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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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aufrichten konnte wie Mr Hastings, und darüber sahen sie den vertrauten Schopf von weißem Haar im Winde wehen.
    Jane kreischte beinahe vor Erleichterung: »Es ist Gummery«!
    Mr Hastings knurrte wie ein Tier und ließ Simon plötzlich los. Dann tat er einen verzweifelten Sprung auf Barney zu, der schwankend am äußersten Rand der Klippen stand. Aber Barney hatte ihn rechtzeitig gesehen und duckte sich nach hinten unter seiner Hand weg.
    Bill in seinem Beiboot riss an der Leine des Motors und setzte ihn in Gang, dann sprang er, rutschte auf den Felsen, fing sich aber wieder. Leicht gebückt lauerte er schwer und drohend neben dem riesenhaften schwarzen Mann. Wie Tänzer in einem Menuett bewegten die beiden sich vorwärts, tasteten nach einem Halt auf den schlüpfrigen Steinen und die Kinder wichen gegen das Kliff zurück.
    Das Schnellboot brauste in einer hohen Gischtwoge heran. Innerhalb von Sekunden war es längsseits der Klippen. Das Geräusch des Motors wechselte zu einem tieferen Klopfen und das Boot kam langsam seitwärts näher. Jane, die voller Angst über Bills Schulter hinwegspähte, der sich immer mehr näherte, konnte jetzt Großonkel Merry aufrecht neben Mr Penhallows Gestalt im blauen Sweater stehen sehen, die sich über das Armaturenbrett beugte.
    Das Gefühl der Erleichterung war so überwältigend, dass sie alles vergaß und auf den Klippenrand zustürzte. Bill, der völlig überrascht war, fasste zu spät nach ihr und taumelte gegen Mr Hastings. Der Mann in Schwarz knurrte ihn wütend an und machte dann einen letzten Versuch, sich auf Barney zu stürzen, der sich jetzt hilflos und mit hängenden Armen an die Steilwand drückte.
    Aber Simon riss seine letzte Kraft zusammen, ergriff den Gral und die lange Röhre des Teleskopbehälters und war im nächsten Augenblick an den beiden vorbei bis an den Rand der Klippen geschlüpft.
    Er schrie, so laut er konnte: »Gummery«! Während sein Großonkel sich umdrehte, hob er den Arm und schleuderte den Gral mit aller Macht auf das Schnellboot zu, voller Angst, ob er sein Ziel erreichen würde. Mr Penhallow versuchte am Steuer, das Boot, so gut er konnte, ruhig zu halten. Der seltsame glockenförmige Becher wirbelte durch die Luft und blitzte golden in der Sonne auf und Großonkel Merry schnellte einen Arm seitlich vor und fing ihn über dem Wasser.
    »Pass auf!«, schrie Barney.
    Mr Hastings stürzte auf Simon los, als dieser gerade ausholte, um das Manuskript hinter dem Becher herzuschicken. Simon konnte zur Seite ausweichen, dann warf er. Aber als der Behälter seine Hand verließ, holte Mr Withers, der sich triefend im Beiboot aufgerichtet hatte, mit dem Ruder aus, um ihn daran zu hindern.
    Jane schrie auf.
    Das Ruder traf die Röhre mitten im Flug. Withers stieß ein Triumphgeheul aus. Aber das blieb ihm in der Kehle stecken, als das lange, unhandliche Rohr vom Ruderblatt abprallte. Die beiden Hälften wurden vom Boot hinweggeschleudert, Stücke des vertrauten Manuskripts, das sie so oft betrachtet hatten, flatterten davon. Sie sahen, wie der kleine Bleibehälter herausfiel und wie ein Stein in die See plumpste, und fast zur gleichen Zeit schlugen die beiden Hälften der Teleskophülle mit den Resten des Pergaments auf der Wasseroberfläche auf und verschwanden. Die Pergamentstücke trieben nicht auf dem Wasser; sie waren sofort verschwunden, als hätten sie sich aufgelöst. Nichts blieb übrig als Janes Taschentuch, das verlassen auf den Wellen schaukelte.
    Dann war es, als bliebe ihnen das Herz stehen und das Blut gefröre in ihren Adern: Ein unmenschlicher Ton wie das Heulen eines Tieres ertönte über die See hinweg. Es war das zweite Mal, dass sie an diesem Tag einen langen Heulton hörten, aber dieser zweite war ganz anders als der erste. Mr Hastings hatte wie ein Hund den Kopf in den Nacken gelegt und schrie seinen Schmerz, seine Angst und seine Wut hinaus. Mit zwei langen Sätzen war er zum Rand der Klippen gesprungen und mit einem mächtigen Aufplatschen in das gekräuselte Wasser getaucht, dort wo der Bleibehälter untergegangen war.
    Sie starrten auf das Sonnenlicht, das auf den Wellen tanzte, die sich über seinem Kopf geschlossen hatten; außer dem Murmeln der Motoren war kein Laut zu hören. Eine Bewegung bei der Yacht ließ sie aufblicken; sie sahen, wie das Mädchen an Bord gezogen wurde und unter ihr das Beiboot leer schaukelte.
    Bill stand ebenso unbeweglich da wie die Kinder. Mit offenem Mund starrte er auf die See hinaus, die jetzt

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