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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Schwester an, er reckte sich und versuchte, so würdig auszusehen, wie man eben in kurzen Hosen und Sandalen aussehen kann.
    »Nun, ich bin der Älteste ...«
    »Du bist nur elf Monate älter als ich«, sagte Jane.
    »Aber ich bin der Älteste und ich bin verantwortlich für euch beide und ich sollte der Sprecher sein und ... und ...« — er fing an zu stottern und gab dann ganz plötzlich jeden Versuch, würdevoll zu erscheinen, auf — »und ehrlich, Gummery, wir wissen, was wir tun. Es ist irgendwie eine Aufgabe, wie Barney sagte. Und wir sind ja auch nicht ganz allein.«
    »Gut«, sagte Großonkel Merry, »das wäre abgemacht.« Und er schüttelte ihnen nacheinander die Hand. Jeder schaute den andern mit großen Augen und ein wenig atemlos an, und dann kamen sie sich plötzlich ziemlich töricht vor und fingen an zu lachen. Aber hinter dem Gelächter spürten sie leise eine neuartige, tröstliche Verbundenheit angesichts möglicher Gefahren.
    Als sie ihr Zeug zusammengepackt hatten und sich bergab auf den Weg machten, hielt Großonkel Merry sie noch einmal zurück. »Seht euch zuerst noch einmal alles genau an.« Er wies mit dem Arm über den Hafen, die See und die Klippen. »Nehmt auch das wirkliche Bild in euch auf. Prägt es euch ein.«
    Vom Abhang aus schauten sie noch einmal hinüber. Die Sonne ging am westlichen Horizont unter; sie stand über Kenmare Head und dem
Grauen Haus
und beleuchtete den Kamm des Vorgebirges und die seltsamen grauen Felsen, die wie Nadeln am Horizont aufragten. Aber der Hafen lag schon im Schatten. Während sie schauten, schien die Sonne allmählich zu sinken, bis die unerträgliche Helligkeit genau über den deutlich sichtbaren Fingern der Gruppe aufrecht stehender Steine stand und die Steine selbst in der lodernden Glut unsichtbar wurden.

7. Kapitel
    »Also, ich glaube, dass er unter dem
Grauen Haus
vergraben ist.«
    »Ja, die Einbrecher haben versucht, die Fußbodenbretter loszumachen.«
    »Aber sie haben nach der Karte gesucht, nicht nach dem Gral.«
    »Das stimmt. Denk daran, was Großonkel Merry gesagt hat. Sie wussten nicht, wonach sie suchten, er auch nicht. Es könnte ein Schlüssel wie die Landkarte, es könnte aber auch der Gegenstand selbst gewesen sein.«
    »Nun, der Schlüssel war im
Grauen Haus,
warum sollte der Gegenstand selbst nicht auch dort sein?«
    »Aber hör doch mal, du Idiot«, sagte Simon und entrollte das Manuskript, »das
Graue Haus
ist gar nicht eingezeichnet, an der Stelle ist nicht einmal ein Fleck. Es hat damals noch gar nicht existiert. Denk doch daran, dass unser Cornwallmann vor neunhundert Jahren gelebt hat.«
    »Oh.«
    Sie saßen auf dem grasbewachsenen Abhang von Kenmare Head neben einem der schmalen Trampelpfade, die im Zickzack zum Kamm hinaufführten. Großonkel Merry hatte sie allein gelassen. »Einen Vorsprung, um den ersten Hinweis zu finden«, sagte er, »während ich die Spürhunde ablenke. Aber einen Rat gebe ich euch — fangt erst am Nachmittag an. Verbringt den Morgen am Strand oder sonst wo. Dann seid ihr sicher, dass die Spürhunde weg sind.«
    Dann war er mit dem Vater zum Fischen gefahren. Dieser wollte sein Glück an einer Stelle vor einer Landspitze versuchen, die eine Meile entfernt war. Und tatsächlich, als ihr kleines Boot mit Vater am Steuer und Großonkel Merrys aufrechter hoher Gestalt im Bug aus dem Hafen hinaustuckerte, hatte sich die
Lady Mary,
die weiß in der Sonne schimmerte, innerhalb weniger Minuten hinter ihnen hergemacht; ihr Motor surrte leise über die stille morgendliche See.
    Die Kinder, die die Yacht vom Haus aus beobachteten, hatten gesehen, wie ihre Segel sich langsam entfalteten und sich blähten, als sie in die Bucht hinauskam. Sie schlug einen weiten Bogen in die offene See hinaus, aber von ihrem Kurs aus würden sie Großonkel Merry und den Vater immer im Auge behalten können.
    Hier oben auf dem Vorgebirge kitzelte die Nachmittagssonne ihre nackten Beine und es wehte eine leichte Brise. »Oh Gott«, sagte Jane niedergeschlagen; sie zog einen Grashalm aus seiner Scheide und knabberte daran. »Es ist hoffnungslos. Wir wissen einfach nicht, wo wir anfangen sollen. Vielleicht sollten wir dahin zurückgehen, wo wir gestern waren.«
    »Aber wir wissen, wie von dort aus die Dinge aussehen.«
    »Aber was für Dinge?«
    »Nun — diese Landzunge und die See und die Sonne — und die Steine hier oben auf dem Kamm.« Barney wies über ihre Köpfe den Abhang hinauf. »Ich glaube, die haben etwas damit zu tun.

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