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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Formen, die zu Gruppen zusammengestellt waren wie eine Art unbekannter Schriftzeichen. In dem kalten grünen Licht senkte Barney voller Angst und ungläubig den Blick und sah wieder denselben vertrauten wunderbaren Gegenstand in der Schachtel leuchten. Alles um sich herum vergessend, nahm er ihn vorsichtig heraus und stellte ihn auf den Tisch.
    Simon neben ihm atmete tief. »Er ist es.«
    Vor ihnen auf dem Tisch glänzte der kornische Gral: der kleine goldene Becher, den sie nach langer, gefahrvoller Suche tief in einer Höhle unter den Klippen von Kemare Head zum ersten Mal gesehen und den sie vor den Männern der Finsternis und ihrer Macht gerettet hatten. Was dieser Gral war und welche Macht er besaß, das wussten sie nicht, sie wussten nur, dass er für Merriman und die Mächte des Lichts eines der Dinge war, die eine große Kraft besaßen, etwas von unendlichem Wert, und dass sich eines Tages diese Kraft erweisen würde, wenn man die seltsamen Runenzeichen, mit denen die äußere Fläche bedeckt war, entziffern konnte. Barney betrachtete, wie er es schon tausendmal getan hatte, die Bilder und Muster und unverständlichen Zeichen auf dem goldenen Mantel des Grals. Wenn nur, wenn nur... aber das uralte Manuskript in seiner Bleihülle, das sie bei dem Gral in der verborgenen Höhle gefunden hatten, lag nun auf dem Grund der See. Barney selber hatte es von der Spitze von Kemare Head hinausgeschleudert bei seinem verzweifelten Versuch, den Gral und das Manuskript vor den Mächten der Finsternis, die ihn verfolgten, zu retten. Der Gral war gerettet worden, aber das Manuskript war in die See gefallen, und nur in dem Manuskript war der Schlüssel verborgen, mit dem man die lebenswichtige Botschaft auf dem Gral entziffern konnte...
    Das matte Licht, das im Wohnwagen herrschte, konnte den Glanz, der vom Gral ausstrahlte, nicht dämpfen; er funkelte und glühte in einem gelben, warmen Feuer.
    Simon sagte leise: »Er ist ganz heil. Es ist kein Kratzer darauf.«
    Eine kalte Stimme sagte aus dem Schatten heraus: »Er ist in guten Händen.«
    Die Worte weckten sie jäh aus ihrer glücklichen Versunkenheit in den Anblick des Grals; sie fanden sich wieder im bedrohlichen düsteren Licht vor dem dunklen Maler. Die Augen des Mannes, die wie schwarze Diamanten glitzerten, schauten sie über den Tisch hinweg an. Er war wie ein unwirkliches Bild in Schwarz und Weiß, schwarze Augen, weißes Gesicht, schwarzes Haar. Und in seiner Stimme lag jetzt eine stärkere Kraft und Zuversicht, etwas wie Triumph.
    »Ich erlaube euch den Anblick des Grals«, sagte er, »um einen Handel mit euch zu schließen.«
    »Sie wollen einen Handel mit uns schließen?« Simons Stimme klang schriller und lauter, als er beabsichtigt hatte. »Sie haben bis jetzt nichts getan, als Sachen zu stehlen. Barneys Zeichnung, den Hund von Kapitän Toms. Und den Gral — Sie und Ihre Freunde müssen es gewesen sein, die ihn aus dem Museum gestohlen haben!«
    Sie waren überrascht, als der Mann ganz schnell sagte: »Ich habe keine Freunde.« In dieser Antwort lag eine Bitterkeit, die er nicht zu unterdrücken vermocht hatte, denn einen Augenblick lang wurden die kalten Augen unsicher, als er sich dessen bewusst wurde. Dann hatte er sich wieder gefasst und betrachtete die beiden mit ungerührter Selbstsicherheit.
    »Stehlen kann Mittel zu einem Zweck sein, meine jungen Freunde. Der Zweck, den ich verfolge, ist ganz einfach und schadet niemandem. Alles, was ich verlange, sind fünf Minuten eurer Zeit, das heißt, der Zeit des jüngeren Bruders und eines gewissen... Talentes... das er besitzt.«
    »Ich lasse ihn nicht allein, nicht eine Minute!«, sagte Simon.
    »Das sollst du auch gar nicht.«
    »Was also?«
    Barney sagte nichts. Er wartete gespannt und war auf der Hut. Diesmal hatte er nichts dagegen, dass Simon die Führung übernahm. Tief in seinem Innern begann die Angst vor diesem seltsamen, verkrampften weiß gesichtigen Mann immer mehr zu wachsen; vielleicht weil er als Maler ein so offenkundiges Talent besaß. Es wäre viel leichter gewesen, sich einem unkomplizierten Ungeheuer gegenüberzusehen.
    Der Maler sah Barney an. Er sagte: »Es ist ganz einfach, Barnabas Drew. Ich werde jetzt den Becher nehmen, den du den Gral nennst, und ein wenig Wasser und ein bisschen Öl hineingießen. Dann werde ich dich bitten, dich ruhig hinzusetzen, in den Becher zu schauen und mir zu sagen, was du siehst.«
    Barney schaute ihn verwundert an. Wie ein Nebel, der von der See

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