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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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kannst deinem Dad bestellen, er kann jederzeit vorbeikommen und sich mit mir über dich unterhalten.«
    Der Junge antwortete nicht. Als sie weiterfuhren, radelte James vor auf Wills Höhe; er strahlte. »Super«, sagte er. »Große Klasse.«
    »Ja«, sagte Will und trat in die Pedale. »Aber ...«
    »Was?«
    »Oh, nichts.«
    »Das muss der kleine Manny Singh gewesen sein«, sagte Mrs Stanton und schnitt den Sirupkuchen an. »Sie wohnen am anderen Ende des Ortes in dem Neubaugebiet.«
    »Ich kenne sie«, sagte Mary. »Mr Singh trägt einen Turban.«
    »Ja, das ist er. Es sind aber keine Pakistani, sondern Inder, Sikhs. Nicht dass das eine Rolle spielte. Was für schreckliche Früchtchen die drei sind.«
    »Sie benehmen sich gegen alle so widerlich, die drei«, sagte James und beobachtete erwartungsvoll das Stück Sirupkuchen, das gerade für ihn abgeschnitten wurde. »Hat nichts mit Rasse, Hautfarbe oder Glauben zu tun — sie dreschen auf jeden ein. Solange er kleiner als sie ist.«
    »Heute schienen sie etwas ... wählerischer zu sein«, sagte Stephen.
    »Trotzdem weiß ich nicht, ob es richtig war, dass du ihn ins Wasser geworfen hast«, sagte seine Mutter gelassen. »Reich mir bitte die Vanillesoße, Will.«
    »Richie Moore hat den kleinen Jungen einen Katzenfutteresser genannt«, sagte Will.
    Stephen sagte: »Ein Jammer, dass der Bach nicht drei Meter tief ist.«
    James sagte: »Da ist noch ein Stück Kuchen übrig, Mam.«
    »Für deinen Vater«, sagte Mrs Stanton. »Schlag dir's aus dem Kopf. Er arbeitet nicht länger, damit du ihm sein Abendbrot wegisst.
Schling
doch nicht so, James. Selbst Mary isst langsamer als du.« Dann hob sie unvermittelt den Kopf und lauschte. »Was war das?«
    Sie hatten alle ein leises Geräusch von draußen gehört; jetzt kam es wieder, lauter. Aus dem Hühnerhof hinter dem Haus ertönte Gackern; kein gewöhnliches protestierendes oder forderndes Gackern, sondern kreischende Angstschreie.
    Die Kinder stürmten sofort los; James vergaß sogar seinen Sirupkuchen. Will sauste als Erster durch die Hintertür nach draußen — um dann abrupt stehen zu bleiben, sodass Stephen und James beinahe über ihn stolperten. Sie liefen weiter. Aber Will spürte um sich herum eine so große Feindseligkeit, eine so unverhohlene Bösartigkeit, dass er sich kaum bewegen konnte. Er stand zitternd da. Dann kämpfte er gegen dieses Gefühl an wie gegen einen heftigen Wind und stolperte hinter den anderen her. Seine Gedanken kamen schwerfällig und langsam.
Das habe ich schon einmal gespürt,
dachte er. Aber er hatte keine Zeit, sein Gedächtnis zu durchforschen.
    Er hörte Geschrei aus dem Hühnerhof und neben dem Gackern der verängstigten Hühner das Scharren von Füßen. Im Dämmerlicht des dunstigen Abends sah er Stephen und James hin und her springen, als jagten sie etwas; aus der Nähe glaubte er einen kleinen, sich windenden dunklen Körper zu sehen, geschmeidig und schnell, der zwischen den beiden hindurchschoss. Stephen griff nach einem Knüppel, schlug nach dem Wesen und verfehlte es. Der Knüppel traf auf den Boden und zerbrach. An den Zaun des Hühnerauslaufs gelehnt, stand eine Gartenharke; Will packte sie und trat vor. Das Tier rannte an seinen Füßen vorbei. Es machte kein Geräusch. »Schnapp es, Will!«
    »Schlag zu!«
    Füße scharrten, Hühner gackerten und der Hof war voller aufeinander stoßender Gestalten, graue Umrisse in dem trüben Licht. Für einen Moment sah Will den Vollmond, ein riesiger gelber Bogen, der langsam über den Bäumen aufging. Dann stolperte James wieder gegen ihn.
    »Da drüben! Fang ihn!«
    Will sah das Tier einen kurzen Augenblick deutlich. »Es ist doch ein Nerz!«
    »Natürlich!
Hierher!«
    Plötzlich fand der Nerz auf seiner hastigen Suche nach einem Fluchtweg sich zwischen Will und dem Zaun in die Enge getrieben. Weiße Zähne glänzten auf. Er stand angespannt und wachsam da, dann gab er auf einmal einen lauten, gellenden Schrei von sich, einen Schrei, der Will durch und durch ging und ihm wieder überwältigend deutlich das Gefühl der Anwesenheit von Bösem in Erinnerung brachte, das er eben gespürt hatte. Er wich zurück.
    »Jetzt, Will, jetzt! Schlag fest zu!«
    Sie schrien ihn beide an. Will holte weit aus mit der Harke. Der Nerz starrte ihn an und schrie wieder gellend. Will sah den Nerz an.
Die Finsternis erhebt sich. Das Töten einer ihrer Kreaturen wird sie nicht davon abhalten.
Er ließ die Harke fallen.
    James stöhnte vernehmlich. Stephen

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