Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
Bewegung, die nicht auf ein Spiel hindeutete, sondern Verzweiflung ausdrückte. Er war dunkelhäutig und seine Kleidung sah ordentlich aus. Seine Verfolger waren weiß und schäbiger gekleidet. Will konnte sie jetzt hören; einer von ihnen kläffte wie ein Hund.
    »Pakkie — Pakkie — Pakkie! Hierher, Junge, hierher, Junge! Hierher, Pakkie ...«
    Sie bauten sich vor der kleinen, starr gewordenen Gestalt auf. Will erkannte in zwei von ihnen Jungen, die in seine Schule gingen, ein grobes, unangenehmes Gespann, bekannt für Krawalle auf dem Schulhof. Einer von ihnen lächelte den Jungen, den sie verfolgt hatten, mit einem dünnen, unangenehmen Lächeln an.
    »Möchtest du uns nicht begrüßen, Pakkie? Wovor hast du Schiss, eh? Wo warst du?«
    Der Junge rannte plötzlich zur Seite und versuchte, an den anderen vorbei zu entkommen, aber einer von den dreien schnitt ihm behände den Weg ab. Die Mappe mit den Noten fiel auf den Boden, und als der kleine Junge sich vorbeugte, um sie aufzuheben, trat ein großer, schmutziger Schuh auf den Griff der Mappe.
    »Klavierunterricht gehabt, wie? Hab nicht gewusst, dass Pakkies Klavier spielen, du, Frankie? Nur diese kleinen komischen Tingel-Ting-Instrumente,
bing-bing-hing ...«
Er sprang herum und gab Geräusche von sich wie ein schlechter Geiger. Die beiden anderen brüllten vor Lachen, unangenehmem Lachen, und einer von ihnen hob die Mappe auf und schlug auf sie ein als eine Art Applaus.
    »Gib mir bitte meine Mappe wieder«, sagte der kleinere Junge mit einer klaren, unglücklichen kleinen Stimme.
    Der größere Junge hielt die Mappe über dem Bach hoch. »Komm und hol sie dir, Pakkie, komm und hol sie dir!«
    Will brüllte empört: »Gib ihm die Mappe zurück!«
    Ihre Köpfe fuhren scharf herum, dann verzog sich das Gesicht des Großmauls zu einem höhnischen Grinsen, als er Will erkannte. »Kümmer dich um deinen eigenen Dreck, Stanton!«
    Die beiden anderen johlten spöttisch.
    »Ihr hirnlosen Idioten!«, schrie Will. »Immer gegen die Kleinen! Gib ihm die Mappe zurück oder ...«
    »Oder was?«, sagte der Junge und blickte zu dem kleineren Jungen und lächelte. Er öffnete die Hand und ließ die Mappe in den Bach fallen.
    Seine Freunde lachten laut und klatschten Beifall. Der kleine Junge brach in Tränen aus. Will schob, außer sich vor Wut, sein Fahrrad beiseite, aber bevor er einen weiteren Schritt machen konnte, schoss etwas an ihm vorbei, und Stephens lange, geschmeidige Gestalt sprang den Hang hinunter.
    Die Jungen liefen auseinander, aber zu spät. Mit wenigen Schritten war Stephen bei dem Anführer. Er packte ihn an den Schultern und sagte leise: »Hol die Mappe aus dem Wasser.«
    Will sah regungslos zu, gefangen von dem beherrschten Zorn in der leisen Stimme, aber der Junge verließ sich zu sehr auf sein Selbstvertrauen. Er wand sich unter Stephens Griff und knurrte wütend: »Sind Sie verrückt? Mich klatschnass machen für so 'n verdammten Nigger? Diesen kleinen Katzenfutteresser? Denken Sie, ich ...«
    Sein Weiterreden nutzte ihm nichts mehr. Stephen wechselte die Stellung seiner Hände, hob den Jungen hoch in die Luft und ließ ihn in das mit grünen Pflanzen bedeckte Wasser fallen.
    Nach dem Aufklatschen war es still. Über ihnen zwitscherte ein Vogel. Die beiden anderen Jungen standen regungslos am Ufer und starrten auf ihren Anführer, der sich langsam aufrappelte, tropfend vor Pflanzen und schlammigem Wasser, und knietief in dem fast stehenden Gewässer stand. Er warf einen Blick auf Stephen, mit ausdruckslosem Gesicht, bückte sich, holte die flache Ledermappe aus dem Wasser und hielt sie mit ausgestrecktem Arm hoch. Stephen gab sie dem kleinen Jungen, der sie, die dunklen Augen weit aufgerissen, entgegennahm, sich dann umdrehte und wortlos die Flucht ergriff.
    Stephen machte kehrt und kletterte wieder zur Straße hinauf. Als er seine langen Beine über den Drahtzaun schwang, kam plötzlich Leben in den Jungen im Wasser, als sei er von einem Bann befreit. Murmelnd platschte er zum Ufer zurück. Sie hörten ein paar vereinzelte Bemerkungen, dann einen wütenden Schrei: »Sie halten sich wohl für toll, bloß weil Sie größer als ich sind!«
    »Sagte der Topf zum Kessel«, entgegnete Stephen friedfertig und schwang sich auf sein Fahrrad.
    Der Junge kreischte: »Wenn mein Dad Sie jemals erwischt, können Sie was erleben ...«
    Stephen schob sich mit dem Rad an die Mauer der Brücke, beugte sich hinüber und sagte: »Stephen Stanton, altes Pfarrhaus. Du

Weitere Kostenlose Bücher