Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
hübsch. Langes blondes Haar. Tolle Figur Sie schreibt mir jede Woche. Sie ist nicht rübergekommen, weil ihr alter Herr ein schwaches Herz hat und sie das Gefühl hatte ... oh, sie ist einfach wundervoll.« Er hielt inne und schüttelte langsam den Kopf. »He, tut mir Leid. Du hast mich richtig in Gang gebracht. Wahrscheinlich habe ich noch gar nicht gemerkt, wie sehr mir ... Leute fehlen. Es hat Spaß gemacht hier auf der Grabung, aber ich werde heilfroh sein, wenn's wieder nach Hause geht.«
Hinter ihm ragte ein runder, grasbewachsener Hang in den Himmel, aber obwohl es völlig fremd aussah, war Will überzeugt, dass er am gleichen Ort wie vorher sei. Vielleicht war es nur das Bindeglied des Gefühls, die Sehnsucht in der Stimme des Amerikaners, und doch ...
Merrimans Stimme klang heiter durch die dunkle Nacht und veränderte die Stimmung. »Er scheint da auf einen Knopf gedrückt zu haben, als er Sie nach Ihrem Zuhause fragte. Sind Sie schon lange hier?«
»Bis ich fertig bin, wird es ein Jahr sein. Ist eigentlich gar nicht so viel.« Der junge Mann wurde auf befangene Weise forsch. »Also gut, los geht's, ich führ Sie herum. Ich wollte, dies wäre nicht ein so kurzer Besuch, Professor — es gibt so viel, was bei Tageslicht besser zu sehen wäre.«
»Nun«, sagte Merriman vage, »ich habe Termine ... Dort drüben, sagten Sie?«
»Einen Moment, bitte, ich hole eine Lampe. Die ist besser als eine Taschenlampe ...« Der Amerikaner verschwand in einem kastenartigen Gebäude, das ein kleiner Holzschuppen zu sein schien; in einem Fenster flammte ein Licht auf, dann kam er mit einer flackernden Sturmlaterne zurück, die er unerwartet weit hochhielt, sodass sie in einem breiten Lichtkegel standen und Will Gras unter ihren Schuhen sah und feststellte, dass Merriman Gummistiefel trug. Weiter hinten ragten Stangen mit Seilen und schlaff herunterhängende Markierungsfähnchen aus einer Grabung auf dem grasbewachsenen Hügel, den Will für eine natürliche Erhebung gehalten hatte. Dort wo die Grabung am tiefsten in den Hügel reichte, sah er Steine. Er sah einen steingepflasterten Boden, der aussah wie ein Stück aus rechteckigen Kopfsteinen. Er sah die zerstreuten Steine eines gestürzten Gewölbebogens, ansteigende Steinreihen, wo einst Holzbänke gestanden hatten ...
»Sie kennen natürlich die Hintergründe, Professor Lyon«, sagte der junge Amerikaner. »Der Hügel war immer als König Arthurs Tafelrunde bekannt, natürlich ohne jede Berechtigung. Und niemand erhielt die Genehmigung zu graben. Mittel nebenbei bemerkt auch nicht, bis zu dieser Ford-Stiftung. Und jetzt, wo wir endlich drinnen sind, finden wir nicht etwa König Arthurs so genannte Tafelrunde, sondern ein römisches Amphitheater.«
»Es sollte mich nicht wundern, wenn Sie auch ein Mithräum finden, bevor Sie fertig sind«, sagte Merriman in einer fremden, bestimmten Professorenstimme, die Will noch nie gehört hatte. »Caerleon war schließlich eine größere Festungsanlage, gebaut, um die barbarischen Briten in ihrem Dunst und Nebel zu halten.«
Der Amerikaner lachte. »Ich habe eigentlich gar nichts gegen Dunst und Nebel. Es ist der Regen — und all der Schlamm danach. Sie wussten schon, wie man mit Stein arbeitet, diese alten Baumeister des Imperiums. Sehen Sie, hier ist die Platte mit der Inschrift, von der ich Ihnen erzählte. Zenturio Flavius Julianus und seine Jungs.«
Die Lampe zischte, die Schatten tanzten und er führte sie zu einer schulterhohen Säule aus Steinplatten. Will sah die höchste und größte der Platten mit ihren eingeritzten Buchstaben, die jetzt vom Alter verwittert war. Sie war erst vor kurzem ausgegraben worden; ein Fingerbreit Erde lag noch auf ihr, wo der darüber liegende Stein zur Seite gerutscht war.
Merriman zog eine kleine Taschenlampe hervor und ließ den Lichtstrahl — völlig überflüssigerweise, dachte Will — auf den beschrifteten Quader fallen. »Sehr sauber«, sagte er umständlich, »sehr sauber. Hier, Will, mein Junge, sieh es dir an.« Er reichte Will die Taschenlampe.
»Wir nehmen an, dass es acht Eingänge gab«, sagte der Amerikaner, »alle gewölbt, in der gleichen Art wie hier. Dies muss einer der beiden Haupteingänge gewesen sein — wir haben erst heute Nachmittag begonnen, ihn freizulegen.«
»Gute Arbeit«, sagte Merriman. »Würden Sie mir jetzt die andere Inschrift, die Sie erwähnten, zeigen?« Sie gingen weiter zu einer anderen Seite des Grabungsortes und der gelbe Strahl der Lampe
Weitere Kostenlose Bücher