
    Alles, was sie sagte, würde sofort von Tempes Schutzzauber in die Waagschale gelegt und beurteilt werden. Floria hängte zwei der noch verbliebenen vier Lampen ab und verstaute sie in einem Schrank. »Haben Sie einen Haftbefehl?«
    »Rechnen Sie denn damit? Haben Sie Anlass zur Befürchtung?«
    Hatte sie? Abgesehen von einem toten Prinzen, einem unerklärlichen Traum und einem verschwundenen Kästchen?
    »Floria, im Palast geht das Gerücht um, Sie seien letzte Nacht in den Gemächern des Prinzen gewesen.«
    »Sie kommen, um mich aufgrund von Gerüchten zu verhaften?«
    Die Mechanik des Schlosses gab ein leises Klicken von sich, und im nächsten Moment wurde die Tür einen Spalt weit geöffnet. Finger tasteten sich hindurch, deren Knöchel vor Anstrengung weiß schimmerten. Der Spalt weitete sich, gab den Blick frei auf Tempe, die Leutnants links und rechts, den Hauptmann dahinter.
    »Prinz Fejelis hat Ihre Verhaftung angeordnet.« Tempe hielt ihr eine schmale, gelbliche Schriftrolle hin. »Lesen Sie selbst, wenn Sie wollen.«
    Florias Blick wanderte zu dem Schriftstück, und dabei sah sie im Hintergrund etwas Metallisches aufblitzen – Hauptmann Beaudry hatte seinen Revolver gezückt.
    Mit einem Sprung hechtete sie durch die Öffnung in Balthasars Arbeitszimmer, schnappte sich die Tasche und nutzte ihren Schwung, um durch die Tür, über den Flur und an dessen Ende in den Vorhang einer verborgenen Nische zu stürzen. Im Inneren taumelte sie gegen den Stoff, der im Halbdunkel schwarz war wie der Tod. Sie geriet in Panik. Den Sack mit den Lampen fest umklammert, rollte sie aus dem Alkoven.
    »Beaudry, was machen Sie?«
    Direkt über Floria schlug eine Kugel in den Vorhang.
    »Das ist kein Exekutionsbefehl! Floria! «
    Sie robbte aus dem vom Arbeitszimmer aus einsehbaren Bereich, hielt die Tasche gegen ihre Rippen gepresst und keuchte, die Schatten nahmen ihr die Luft zum Atmen. An der Treppe angekommen, schwang sie ihre Füße auf die Stufen und zog sich mit einer Hand, die an den glatten Streben des Geländers kaum Halt fand, auf die Beine.
    Floria hörte lautes Getrampel auf der Treppe nebenan – offenbar sah die Palastwache keine Notwendigkeit mehr, sich ruhig zu verhalten. Hinter sich vernahm sie Schritte aus dem Arbeitszimmer. Sie hatten sich also aufgeteilt, wollten ihr den Weg abschneiden. Floria stürzte mehr, als dass sie rannte, die Treppe hinunter. Unten angekommen musste sie sich im Bruchteil einer Sekunde zwischen dem Vordereingang und der Seitentür zu dem winzigen Garten entscheiden – oben stolperte jemand über den dunklen Flur und fing an, nach Licht zu schreien. Fast stieß sie an die Grenzen ihrer Widerstandskraft gegen Schatten und Schmerz, auch wenn sie durch das Training der Leibgarde und durch die eigene Erprobung ihrer Fähigkeiten abgehärtet war. Aber immerhin wusste sie aufgrund dieser Selbstversuche, dass ihr keine Zeit mehr blieb. Sie packte die Klinke der Vordertür, riss diese auf und ließ das strahlende Licht der Sonne ins Haus.
    Floria torkelte die Steintreppe hinunter auf eine menschenleere Straße. Am Bürgersteig stand eines dieser Vehikel der Nachtgeborenen, welches deren manischer Begeisterung für alles Mechanische zu verdanken war – Baron Strumhellers pferdelose Kutsche, die er vor einigen Tagen auf seiner Flucht zurückgelassen hatte. Sie lief daran vorbei, schlug einen Haken und rannte quer über die Straße in eine schattige Gasse, welche die Nachtgeborenen nur zu gern, die Lichtgeborenen jedoch höchst selten passierten. Sie betete, dass es zu keinen baulichen Veränderungen gekommen war, seit sie dieses Viertel das letzte Mal erkundet hatte. Die nächste Straße gehörte ebenfalls zum Distrikt der Nachtgeborenen. Es waren nur einige wenige Passanten unterwegs. Floria stürmte auf die andere Seite,

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