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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Arm in beide Hände und legte die kühle rechte Handfläche über die Wunde. Dann ließ sie ihn los. Der Schmerz in Wills Arm war vergangen, und wo die rote Brandwunde gewesen war, sah er jetzt die glänzende, kahle Haut, die sich bildet, wenn eine Brandwunde längst geheilt ist. Aber die Form der Narbe war deutlich und er wusste, dass er sie bis zum Ende seines Lebens tragen würde; er war gezeichnet.
    Das unheimliche Geheul jenseits der Mauer stieg und fiel in ungleichmäßigen Wellen.
    »Es tut mir Leid«, sagte Will unglücklich.
    »Wir sind belagert, wie du siehst«, sagte Merriman, der zu ihnen getreten war. »SIE hoffen, dich in ihre Gewalt zu bekommen, bevor deine Stärke ganz erwacht ist. Und dies ist nur der Anfang der Fährnisse, Will. Während der Zeit der Wilden Nächte wird IHRE Macht immer größer und nur am Weihnachtsabend ist der Alte Zauber stark genug, SIE fern zu halten. Selbst nach Weihnachten wird IHRE Macht noch wachsen und erst am zwölften Tag, in der Zwölften Nacht — die einmal Weihnachten war und lange Zeit davor das große Winterfest unseres Alten Jahres — wird sie gebrochen.«
    »Was wird geschehen?«, sagte Will.
    »Wir dürfen nur an das denken, was zu tun ist«, sagte die Alte Dame. »Das Erste ist, dich aus dem Kreis dunkler Macht zu befreien, der jetzt um diesen Raum gezogen ist.«
    Merriman horchte angestrengt, dann sagte er: »Sei auf deiner Hut. Dies vor allem. SIE haben mit einem deiner Gefühle umsonst gespielt. SIE werden versuchen, dir mit einem anderen eine Falle zu stellen.«
    »Aber es darf nicht die Angst sein«, sagte die Dame. »Denk daran, Will. Du wirst oft erschreckt werden, aber fürchte SIE nicht. Die Mächte der Finsternis vermögen vieles, aber sie können nicht zerstören. SIE können die, die dem Licht gehören, nicht töten. Nicht, bevor SIE die endgültige Herrschaft über die ganze Erde errungen haben. Es ist die Aufgabe der Uralten — deine Aufgabe und die unsere — das zu verhindern. Lass dich also nicht von IHNEN in Angst und Verzweiflung treiben.«
    Sie sprach weiter, sagte noch mehr, aber ihre Stimme ging unter wie ein Fels, der von einer Flutwelle überspült wird. Der schreckliche Chor, der vor den Mauern heulte und schluchzte, wurde immer lauter, lauter und wütender in seinem misstönenden Gekreisch und unirdischen Gelächter, den Schreckensschreien, dem gackernden Lachen, dem Heulen und Brüllen. Will lief es kalt über den Rücken, seine Haut war feucht.
    Wie in einem Traum hörte er durch den furchtbaren Lärm Merrimans tiefe Stimme, die ihn rief. Er hätte sich nicht rühren können, aber die Alte Dame nahm ihn bei der Hand und zog ihn quer durch die Halle, dorthin, wo der Tisch stand, wo das Feuer brannte, in die einzige Lichthöhle in der dunklen Halle.
    Merriman sprach nahe an seinem Ohr. Er sagte schnell und eindringlich: »Stell dich neben den Kreis, den Lichtkreis. Stell dich mit dem Rücken zum Tisch und nimm unsere Hände. Das ist eine Kette, die SIE nicht brechen können.«
    Will stellte sich, wie ihm gesagt worden war, mit weit ausgebreiteten Armen hin. Die beiden ergriffen, ihm unsichtbar, seine Hände. Der Schein des Feuers im Kamin erstarb und er merkte, wie hinter ihm die Flammen des Kerzenkreises auf dem Tisch wuchsen, riesenhaft wurden, sodass er, als er den Kopf in den Nacken legte, sehen konnte, wie sie sich hoch über ihm zu einer weißen Lichtsäule erhoben. Der große Lichtbaum gab keine Wärme, und obgleich er in großer Helligkeit erstrahlte, warf er kein Licht über den Tisch hinaus. Will konnte den anderen Teil der Halle nicht sehen, weder die Wände noch die Bilder noch irgendeine Tür. Er sah nichts als Schwärze, die weite schwarze Leere der furchtbar lauernden Nacht.
    Dies war die Finsternis, die sich erhob; erhob, um Will Stanton zu verschlingen, bevor er stark genug war, sie zu besiegen. Im Licht der seltsamen Kerzen hielt sich Will an den zerbrechlichen Fingern der Alten Dame fest und an Merrimans Faust, die hart war wie Holz. Das Geheul der Finsternis wuchs zu einer unerträglichen Höhe an, zu einem hellen, triumphierenden Gewieher und Will wusste, ohne es zu sehen, dass vor ihm in der Dunkelheit der große schwarze Hengst sich bäumte, so wie er es draußen vor der Hütte im Wald getan hatte, und dass der Reiter bereit war, ihn nie derzuschlagen, falls die frisch beschlagenen Hufe ihn verfehlen sollten. Und diesmal kam keine weiße Stute aus dem Himmel gesprungen, um ihn zu retten.
    Er hörte Merriman

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