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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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für die ein hoch gewachsener, mit roten Bändern geschmückter Mann Flöte spielte, eine fröhliche, ins Ohr gehende kleine Melodie. An einer Stelle stolperten sie auf dem glatten grauen Pflaster beinahe über einen zerknittert aussehenden, zerbrechlichen alten Mann, der mit Kreide auf dem Boden malte. Will konnte einen kurzen Blick auf das Bild werfen, auf einem runden Hügel stand ein großer grüner Baum, aus dessen Ästen ein helles Licht schien, dann führte der Flötenspieler die Tänzer mit seiner Musik an ihm vorbei, und er wurde von der Menge davongetragen.
    Gwions bärtiges Gesicht war immer noch in der Nähe, bewegte sich mit ihm. »Bleib in meiner Nähe!«, rief er. Aber Will fiel jetzt auf, dass in dieser Menschenmenge keine anderen Blicke als die Gwions ihre eigenen Blicke trafen. Die Leute um sie herum schienen sie jetzt sehen zu können und sahen sie an, wie sie jeden anderen Passanten ansehen würden, anstatt ihnen ein leeres Gesicht zuzuwenden, als existierten sie für sie nicht. Aber niemand sah ihn oder Bran richtig an; sie nahmen keine Notiz von ihnen, kein Interesse schimmerte auf. Er dachte: Ein kleines Stück Weges haben wir geschafft — wir sind jetzt
hier,
aber nur eben dies. Vielleicht sehen sie uns später richtig, wenn wir das, was von uns erwartet wird, was es auch sein mag, gut machen ...
    Gelächter erscholl auf dem von Menschen wimmelnden Platz; es kam aus einem Kreis lachender Gesichter, die einem Jongleur zugewandt waren. Köstliche Gerüche wehten herüber von den Ständen, wo Essen verkauft wurde. Ein feiner Sprühregen streichelte Wills Gesicht, und er sah die glitzernden Tropfen eines Springbrunnens, die wie ein Strom von Diamanten zur Sonne aufflogen und wieder zurückkehrten. Er sah Bran vor sich, das blasse Gesicht hinter den dunklen Brillengläsern strahlte, als er Gwion lachend etwas zurief. Dann entstand in der Menge eine Bewegung, Köpfe wandten sich um, Körper wurden gegen Will gepresst. Er hörte die Hufe von Pferden, das Klirren von Pferdegeschirr, das Ächzen und Rumpeln von Rädern. Zwischen den vielen Köpfen hindurch konnte er einen Blick auf Reiter erhaschen, die, barhäuptig und in Blau gekleidet, auftauchten und wieder verschwanden. Das Rumpeln wurde lauter; er sah jetzt eine Kutsche mit dunkelblauem, prächtig mit Gold verziertem Dach und blauen Federbüschen davor, die auf den Köpfen großer nachtschwarzer Pferde tanzten.
    Die Hufschläge wurden langsamer, Räder quietschten auf der mit Steinen gepflasterten Straße; die Kutsche blieb stehen, leicht hin und her schaukelnd. Gwion war wieder in der Nähe und zog Will und Bran mit sich nach vorn. Die Menge machte ohne Schwierigkeiten ehrerbietig Platz; beim Anblick von Gwions erhobenem grauem Kopf wich jeder sofort zur Seite. Dann stand die Kutsche direkt vor ihnen, plötzlich von gewaltigen Ausmaßen, wie ein schimmerndes blaues Schiff, das an kräftigen Lederriemen in einem hochrädrigen, geschwungenen Rahmen hing. Ein goldenes Wappen war in die polierte Tür über Wills Kopf eingraviert. Die schwarzen Pferde stampften und schnaubten. Es war kein Kutscher zu sehen.
    Gwion öffnete die Tür der Kutsche, griff nach innen und brachte einen Tritt zum Einsteigen zum Vorschein.
    »Komm, Will«, sagte er.
    Will blickte unsicher auf. Das Innere der Kutsche lag im Schatten verborgen.
    »Dir geschieht nichts«, sagte Gwion. »Verlasse dich auf deinen Instinkt, Uralter.«
    Will sah scharf, forschend in die von Lachfalten umgebenen Augen in dem kraftvollen Gesicht. Er fragte: »Kommen Sie auch?«
    »Noch nicht«, sagte Gwion. »Zuerst du und Bran.«
    Er half ihnen hinauf und schloss die Tür. Will setzte sich hin und schaute hinaus. Um Gwion bewegte sich schnatternd die Menschenmenge. Man begann wieder, sich um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern, fröhlich gestimmt im Sonnenschein.
    In der Kutsche war es kühl und dämmerig; die tiefen gepolsterten Bänke rochen nach Leder. Ein Pferd wieherte. Hufe klapperten und die Kutsche setzte sich in Bewegung.
    Will lehnte sich zurück und sah Bran an. Bran nahm die Brille ab und grinste ihn an.
    »Erst Pferde, dann eine vierspännige Kutsche. Was sie uns wohl als Nächstes anbieten werden? Glaubst du, dass sie einen Rolls-Royce haben?« Aber er hörte nicht auf seine eigenen Worte. Er blinzelte zu den Gebäuden hinüber, die sich an den Fenstern vorbeibewegten, und setzte sich die dunkle Brille wieder auf die Nase.
    »Ein großer Vogel«, sagte Will leise. »Oder ein

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