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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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»Jetzt.«
    Plötzlich lag ein dichtes Schweigen im Raum, wie Samt. Will fühlte, wie die beiden ihn beobachteten. Er dachte verzweifelt: Ich will aus all dem heraus, ich will an eine Flamme denken, aber nicht an eine von diesen Kerzenflammen; an etwas viel Größeres, etwas, das man nur durch einen schrecklichen unmöglichen Zauber löschen könnte, den nicht einmal Merriman kennt ... Er sah sich um und sein Blick fiel auf die Lichter und Schatten, die auf den reichen Behängen an den Steinwänden spielten, und er richtete in wütender Verzweiflung alle seine Gedanken auf das Bild des flackernden Holzfeuers in dem riesigen Kamin hinter seinem Rücken. Er fühlte die Wärme dieses Feuers in seinem Nacken und er dachte an das glühende Goldherz in dem hohen Holzstapel und an die tanzenden gelben Feuerzungen.
    Geh aus, Feuer,
sagte er in Gedanken und augenblicklich fühlte er sich frei und sicher vor den Gefahren der Macht, denn natürlich konnte ein so großes Feuer unmöglich ohne wirklichen Grund ausgehen.
Hör auf zu brennen, Feuer. Geh aus.
    Und das Feuer ging aus.
    Augenblicklich war es kalt im Saal — und dunkler. Der Kreis der Kerzenflammen auf dem Tisch brannte weiter, aber lediglich in dem kleinen kalten Tümpel ihres eigenen Lichts. Will fuhr herum und starrte benommen in die Feuerstelle; keine Spur von Qualm oder Wasser, kein Zeichen, das das Erlöschen des Feuers hätte erklären können. Aber es war verloschen, kalt und schwarz, ohne einen Funken. Er ging langsam darauf zu. Merriman und die Alte Dame sagten kein Wort und rührten sich nicht.
    Will beugte sich vor und berührte die geschwärzten Scheite; sie waren kalt wie Stein, jedoch mit einer Schicht frischer Asche bedeckt, die unter seinen Fingern zu weißem Staub zerfiel. Er richtete sich auf, rieb seine Hand langsam an seinem Hosenbein und sah Merriman hilflos an. Die tief liegenden Augen des Mannes brannten wie schwarze Kerzenflammen, aber es lag Mitgefühl darin, und als Will jetzt ängstlich zu der Alten Dame hinüberblickte, sah er auch in ihrem Gesicht etwas wie Zärtlichkeit.
    Sie sagte sanft: »Es ist ein wenig kalt, Will.«
    Einen Moment lang, der endlos schien und doch nicht mehr war als das Zucken eines Nervs, hätte Will am liebsten vor Angst aufgeschrien. Es war die gleiche Angst, die er während des dunklen Albtraums in der Sturmnacht gespürt hatte. Dann war es vorüber und in dem Frieden, der dem Schwinden der Angst folgte, fühlte er sich irgendwie stärker, größer, ruhiger. Er wusste, dass er auf irgendeine Weise die Gabe angenommen hatte, die er nicht kannte und gegen die er sich gesträubt hatte. Er wusste jetzt, was er tun musste.
    Er holte tief Atem, reckte die Schultern und stand fest und aufrecht in der großen Halle. Er lächelte der Alten Dame zu, dann richtete er den Blick an ihr vorbei ins Leere und stellte sich mit allen Kräften das Bild des Feuers vor.
Komm zurück, Feuer,
sagte er in Gedanken.
Brenn wieder.
Und die Lichter tanzten wieder über die Behänge an den Wänden, er spürte die Wärme in seinem Nacken, das Feuer brannte wieder.
    »Danke«, sagte die Alte Dame.
    »Gut gemacht«, sagte Merriman leise und Will wusste, dass er nicht nur das Auslöschen und Wiederanzünden eines Feuers meinte.
    »Es ist eine Last«, sagte Merriman. »Täusche dich nicht. Jede große Gabe oder Kraft, jedes Talent ist eine Last und diese Gabe ist es mehr als jede andere und du wirst oft wünschen, sie los zu sein. Aber es ist nicht zu ändern. Wenn du mit der Gabe geboren wurdest, musst du ihr dienen und nichts in dieser Welt oder außerhalb darf diesem Dienst im Weg stehen, denn dafür bist du geboren und das ist das Gesetz. Und es ist nur gut, kleiner Will, dass du nur eine leise Ahnung von der Kraft hast, die in dir ist, denn bis die ersten schweren Prüfungen deiner Lehrzeit bestanden sind, bist du in großer Gefahr. Und je weniger du die Bedeutung deiner Gabe kennst, umso besser wird sie dich beschützen können, wie sie es schon in den letzten zehn Jahren getan hat.«
    Er starrte einen Augenblick ins Feuer und runzelte die Stirn: »Ich will dir nur das eine sagen: dass du einer der Uralten bist. Der Erste, der seit fünfhundert Jahren geboren wurde, und der Letzte. Und wie alle Uralten bist du dazu verpflichtet, dich dem langen Kampf zwischen dem Licht und der Finsternis zu widmen. Deine Geburt, Will, hat einen Kreis geschlossen, der seit viertausend Jahren in allen uralten Teilen dieses Landes gewachsen ist: der Kreis der

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