Lichthaus Kaltgestellt
es so heiß wie in der Sauna. Was ist los mit euch?«, er musterte sie abschätzend.
»Wir sind von der Polizei und haben ein paar Fragen an Sie und Ihre Kameraden. Wir …«
»Da müsst ihr warten, bis wir fertig sind. Drinnen stehen Bänke.« Er packte seine Sachen und schlurfte an den verblüfften Polizisten vorbei in die Reithalle. Lichthaus musterte Steinrausch und zuckte die Schultern.
»Das war wohl Halvar von Flake«, raunte er Steinrausch grinsend zu, der ihn nur verständnislos anschaute, und folgte dem Hünen.
In der Halle war es warm, und die Luft flirrte von feinen Staubpartikeln, die die Kämpfenden aufgewirbelt hatten. Etwa zwanzig Mann übten verteilt in der ganzen Halle. Es dröhnte nur so von Waffenlärm. An der Seite saßen ein paar Frauen und schauten zu. Lichthaus mit Steinrausch im Schlepptau ging hinüber und setzte sich auf eine Bank, wobei er den Frauen, die sie neugierig musterten, flüchtig zunickte. Die Kämpfer, je Mann gegen Mann, droschen aufeinander ein. Sie benutzten zum Kampf ausschließlich Schwerter und deckten den Körper mit schweren Schilden ab. Hier und da wurde eine Pause gemacht und man wischte sich den Schweiß ab. Er hatte den Eindruck, als folgten sie klaren Regeln.
»Wir richten uns nach dem Codex Belli.«
Er zuckte zusammen. Eine der Frauen war zu ihm hinübergerutscht und sprach, ohne ihn anzusehen. So nutzte er die Gelegenheit, um sie eingehend zu mustern. Sie trug Jeans und T-Shirt. Die langen dunkelblonden Haare waren zu zwei dicken Zöpfen zusammengebunden und bildeten mit einer Wildlederweste samt Ketten aus Tonperlen eine halbherzige Maskerade. Aber wie es sich für eine Wikingerfrau gehörte, war sie ungeschminkt und wandte ihnen ihr starkes Profil mit leichter Hakennase und kräftigem Kinn zu. Sie strahlte enorme Selbstsicherheit aus.
»Und was heißt das?«, fragte er schließlich nach.
»Niemand sticht zum Körper oder haut auf den Kopf. Die Waffen müssen stumpf sein und dürfen ein Kettenhemd mit Ringen von acht Millimetern Innendurchmesser nicht durchschlagen. Außerdem sollten die Gliedmaßen geschützt werden, um Verletzungen zu vermeiden. Ich heiße übrigens Heike Andries, hier bin ich aber Ragnhild.« Sie drehte sich zu ihm um und schaute ihn an.
»Johannes Lichthaus. Und wer kontrolliert das?«
»Sie sind Bulle oder so was, nicht wahr.«
»Sieht man das?«
»Nein. Doch Sie fragen wie einer.« Ihr Lächeln war offen. »Also, jeder Kämpfer muss eine Prüfung machen, für die er die A-Karte erhält. Erst dann darf er antreten. Außerdem kontrolliert immer einer alle Waffen. Was wollen Sie von uns?«
Lichthaus griff in die Tasche und zog das Foto heraus. »Wir sind im Zusammenhang mit einer Straftat auf diesen Knopf gestoßen, und ein Experte sagte uns, dass solche handgemachten Knöpfe fast ausschließlich im Umfeld von äh, also …«
»Mittelalterfreaks«, half sie aus.
»Ja, so in etwa. Also in diesem Umfeld getragen werden.«
Sie nahm das Bild und schaute es interessiert an. »Der könnte von dem Roten sein, glaube ich wenigstens.« Sie gab ihm das Foto zurück. »Wenn ich mich nicht täusche, hat Smörre, das ist Rainer Prison, dem mal so einen im Kampf abgerissen und mitgenommen.«
Bevor Lichthaus seine Verblüffung in den Griff bekam, stand sie auf und ging zur Seite, um mit einer Glocke zu läuten. Er schaute ihr nach und hätte normalerweise ihre geschmeidigen Bewegungen genossen, doch nach dieser Aussage waren all seine Sinne wie erstarrt. Die Männer hörten augenblicklich auf und wandten sich um.
»Smörre, komm mal bitte her.« Sie winkte einem Kämpfer, der dick gepolstert wie alle hier zu ihnen herüberkam, während die anderen ihre Übungen wieder aufnahmen. Er war deutlich kleiner als der Hüne, dem sie im Vorraum begegnet waren, aber auch er wirkte durchtrainiert und trug lange Haare und Bart. Sein Schild war arg verbeult, doch konnte man noch gut den Adler erkennen, den er als Wappen aufgemalt hatte. Sehr langsam kam er zu ihnen, Lichthaus und Steinrausch aus zusammengekniffenen Augen musternd.
Lichthaus war dankbar, dass er sich Zeit ließ, denn er musste sich erst sortieren. Seine Erwartung, hier oben einen brauchbaren Hinweis zu finden, war gleich null gewesen. Umso mehr überraschte ihn die Erkenntnis, dass der Zufall sie eventuell auf eine heiße Spur geführt hatte. Vielleicht der Durchbruch in ihren Ermittlungen.
Prison stellte Schild und Schwert beiseite, nahm sich eine Flasche Wasser und trank wortlos,
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