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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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ausgepackt; es wartete – warm von der Erinnerung an seine Aschenglut – still und leise in ihrem Geist und in ihrer Magie.
    Ebenso jedoch auch die böse Hinterlassenschaft des schattengeborenen Magiers, gegen den sie an Vladimers Krankenbett gekämpft hatte. Nicht einmal Ishmael kannte alle Einzelheiten dieser Begegnung. Nicht einmal er wusste, dass der Schattengeborene – in dem Moment, als Ishmael ihn tötete – damit begonnen hatte, ihr seine Magie aufzuzwängen. Teile dieser Magie spürte sie also ebenfalls in sich, wie eine verkommene Saat.
    Doch gewiss konnte selbst dessen Magie genutzt werden. Im Gegensatz zu Ishmael war der Schattengeborene ein wenigstens ebenso starker Magier gewesen wie sie selbst. Er war in der Lage gewesen, Fallen zu stellen – wie diese Feuerfallen in dem Lagerhaus – und hatte nicht anwesend sein müssen, um sie auszulösen. Ihr gefiel die Vorstellung – ja, tatsächlich – , Schattengeborene in Fallen ihrer eigenen Machart zu fangen.
    Telmaine kehrte wieder zum unbequemsten Stuhl der Bibliothek zurück, aus Holz und mit einer kerzengeraden Rückenlehne, die vollauf die Zustimmung ihrer Anstandsdame gefunden hätte. Nachdem sie Platz genommen hatte, legte sie ihren Kopf in den Nacken, dämpfte ihr Sonar und streifte mit ihrem Bewusstsein den schlafenden Erzherzog und den ruhelosen Vladimer. Sie wanderte weiter, schickte ihre Magiersinne durch den Palast und fand alles so vor, wie sie gehofft hatte. Dehnte sie ihr Bewusstsein noch ein wenig weiter aus, strengte sie sich nur etwas mehr an, konnte sie ihre Töchter berühren. Und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass es ihnen gut ging, richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ishmaels Geschenk.
    Er hatte ihr in der Tat ein Gefühl dafür gegeben, wie er selbst einst gelernt hatte, seine Lebensenergie auszubreiten und einzusetzen, um Einblicke zu erlangen und Wirkungen zu erzielen, die weit über alles Dingliche hinausgingen. Eine verstörend männliche Lebensenergie, und allein daran zu denken, hatte etwas vergnüglich Unanständiges an sich. Wäre sie Ishmael im Alter von siebzehn Jahren begegnet, hätte sie – wie sie ihm auch bereits offen ins Gesicht gesagt hatte – die Flucht ergriffen. Als unschuldige Jungfer, die sie damals gewesen war, wäre sie zwar nicht in der Lage gewesen, diese befremdlichen Empfindungen in Worte zu fassen, die sie dermaßen irritierten, doch deren Anstößigkeit hätte sie sehr wohl wahrgenommen. Als verheiratete Frau hingegen, noch dazu mit einem aufmerksamen und – mitunter – peinlich neugierigen Ehemann, hatte sie keinerlei Wortfindungsschwierigkeiten. Das änderte für sie jedoch nichts an deren Anstößigkeit.
    Womit Telmaine allerdings nicht gerechnet hatte, waren die Erinnerungen. Ishmaels sonderbare Träume, die sie am Tag nach seiner Verhaftung miterleben musste, hatte sie schon fast vergessen. Da sie nicht wusste, ob das Teilen seiner Erinnerungen beabsichtigt oder ein Versehen gewesen war, stahl sie sich äußerst taktvoll zwischen ihnen hindurch: Der wie aus Stein gemeißelte alte Mann musste sein Vater sein, auch wenn Ishmael in vierzig Jahren gewiss eine warmherzigere Ausstrahlung haben dürfte. Die wunderschöne Frau musste seine Mutter sein. Ein jüngerer Bruder und eine viel jüngere Schwester – die beiden kamen ganz nach der Mutter. Die Schwester – an ihr hatte Ishmael erstmals unwissentlich Magie gewirkt, als er nahezu seine gesamte Lebensenergie in das flimmernde Herz des Frühchens hatte fließen lassen. Wenn das die Geburtsstunde seiner Magie gewesen war, konnte es wohl kaum verwundern, dass er unbedingt an ihr festhalten wollte. Sie fand zudem Erinnerungen an andere Heilungen, viele davon verzweifelt, einige weniger. Hin und wieder ein magischer Schabernack. Die Magierin, die ihn als Schüler aufgenommen hatte. Phoebe Broome, magiegeborene Tochter des derzeit einzigen nachtgeborenen Magiers siebten Ranges. Sie würde doch wohl nicht … sie hatte doch nicht wirklich … Magier besaßen einfach keine Moral.
    Eine Weile saß sie einfach nur da und hielt sich die Hände vor ihr glühendes Gesicht. Grundgütige Imogene, nun hatte sie noch mehr Gründe, inständigst darauf zu hoffen, Magistra Broome niemals zu begegnen.
    Sie nahm sich zusammen, besann sich einmal mehr auf ihre Verantwortung, und nach der Überprüfung des Palastes machte sie sich wieder daran, Ishmaels Magie zu erkunden. Während sie gemeinsam Florilindes Rettung ausgearbeitet hatten – sie

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