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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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vernahm Telmaine vielleicht zweimal, was also gerade noch als Höflichkeitsgeste durchgehen konnte. Kalamay hustete trocken. Sein Duftwasser stieg ihr in die Nase, ein schwacher Hauch von Zitrone und Lavendel, den sie eher mit Witwen als mit Herzögen in Verbindung gebracht hätte. Soeben hatte sie für sich entschieden, dass die beiden ihre Wartezeit stillschweigend verbringen würden, als Kalamays heisere Stimme sagte: »Haben Sie schon Nachricht von Ferdenzil?«
    »Er hat vom Bahnhof in Strumheller ein Telegramm geschickt«, sagte Mycene. »Ihm wurde berichtet, dass der Zug zwar angekommen, di Studier unterwegs jedoch abgesprungen sei und sich wahrscheinlich querfeldein auf den Weg nach Stranhorne gemacht habe. Ferdenzil hat einen Plan aufgestellt, und den wird er nun auch durchführen.«
    »Ferdenzil sollte jetzt besser hier sein, statt Agent zu spielen.«
    »Oh, er spielt keineswegs«, sagte Mycene entschieden. »Verlassen Sie sich darauf, dass mein Sohn stets jede sich ihm bietende Gelegenheit zu nutzen weiß.« Es bestand kein Zweifel daran, was er damit andeutete. Telmaines Hände krallten sich in ihre spitzenbesetzten Ärmel.
    »Bereits seit Jahrzehnten stellt di Studier eine Beleidigung für den Einzigen Gott und die Gesellschaft dar.« Telmaine biss die Zähne zusammen, doch sie unterdrückte damit weniger den Impuls, ihn anzufahren, als den, ihn anzuknurren. Nach einer kurzen Pause fuhr Kalamay bedächtig fort. »Es war ein grober Fehler, vor neun Jahren den Erbfolgeerlass zu unterzeichnen; schon damals hatte ich Sejanus davon abgeraten.«
    »Mittlerweile weiß er das vermutlich auch«, bemerkte Mycene.
    Es folgte ein kurzes Schweigen, wie zu Beginn eines Theaterstücks, wenn die Schauspieler herausfinden wollten, wie es um die Stimmung im Saal bestellt war.
    »Nichtsdestoweniger ist di Studier gefährlich«, sagte Kalamay. »Fünfundzwanzig Jahre Schattenjäger.«
    »Fünfundzwanzig Jahre Abschaumjäger«, kommentierte Mycene abfällig.
    »Glauben Sie, dass er die Frau getötet hat?«
    »Nein«, antwortete Mycene ohne zu zögern. »Ich würde Haus und Hof darauf verwetten, dass es der Vater ihres Bastards war.« Der andere Mann änderte seine Sitzhaltung, so dass die asketische Amtstracht raschelte. Mycene sprach weiter. »Meine Ärzte haben den Leichnam untersucht. Sie hat tatsächlich ein Kind geboren. Doch ungeachtet dessen, wer für ihren Tod an den Pfahl gekettet wird: Ich werde mit dem Kerl abrechnen, der für die Schmach verantwortlich ist, die er meinem Sohn und meinem Namen zugefügt hat.«
    »Und was ist mit dieser Theorie von Vladimer?«
    »Ich halte eine banalere Erklärung für wesentlich wahrscheinlicher, meinen Sie nicht?«
    »Wie ich annehme, ist es Ihnen noch nicht gelungen, an ihre Bediensteten heranzukommen.«
    »Noch nicht. Aber ich habe da eventuell etwas Besseres. Zwar konnte sich di Studier seiner Verhaftung bisher entziehen, doch dafür hat Ferdenzil seinen Reisegefährten aufgegriffen. Balthasar Hearne, dieser Arzt, der bei Tercelles Niederkunft anwesend war. Mir wurde erzählt, es komme recht häufig vor, dass eine Frau bei der Geburt den Namen des Kindsvaters herausschreit. Ich habe bereits ein Telegramm nach Stranhorne vorausgeschickt, in dem ich Ferdenzil anbiete, den Mann zu mir zu schicken, falls er es nicht über sich bringen sollte, ihn selbst zu befragen.«
    Telmaine verknotete ihre Hände ineinander, zitterte am ganzen Leib. Sollte irgendwer Balthasar erneut dazu zwingen wollen, einen Namen preiszugeben … Gewiss, ihre Magie hatte ihn körperlich geheilt, doch seine Hilflosigkeit damals, die Schmerzen und die Todesängste hatten in ihm offene Wunden hinterlassen.
    »Ach, ja, der Ehemann von Telmaine Stott. Können Sie ihn mit den Interessen ihrer Familie unter Druck setzen?«
    »Die Familie hat nicht allzu viel für ihn übrig«, sagte Mycene. »Es war eine Missheirat. Anaxamander Stott lag schon im Sterben, als er seine Zustimmung gab.«
    »Ferdenzil hatte in dieser Sache ganz eigene Interessen, nicht wahr?«, ließ Kalamay verlauten, nicht ohne einen Hauch Boshaftigkeit. »Aber sie hat ohnehin nur Töchter geworfen und davon auch bloß zwei, also gibt es wohl nichts, dem es sich hinterherzutrauern lohnte.«
    Telmaines Gesicht glühte. Matronen und Witwen sprachen über Gebärfreudigkeit und Fortpflanzungserfolge in solch offenen Worten, doch diesen beiden Männern zuzuhören …
    »Werden Sie zunächst das Trauerjahr abwarten?«, fuhr Kalamay fort. »Ihr Sohn ist

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