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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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rechtwinklig zur Seite gebogen und mit den anderen verflochten, als sei das Ganze eine Hürde.
    Will sah stumm zu, bis Rowlands seine Anwesenheit bemerkte und sich schwer atmend aufrichtete. Er knotete das rote Halstuch auf, wischte sich die Stirn damit und band es locker wieder um den Hals. In seinem zerknitterten braunen Gesicht hoben sich die Linien neben den dunklen Augen ein wenig, während er Will ansah.
    »Ich weiß«, sagte er, und seine samtweiche Stimme klang ernst. »Du denkst, hier steht diese wunderschöne gesunde Hecke voller Blätter und Beeren und wächst in den Himmel hinauf, und hier steht dieser Mann und hackt sie herunter wie ein Schlachter, der ein Schaf zerlegt, und macht aus ihr einen scheußlichen kleinen nackten Zaun, nur Knochen und keine Anmut.«
    Will grinste. »Na ja«, sagte er. »So etwa, ja.«
    »Hm«, sagte John Rowlands, hockte sich auf den Boden, nahm die Axt, Kopf nach unten, zwischen die Knie und stützte sich darauf.
»Duw,
gut, dass du vorbeikommst. Ich arbeite nicht mehr so schnell wie früher. Also, lass dir erklären, wenn wir diese wunderschöne wilde Hecke so ließen, wie sie jetzt ist und schon zu lange war, würde sie in weniger als einem Jahr das halbe Feld überwuchern. Und obwohl ich ihren Kopf und die Hälfte ihres Körpers abhacke, werden all diese traurigen gebeugten Schösslinge im nächsten Frühjahr so viele neue Arme ausstrecken, dass du kaum einen Unterschied merken wirst.«
    »Da Sie es jetzt sagen«, erklärte Will, »fällt mir ein, natürlich, zu Hause, in Buckinghamshire, ist es das Gleiche mit den Hecken. Ich habe nur noch nie wirklich zugesehen, wenn jemand sie bearbeitete.«
    »Hab diese Hecke schon ein ganzes Jahr im Auge«, sagte John Rowlands. »Im letzten Winter wurde sie vergessen. Es ist wie im Leben, Will — manchmal musst du scheinbar wehtun, um etwas Gutes zu tun. Aber glücklicherweise muss man nicht oft
sehr
wehtun.« Er stand wieder auf. »Du siehst schon besser aus,
Bachgen.
Die walisische Sonne tut dir gut.«
    Will schaute auf die Karte in seiner Hand. »Mr Rowlands«, sagte er, »können Sie mir etwas über Cadfans Weg sagen?« John Rowlands prüfte gerade die Kante seiner Breithacke mit dem Finger; es entstand eine winzige Pause in der Bewegung, dann bewegte der Finger sich weiter. John fragte ruhig: »Nun frage ich mich, wie du darauf kommst.«
    »Ich weiß es nicht genau. Ich muss es wohl irgendwo gelesen haben. Gibt es einen Weg, der so heißt?«
    »O ja, den gibt es«, sagte John Rowlands.
»Llwybr Cadfan.
Kein Geheimnis, obwohl heutzutage kaum einer noch davon weiß. Ich glaube sogar, dass es in einem der neuen Wohngebiete in Tywyn eine Cadfan-Straße gibt ... St. Cadfan war eine Art Missionar aus Frankreich, in jenen Zeiten, als die Bretagne und Cornwall und Wales in enger Verbindung miteinander standen. Vor vierzehnhundert Jahren hatte er eine eigene Kirche in Tywyn und eine heilige Quelle — und man sagt auch, dass er das Kloster in
Enlli
auf Bardsey gegründet habe. Du weißt, wo das ist, die Insel Bardsey, wo die Vogelbeobachter immer hinfahren, dort draußen, vor der Spitze von Nordwales? Früher besuchten die Leute Tywyn und gingen dann weiter nach Bardsey, und es wird gesagt, dass es eine alte Pilgerstraße gibt, die über den Berg von Machynlleth nach Tywyn führt, an Abergynolwyn vorbei. Und zweifellos an diesem Tal entlang. Oder vielleicht etwas höher. Die meisten alten Straßen verlaufen weiter oben, weil es dort sicherer war. Aber niemand weiß heute noch, wo Cadfans Weg zu finden ist.«
    »Ich verstehe«, sagte Will. Es war mehr als genug; er wusste, dass er jetzt den Weg finden könnte — wenn er genug Zeit dazu hatte. Aber er spürte immer stärker, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, dass seine Suche, deren Ziel seinem Gedächtnis auf so merkwürdige Weise entschwunden war, so bald wie möglich abgeschlossen werden musste.
Am Tage der Toten ...
Und wonach suchte er, und wo, und warum? Wenn er sich nur erinnern könnte ...
    John Rowlands wandte sich wieder der Hecke zu. »Nun ...«
    »Bis später«, sagte Will. »Vielen Dank. Ich versuche, Clwyd ganz zu umwandern.«
    »Mach nur langsam. Das ist ein langer Spaziergang für einen Rekonvaleszenten, um das ganze Anwesen herum.« Rowlands richtete sich plötzlich auf und zeigte warnend mit dem Finger auf ihn. »Und wenn du dem Tal folgst und an das Ende vom Craig yr Aderyn kommst — in die Richtung dort —, überprüfe noch einmal die Grenzen auf deiner Karte und

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