Lichthaus Kaltgestellt
stundenlang in seinem Auto gesessen und die Lorenz-Kellner-Straße beobachtet hat. Sie hat die Nummer notiert. Und die gehört einer Frau. Aber die ist nur Halterin und nicht Fahrerin des Wagens, wir haben sie inzwischen befragt. Den Wagen fährt ihr Sohn: Christoph Bleier.«
»Was habt ihr veranlasst?« Lichthaus war angespannt.
»Marx und Steinrausch nehmen ihn gerade fest und bringen ihn her. Frau Otten hat sofort eine Hausdurchsuchung angeordnet.«
»Gut, ich bin gleich da.«
Er ging wieder hinein zu Sophie Erdmann. Sie stand noch immer mit Güttler zusammen und unterhielt sich mit ihm über Paragliding, offensichtlich eines ihrer Hobbys. Schade, dass er sie da herausreißen musste. Lichthaus informierte sie und verabschiedete sich von Claudia, dann brachen sie auf ins Präsidium.
»Das ging aber schnell«, kommentierte Sophie Erdmann die neuesten Ereignisse, als er einstieg.
»Hoffentlich war es dieser Bleier«, grummelte er nachdenklich vor sich hin.
»Haben Sie Zweifel?«
»Nur so ein Gefühl. Sie haben die Leiche nicht gesehen. Eva wurde drei Tage gefoltert. Wir sollten ihm ordentlich Druck machen. Dann werden wir ja sehen, ob er eine bestialische Ader in sich trägt.«
*
Sie kamen gleichzeitig mit Marx, Steinrausch und Christoph Bleier an. Lichthaus ließ ihn in ein Vernehmungszimmer bringen und traf die Kollegen im Nebenraum. Dort war es eng und nach einem langen, heißen Tag unangenehm stickig. Der Geruch von verschwitzten Körpern vermischte sich mit Marx’ Alkoholfahne.
Doch Lichthaus schluckte seinen Ärger hinunter. Jetzt war nicht der richtige Moment dafür.
Durch die verspiegelte Scheibe konnten sie Bleier beobachten. Er hatte dunkles Haar und braune Augen. Rein äußerlich war er ein gut aussehender, groß gewachsener Junge, der jetzt in Sommerhose und Polohemd völlig verunsichert dreinschaute.
»Gute Arbeit. Aber wieso haben die Kollegen das mit dem Auto nicht früher rausgefunden?«
Marx grinste. »Bleiers Mutter ist in zweiter Ehe verheiratet und trägt einen anderen Namen. Dem Widerspruch zwischen der Angabe, es habe ein Mann im Auto gesessen, und dem Ermittlungsergebnis, dass das Auto auf eine Frau zugelassen ist, ist keiner nachgegangen. War ja bislang auch kein Mordfall.«
»Bloß nicht zu viel Arbeit machen!« Lichthaus verdrehte die Augen.
»Ich war heute in der Rechtsmedizin und habe mit Güttler gesprochen. Der Täter ist ein Perverser. Wenn Bleier es war, bekommen wir das raus! Eva Schneider war drei Tage gefangen. Wir müssen also herauskriegen, wo er sie versteckt haben könnte. Sie beide«, Lichthaus deutete auf Marx und Steinrausch, »setzen ihn da drin unter Druck, und Frau Erdmann und Scherer durchsuchen seine Bude und das Auto. Vielleicht hat er auch einen Mietwagen benutzt. Prüft alle Autovermieter.«
Als die Kollegen den Raum verlassen hatten, konzentrierte sich Lichthaus auf die Vernehmung im Nachbarraum, die er durch die Trennscheibe miterleben konnte. Marx saß Bleier gegenüber, während sich Steinrausch schräg hinter den Befragten gestellt hatte. Marx nahm die Personalien auf und fing an.
»Herr Bleier, ich denke, Sie wissen, warum Sie hier sind?«
Bleier blinzelte und rutschte auf dem Stuhl herum. »Nein, was soll das Ganze?«
»Wir haben Ihre ehemalige Freundin heute Morgen gefunden. Der Täter hat Eva tot im Wald verscharrt.«
Wie gebraucht und weggeworfen, schoss es Lichthaus durch den Kopf. Obwohl er Marx verachtete, musste er ihm doch zugestehen, dass er ein ungewöhnliches Geschick für den richtigen Ton in Befragungen hatte. Bleier war sichtlich erregt, Tränen standen ihm in den Augen.
»Aber was habe ich denn damit zu tun?« Seine Stimme klang ungläubig.
»Fällt Ihnen da nichts ein? Nein?« Marx’ Stimme war grob und verletzend. Der Junge wischte sich mit zitternden Händen über den Mund.
»Nein.«
»Gut. Versuchen wir es anders. Wo waren Sie am vergangenen Sonntag um drei Uhr morgens?«
»Das habe ich doch bereits gesagt. In Saarbrücken auf einem Seminar.«
»Sicher?«
»Ja, natürlich. Was denn sonst?« Bleiers Stimme schwankte ein wenig. Die Kollegen wechselten einen Blick, und Marx kramte in den Papieren, um einen einzelnen Bogen herauszuziehen. Er ließ sich Zeit und sprach dann tonlos weiter.
»Nun, ich habe hier eine Aussage, nach der ein PKW, der auf Ihre Mutter zugelassen ist, in besagter Nacht um genau zwei Uhr fünfundzwanzig in der Lorenz-Kellner-Straße geparkt war. Ihre Mutter aber sagt aus, dass Sie den Wagen
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