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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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das zu verhindern. Von Zeit zu Zeit hat die Finsternis sich erhoben und ist zurückgetrieben worden, aber jetzt, sehr bald, wird sie sich zum letzten und gefährlichsten Mal erheben. Sie hat dafür Kraft gesammelt und ist beinahe bereit. Und darum müssen wir sie, zum letzten Mal, bis an das Ende aller Tage, zurücktreiben, damit die Welt der Menschen endlich frei sein kann.«
    »Wir?«, fragte Stephen ausdruckslos.
    »Wir sind die Uralten«, sagte Will, jetzt kraftvoll und voll Selbstvertrauen. »Es gibt einen großen Kreis von uns, über die ganze Welt verstreut und jenseits der Welt, aus allen Gegenden und allen Winkeln der Zeit. Ich bin als Letzter von ihnen geboren, und als ich mein Erbe als Uralter antrat, an meinem elften Geburtstag, hat der Kreis sich geschlossen. Bis dahin wusste ich nichts von alldem. Aber die Zeit drängt jetzt, und darum hat man dir die Botschaften für mich gegeben — eigentlich eher Warnungen —, ich glaube von zweien der drei Ältesten aus dem Kreis.«
    Stephen sagte mit der gleichen ausdruckslosen Stimme: »Der zweite sah nicht sehr alt aus.«
    Will blickte auf zu ihm und sagte: »Das tue ich auch nicht.«
    »Lieber Gott noch mal«, sagte Stephen gereizt, »du bist mein kleiner Bruder und zwölf Jahre alt, und ich kann mich noch daran erinnern, als du geboren wurdest.«
    »Nur in einem Sinn«, sagte Will.
    Stephen musterte ärgerlich die Gestalt vor ihm: ein stämmiger kleiner Junge in blauen Jeans und einem verwaschenen Hemd, mit glattem braunem Haar, das ihm unordentlich in die Stirn hing. »Will, du bist zu alt für diese albernen Spielchen. Du hörst dich fast so an, als glaubtest du all das Zeug.«
    Will fragte ruhig: »Wer waren denn deiner Meinung nach diese beiden Boten, Steve? Vielleicht denkst du, dass ich Diamanten schmuggle oder zu einem Rauschgiftring gehöre?«
    Stephen stöhnte. »Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich sie geträumt ... vielleicht verliere ich wirklich den Verstand.« Er bemühte sich, in leichtem Ton zu sprechen, aber es lag eine nicht zu überhörende Anspannung in seiner Stimme.
    »O nein«, sagte Will. »Du hast sie nicht geträumt. Andere ... Warnungen ... treffen auch allmählich ein.« Er schwieg einen Augenblick und dachte an die ängstlichen hastenden Gestalten, die sich undeutlich abzeichneten aus einer Zeit, die dreitausend Jahre zurücklag, und an die angelsächsischen Jungen, die voller Furcht Ausschau nach den plündernden Dänen hielten. Dann sah er Stephen traurig an.
    »Es ist zu viel für dich«, sagte er. »Sie hätten das wissen müssen. Wahrscheinlich haben sie es gewusst. Die Botschaften mussten mündlich überbracht werden; nur so sind sie sicher vor der Finsternis. Und dann hängt es von mir ab ...« Rasch ergriff er den Arm seines Bruders, als das Unverständnis in Stephens Gesicht sich langsam und unerträglich in Bestürzung verwandelte. »Da — dort ist James.«
    Automatisch drehte Stephen sich halb um, um zu schauen.
    Dabei berührte er mit dem Bein ein niedriges Brombeergestrüpp, das von der Baumgruppe und der Hecke hinter ihnen in die Wiese hineinwuchs. Und aus dem wuchernden grünen Strauch erhob sich plötzlich eine flatternde Wolke zarter weißer Motten. Sie boten einen erstaunlichen Anblick, federleicht, vollkommen. Hunderte und aberhunderte von ihnen stiegen auf und umflatterten wie ein sanftes Schneegestöber Stephens Kopf und Schultern. Erschrocken schlug er um sich, um sie fortzuwischen.
    »Beweg dich nicht«, sagte Will leise. »Tu ihnen nichts. Beweg dich nicht.«
    Stephen hielt inne, einen Arm schützend vor das Gesicht haltend. Über ihm und um ihn herum wirbelten die winzigen Motten, immer rundherum, kreisend, schwebend, sich nie niederlassend, nach unten treibend. Sie waren wie unvorstellbar kleine Vögel aus Schneeflocken, stumm, geisterhaft, jeder winzige Flügel ein Filigran aus fünf zarten Federn.
    Stephen stand still und benommen da und schützte sein Gesicht mit der Hand. »Sie sind hübsch! Aber so viele ... was sind das?«
    »Federmotten«, sagte Will und sah Stephen mit seltsamen, liebevoll bedauernden Blicken an wie zum Abschied. »Weiße Federmotten. Es gibt eine alte Redensart, die sagt, dass sie Erinnerungen davontragen.«
    In einem letzten Wirbel umkreiste und umflatterte die weiße Wolke Stephens verwirrten Kopf, dann entfernte sich die Wolke und die Motten verschwanden in der gleichen sonderbaren Gemeinschaft in der Hecke. Die Blätter umschlossen sie — sie waren fort.
    James kam

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