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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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ich die alte außer Acht gelassen habe.« Er hob den Kopf. »Mycene würde den Platz des Erzherzogs sofort wieder einnehmen, wenn er könnte. Und Kalamay würde ein zweiter Odon werden. Ich muss unbedingt wissen, was sie mit den Truppen vorhaben, die sie nun im Zuge der Anordnung aufstellen können.«
    Das war durchaus verständlich, dachte sie, doch was hatte das mit ihr zu tun?
    »Sie haben um eine Audienz bei meinem Bruder gebeten. Ich sorge dafür, dass sie gemeinsam warten müssen. Zwar werden sie hier wahrscheinlich nicht laut über ihre Pläne sprechen, aber daran denken werden sie mit Sicherheit.«
    Jetzt hatte sie verstanden. »Nein, Fürst Vladimer«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Nein, das werde ich nicht .«
    »Werde ich nicht«, wiederholte er. »Nicht kann ich nicht.«
    »Ich habe zugestimmt, Sie vor Schattengeborenen zu beschützen. Ich habe nicht zugestimmt, für Sie zu spionieren! Von Ishmael würden Sie das nie verlangen!«
    »Ishmaels Kräfte waren dafür auch zu schwach«, sagte Vladimer nüchtern. »Und die Herzöge hätten ihn niemals nahe genug an sich herangelassen, als dass er sie hätte berühren können. Doch Sie besitzen die Macht dazu. Wie Sie nur allzu gut wissen, haben unsere Feinde hier in Minhorne überall ihre Agenten und wer weiß, was sonst noch für Verbündete.«
    »Weder an Herzog Mycene noch an Herzog Kalamay habe ich einen schattengeborenen Makel wahrgenommen«, erwiderte sie. »Das habe ich Ihnen bereits gesagt. Und weiter … « Ihre Stimme zitterte. »Weiter werde ich nicht gehen.«
    Er stützte sich auf die Armlehne und ließ wieder diesen forschenden Peilruf über sie hinwegstreichen. »Also gut«, sagte er matt. »Aber ich muss Sie dennoch um eine Bestätigung bitten, dass den beiden nichts Schattengeborenes anhaftet, bevor sie mit meinem Bruder sprechen.«
    Misstrauisch zögerte Telmaine. Sie hatte mit einer längeren, heftigeren Auseinandersetzung gerechnet. Fühlte er sich dermaßen krank, dass er ihre Weigerung deshalb einfach so hinnahm?
    Sein Lächeln war dünn, mit einer Spur Bosheit. »Kingsley wird Ihnen zeigen, wo Sie warten sollen.«
    Sie kannte den Raum, hatte vor einer Audienz bei dem Erzherzog selbst schon mit ihrer Familie hier warten müssen, zuletzt, um den Tod ihres Vaters und ihre Eheschließung zu besprechen. Verstört hielt sie die Luft an, als Kingsley an der einen Wand den Haken eines mit Laubsägearbeiten verzierten Paneels löste, beiseiteschob und sich ihrem Sonar der dahinter verborgene Alkoven offenbarte. Mit einladender Geste bedeutete er ihr einzutreten. Sorgfältig raffte sie die raschelnde Wolke ihrer Röcke, die nach dieser Unternehmung vermutlich gebügelt werden mussten. Als Kingsley die Schiebetür wieder mit dem Haken verriegelte, merkte sie sich dessen Position.
    Der Alkoven konnte zu beiden Seiten geöffnet werden, und an den kurzen Seiten standen Bänke, gerade breit genug, damit ein schlanker Mann oder eine Frau darauf sitzen konnte. Sie ließ sich auf der Bank nieder, die ihr am nächsten war. Doch erst als die Herzöge den Warteraum betraten, begriff sie, dass es für sie unmöglich werden würde, den Alkoven unbemerkt wieder zu verlassen, zumindest in diesem Kleid. Sie hörte jedes noch so leise Rascheln und Knistern der Kleidung der Männer, also würden sie das ihre ebenfalls hören können. Und jetzt verstand sie auch Vladimers Lächeln. Die beiden waren gänzlich frei von schattengeborener Magie, doch Telmaines eigene Fehleinschätzung und Vladimers List verdammten sie nunmehr dazu, jedes einzelne Wort der Herzöge mitanzuhören.
    »Kalamay«, sagte Sachevar Mycene, und der andere: »Mycene.«
    Als der Herzog von Mycene Platz nahm, hörte sie das Knarren von Leder und das Knacken von Kniegelenken. Selbst seine offizielle Amtstracht orientierte sich stilistisch am Thema Reitersmann oder einer ähnlich kraftvollen Betätigung. Nach allem, was sie wusste, war Mycene ein sehr ehrgeiziger Mann, und dennoch konnte sie ihn nicht für einen Verräter halten. Vladimers Neid – und ein Mann, den man mit neunzehn zum Krüppel gemacht hatte, war doch gewiss neidisch auf einen Mann, der noch mit sechzig vor Kraft nur so strotzte – musste sein Urteilsvermögen wohl getrübt haben.
    Hoffentlich würde der Erzherzog die beiden recht bald zu sich zitieren.
    Ein Lakai erschien, um den Gästen zu versichern, dass der Erzherzog sie schon bald empfangen würde. Sie nahmen den angebotenen Tee zwar an, doch das leise Klappern der Tassen

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