Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
aufgelöst. Will hatte ein schmerzliches Gefühl des Verlustes, als sei die ganze Welt von der Finsternis verschlungen worden, und er schrie auf.
    Eine Hand berührte seine Schulter. Merriman war an seiner Seite. Sie waren durch die Tür getreten. Langsam schlugen die hohen geschnitzten Flügel hinter ihnen zu. Es dauerte lange genug, Will klar erkennen zu lassen, dass es wirklich dasselbe seltsame Tor war, das sich ihm auf dem weißen, unberührten Abhang in den Chiltern-Bergen geöffnet hatte.
    In dem Augenblick, wo sich die Flügel ganz geschlossen hatten, war das Tor verschwunden. Er sah nichts: nur das graue Licht, das Schnee unter einem grauen Himmel zurückwirft. Er war wieder in dem verschneiten Waldland, in das er am frühen Morgen hineingegangen war.
    Ängstlich wandte er sich zu Merriman um. » Wo ist sie? Was ist geschehen?«
    »Es war zu viel für sie. Die Anstrengung war zu groß, sogar für sie. Nie zuvor — ich habe dies nie zuvor geschehen sehen.«
    »Haben SIE - haben SIE sie geholt?«
    »Nein!«, sagte Merriman verächtlich. »Die Dame steht außerhalb IHRER Gewalt. Außerhalb jeder Gewalt. Wenn du ein wenig mehr gelernt hast, wirst du eine solche Frage nicht mehr stellen.
    Sie ist für einige Zeit fortgegangen, das ist alles. Das Öffnen des Tores gegen all die Kräfte, die es geschlossen halten wollten, war zu anstrengend. Die Finsternis hat sie nicht zerstören können, aber sie hat sich erschöpft. Sie ist jetzt wie eine leere Hülle. Sie muss wieder Kraft sammeln, allein und an einem anderen Ort und das ist schlimm für uns, falls wir sie brauchen sollten. Und wir werden sie brauchen. Die Welt wird sie immer brauchen.«
    Er sah Will ohne Herzlichkeit an; er schien plötzlich abweisend, beinahe drohend wie ein Feind; er machte eine ungeduldige Handbewegung: »Knöpf deine Jacke zu, Junge, sonst erfrierst du.«
    Will fingerte an den Knöpfen seiner dicken Jacke; er sah, dass Merriman in einen langen, abgetragenen blauen Umhang mit einem hohen Kragen gehüllt war.
    »Ich bin schuld, nicht wahr?«, sagte er niedergeschlagen. »Wenn ich nicht vorwärts gelaufen wäre, als ich das Tor sah — wenn ich eure Hände festgehalten hätte und den Kreis nicht gebrochen hätte — «
    Merriman sagte streng: »Ja.« Dann wurde er ein wenig milder. »Aber es war IHRE Schuld, Will, nicht deine. SIE ergriffen Besitz von dir durch deine Ungeduld und deine Hoffnung. SIE lieben es, gute Regungen zu benutzen, um Böses zu bewirken.«
    Will stand da, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, die Hände in den Taschen vergraben, und starrte zu Boden. Ein höhnischer Singsang ging ihm durch den Kopf und ließ sich nicht vertreiben:
Du hast die Dame verloren, du hast die Dame verloren.
Der Kummer schnürte ihm die Kehle zu. Er schluckte und konnte nicht sprechen. Ein Windhauch fuhr durch die Bäume und schüttelte ihm Schneekristalle ins Gesicht.
    »Will«, sagte Merriman. »Ich war böse. Vergib mir. Auch wenn du den Ring der Drei nicht gebrochen hättest — nichts wäre anders gewesen. Das Tor ist unser großer Zugang zur Zeit. Bald wirst du mehr darüber wissen. Aber diesmal hättest weder du es öffnen können noch ich noch irgendjemand aus dem Kreis. Denn die Kraft, die von außen dagegendrückte, war die volle Mittwinter-macht der Dunkelheit, die niemand außer der Dame allein überwinden kann — und auch sie kostet es viel. Fasse Mut. Zur richtigen Zeit wird sie zurückkehren.«
    Er zog den hohen Kragen seines Umhangs hinauf und dieser wurde zu einer Kapuze, die er sich über den Kopf stülpte. Jetzt, da man sein weißes Haar nicht mehr sah, war er plötzlich zu einer düsteren Gestalt geworden, groß und unergründlich.
    »Komm«, sagte er und führte Will durch den tiefen Schnee, zwischen hohen, kahlen Buchen und Eichen hindurch. Schließlich blieben sie in einer Lichtung stehen.
    »Weißt du, wo du hier bist?«, sagte Merriman.
    Will betrachtete die glatten Schneewehen, die hohen Bäume. »Natürlich nicht«, sagte er. »Wie könnte ich auch?«
    »Und doch, bevor der Winter ganz zu Ende ist«, sagte Merriman, »wirst du dich in dies Tälchen schleichen, um die Schneeglöckchen zu betrachten, die hier überall unter den Bäumen wachsen. Und im Frühling wirst du wieder da sein und die Osterglocken betrachten. Eine ganze Woche lang jeden Tag, wenn es so geht wie im vergangenen Jahr.«
    Will starrte ihn mit offenem Mund an. »Sie meinen das Schloss?«, sagte er. »Den Schlosspark?«
    In seiner eigenen Zeit war

Weitere Kostenlose Bücher