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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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miteinander verbündet«, sagte sein Onkel. Er leerte seine Teetasse und sah sie über den Rand hinweg an; Will war sich nicht sicher, ob er sie auslachte oder nicht. »Na ja, ich werde die Lenkung für alle Fälle überprüfen lassen. John, Rhys, was den Extrazaun für das
fridd
betrifft ...«
    Ohne es zu merken, glitten sie wieder ins Walisische. Es störte Will nicht. Er war damit beschäftigt, eine leise innere Stimme zum Schweigen zu bringen, eine absurde kleine Stimme, die einen absurden Vorschlag machte: »
Wenn sie wissen wollen, warum das Auto einen Satz gemacht hat«,
flüsterte es in seinem Kopf,
»warum fragen sie nicht Caradog Prichard?«
     
    David Evans setzte Will bei einem kleinen Zeitungsladen ab, wo er Ansichtskarten kaufen konnte, und tuckerte dann weiter, um den Landrover zu einer Reparaturwerkstatt zu bringen. Will kaufte eine Karte, die einen von sehr walisisch aussehenden Bergen umrandeten, unheilvoll aussehenden dunklen See zeigte, schrieb darauf: »BIN HIER ANGEKOMMEN! Viele Grüße von allen«, adressierte sie an seine Mutter und steckte sie an der Post ein, einem gewichtig aussehenden roten Backsteingebäude an einer Ecke der Hauptstraße von Tywyn. Dann sah er sich um und fragte sich, wohin er als Nächstes gehen sollte.
    Auf gut Glück und in der Hoffnung, zum Meer zu kommen, folgte er der engen, kurvenreichen Hauptstraße. Aber bald stellte er fest, dass er auf diesem Weg nicht ans Meer gelangen würde: nur Läden, Häuser, ein Kino mit einer eindrucksvollen viktorianischen Fassade, auf der großartig GESELLSCHAFTSRÄUME stand, und das schiefergedeckte Eingangstor einer Kirche.
    Will sah sich gern Kirchen an; vor seiner Krankheit waren er und zwei Schulkameraden mit dem Fahrrad durch das ganze Themsetal gefahren, um Abdrücke von Gedenktafeln aus Messing zu machen. Er betrat den kleinen Kirchhof; vielleicht gab es auch in dieser Kirche Messingtafeln.
    Der Vorbau hatte eine niedrige Decke, wie eine Höhle; drinnen war die Kirche schattig und kühl, mit dicken, weiß gestrichenen Wänden und stämmigen weißen Pfeilern. Es war niemand da. Will fand keine Gedenktafeln aus Messing, sondern nur Denkmäler für Wohltäter mit unaussprechlichen Namen wie Gruffydd ap Adda aus Schloss Ynysymaengwyn. An der Rückseite der Kirche bemerkte er beim Hinausgehen einen seltsamen langen grauen Stein, der aufrecht dastand und in den Zeichen geritzt waren, die er nicht entziffern konnte. Er stand lange davor; der Stein kam ihm wie ein Omen vor, obwohl er keine Vorstellung hatte, welche Bedeutung er haben mochte. Und dann, als er beim Hinausgehen wieder durch den Vorbau kam, warf er gleichgültig einen Blick auf das schwarze Brett mit Mitteilungen aus der Gemeinde und sah den Namen:
St. Cadfans Kirche.
    Wieder wirbelte es wie Wind in seinen Ohren; stolpernd ließ er sich auf die niedrige Bank im Vorbau fallen. Alles drehte sich plötzlich in seinem Kopf, er war wieder mitten im dröhnenden Wirrwarr seiner Krankheit, als er gewusst hatte, dass irgendetwas, etwas außerordentlich Wertvolles, seinem Gedächtnis entglitten oder genommen worden war. Worte flackerten durch sein Bewusstsein, ohne Ordnung oder Sinn, und dann kam ein Ausdruck nach oben wie ein emporschnellender Fisch.
»Auf Cadfans Weg, wo der Turmfalke ruft ...«
Er griff in Gedanken gierig danach, wollte noch mehr. Aber es kam nicht mehr. Das Dröhnen ließ nach; er öffnete die Augen und atmete ruhiger, das Gefühl der Benommenheit verschwand langsam. Leise sprach er es aus: »Auf Cadfans Weg, wo der Turmfalke ruft ... Auf Cadfans Weg ...« Draußen im Sonnenschein schimmerten die Grabsteine aus grauem Schiefer und das grüne Gras, und hier und da leuchteten Regentropfen, die vom Vortag noch an den längsten Halmen hingen, wie Edelsteine auf. Will dachte:
»Am Tage der Toten ... Der Graue König ...
es muss irgendeine Warnung wegen des Grauen Königs gegeben haben ... und was ist Cadfans Weg?«
    »Oh«, sagte er plötzlich laut und zornig, »wenn ich mich nur
erinnern
könnte!« Er sprang auf und ging zum Zeitungsladen zurück. »Können Sie mir bitte sagen«, fragte er, »ob es einen Führer für die Kirche oder die Stadt gibt?«
    »Nichts über Tywyn«, sagte das rotwangige Mädchen im Laden in ihrem zischenden walisischen Tonfall. »Dafür bist du zu spät im Jahr dran ... aber Mr Owen bietet in der Kirche ein Heftchen zum Verkauf an, glaube ich. Und dann gibt es noch dies, wenn es dir gefällt. Sind eine Menge hübsche Wanderwege drin.« Sie

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