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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Tal, hundert Meilen entfernt von der See, stehen können.
    Auf dem Kirchhof schnitt ein verhutzelter alter Mann in Hemdsärmeln das Gras mit einer Heckenschere.
    Jane blieb in seiner Nähe auf der anderen Seite der Friedhofsmauer stehen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie laut, »ist das dort drüben das Pfarrhaus?«
    Der alte Mann zog pfeifend die Luft ein und richtete sich auf, indem er sich mit einem Arm im Kreuz abstützte. »Stimmt«, sagte er kurz. Dann blieb er einfach stehen und starrte sie ausdruckslos an. Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie die Straße überquerte und die Auffahrt zum Haus hinaufging.
    Jane hörte in den schweigenden Nachmittag hinein den Kies unter ihren Schuhen übermäßig laut knirschen. Das große graue Haus, in dessen leeren Fenstern kein Leben zu sehen war, schien sie davor zu warnen, seine Ruhe zu stören.
    Das Anwesen war, wie Jane fand, für ein Pfarrhaus reichlich schäbig. Der Kies der Auffahrt war von Unkraut durchwachsen, die Hortensien im weitläufigen Garten waren verwildert, das Gras war hoch wie das einer Heuwiese. Sie drückte die Klingel neben der Tür, deren Anstrich sich schälte, und hörte weit drinnen im Haus ein leises Läuten.
    Nach langer Zeit, als sie schon erleichtert dachte, dass niemand das Klingeln beantworten würde, hörte sie drinnen Schritte. Die Tür öffnete sich mit unwilligem Knarren, so als öffnete sie sich nur selten.
    Der Mann, der im Türrahmen stand, war groß und dunkel, in einem unordentlichen alten Sportsakko. Gleichzeitig hatte er etwas Abweisendes. Er hatte die dichtesten schwarzen Augenbrauen, die Jane je gesehen hatte; sie bildeten einen geraden Strich über seinen Augen, ohne eine Unterbrechung in der Mitte. Er starrte auf sie herunter.
    »Ja?« Seine Stimme war sehr tief und ohne die Spur eines Akzents.
    »Bitte, ist Mr Hawes-Mellor zu Hause?«
    Der große Mann runzelte die Stirn. »Wer?«
    »Mr Hawes-Mellor. Der Pfarrer.«
    Seine Miene hellte sich ein wenig auf, wenn auch der scharfe Blick unter den schwarzen Brauen sie nicht losließ. »Ach, ich verstehe. Es tut mir Leid, aber Mr Hawes-Mellor ist nicht mehr der Pfarrer hier. Er ist schon vor Jahren gestorben.«
    »Oh«, sagte Jane und trat zurück, froh, eine Gelegenheit zu haben, wieder wegzugehen. »Nun, in dem Fall ...«
    »Vielleicht kann ich dir helfen«, sagte der Mann mit tiefer, trauriger Stimme. »Mein Name ist Hastings, ich bin hier der Nachfolger von Mr Hawes-Mellor.«
    »Oh«, sagte Jane noch einmal. Der einsame Mr Hastings, sein seltsam vernachlässigtes Haus und der Garten fingen an, ihr unheimlich zu werden. »Oh nein, ich will Ihnen nicht lästig fallen. Es war nur wegen eines Buches, das er geschrieben hat, einem Reiseführer von diesem Dorf.«
    Ein Funken von Interesse schien sich in dem dunklen Gesicht des Pfarrers zu entzünden. »Ein Reiseführer von Trewissick? Ich habe davon reden hören, aber es ist mir nie gelungen, ein Exemplar aufzutreiben. Wonach wolltest du denn fragen? Wenn du nach dem Buch suchst, so kann ich dir leider nicht helfen.«
    »Oh nein«, sagte Jane, nicht ohne Stolz. »Ich hab eins.« Sie hielt ihm das kleine Buch hin. »Es war nur etwas in diesem Buch, etwas über das Dorf. Ich habe mich gefragt, ob er sich da nicht geirrt hat.«
    Der Pfarrer starrte auf das Buch herunter, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schien es sich dann aber anders zu überlegen. Er machte die Tür weiter auf und verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln: »Komm doch einen Augenblick herein, kleines Fräulein, dann wollen wir sehen, was sich machen lässt. Da ich schon einige Jahre hier bin, weiß ich auch ein bisschen über Trewissick Bescheid.«
    »Vielen Dank«, sagte Jane ein wenig ängstlich. Sie trat durch die Tür, und während sie ihm in den Flur hinunter folgte, schob sie die Schleife an ihrem Pferdeschwanz höher. Hoffentlich sehe ich einigermaßen ordentlich aus, dachte sie. Aber als sie sich dann umsah, fand sie, dass sie sogar in Lumpen hier nicht fehl am Platze wäre und dass das Pfarrhaus das ungemütlichste und schäbigste Haus war, das sie je gesehen hatte. Es war geräumig und weitläufig und großzügiger entworfen als das
Graue Haus,
aber der Anstrich schälte sich von den Wänden, die Wände waren fleckig, die Fußböden waren kahl bis auf einen oder zwei verblichene kleine Teppiche. Der Pfarrer, der in steifer Haltung vor ihr herging, fing an, ihr Leid zu tun.
    Er führte sie in einen Raum, der offenbar sein Studierzimmer

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