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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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mit leerer Stimme: »Der Reiter, der schwarze Reiter, einer der großen Herren der Finsternis ...« Plötzlich setzte er sich steil aufrecht und seine Augen glühten. »Wir dürfen ihn nicht gehen lassen, jetzt, da er uns gesehen hat, wir müssen ihm folgen!« Seine Stimme erhob sich, schrill und fordernd, als rufe er die ganze Kutsche an, als sei sie lebendig: »Folgen! Folge ihm! Folgen!«
    Die Kutsche wackelte wieder schneller, der Lärm wuchs und die Pferde stürzten ungestüm voran. Bran suchte nach einem Halt. »Will, bist du verrückt! Was tust du? Folgen ...
dem?«
Sein Entsetzen ließ das Wort halb kreischend herauskommen.
    Will kauerte in einer der schwankenden Ecken und sagte mit entschlossenem Gesicht: »Wir müssen ... wir müssen wissen ... Halt dich fest. Halt dich fest. Er verursacht das Entsetzen durch sein Reiten. Wenn wir ihn jagen, wird es nachlassen. Halt dich fest, lass uns abwarten ...«
    Sie bewegten sich jetzt schnell voran, doch ohne den Schrecken einer panischen Flucht. Die Pferde galoppierten stetig und kraftvoll dahin und zogen die Kutsche hinter sich her wie ein Kinderspielzeug. Es wurde immer heller, als ob keine Wolke mehr in der Nähe sei, und bald strahlte wieder Sonnenlicht durch die offenen Fenster zu ihnen herein. Die eine Seite der breiten Straße war immer noch von steinernen Arkadenbauten gesäumt, doch auf der anderen Seite sahen sie jetzt hohe Bäume und weichen Rasen, der sich in grüne Fernen erstreckte; Pfade und Kieswege durchkreuzten die weite Rasenfläche hier und dort.
    »Das muss ... dieser Park sein.« Brans Stimme kam zwischen einem Ruck und dem nächsten stoßweise hervor. »Der, den wir ... am Anfang sahen ... vom Dach aus.«
    »Vielleicht ist er es. Sieh mal!«
    Will zeigte nach vorn, wo zwei Reiter die Straße verlassen hatten und in kurzem Galopp, jetzt offensichtlich ohne Hast, einen der schmalen Wege durch den Park hinunterritten. Sie bildeten ein seltsames Paar, wie Figuren eines Schachbretts: einer der Reiter in schwarzer Kapuze und schwarzem Umhang auf einem kohlschwarzen Pferd, der andere in weißer Kapuze und weißem Umhang auf einem Pferd, das so weiß war wie Schnee.
    »Folgen!«, rief Will.
    Bran sah die lange, leere Straße vor ihnen hinunter, als sie von ihr abbogen. »Aber es waren so viele — wie eine große, dunkle Wolke. Wo sind sie geblieben?«
    »Wo die Blätter im Herbst bleiben«, sagte Will.
    Bran sah ihn an und schien sich plötzlich zu entspannen; er grinste. »Das war ja echt poetisch.«
    Will lachte. »Es stimmt. Das Problem mit Blättern ist natürlich, dass sie wieder wachsen ...«
    Aber seine Aufmerksamkeit galt den beiden hoch gewachsenen Reitern, die sich deutlich gegen das sanfte Grün des Parks absetzten. Nach kurzer Zeit blieb der Weiße Reiter, so nannte er ihn bei sich, etwas zurück und trabte ruhig davon. Die Kutsche fuhr weiter und folgte der schwarzen, aufrechten Gestalt des zweiten Reiters.
    Bran fragte: »Warum sind wohl einige von den Reitern der Finsternis ganz in Weiß und die Übrigen ganz in Schwarz gekleidet?«
    »Ohne Farbe ...«, sagte Will nachdenklich. »Ich weiß es nicht. Vielleicht weil die Finsternis nur Menschen in extremen Situationen erreichen kann — geblendet von ihren eigenen schillernden Ideen oder eingeschlossen in die Dunkelheit ihrer eigenen Köpfe.«
    Die Räder knirschten auf dem Weg. Sie sahen symmetrisch angelegte Blumenbeete zu beiden Seiten, mit weißen Steinbänken dazwischen, und hier und dort saßen Leute auf den Bänken oder gingen spazieren und Kinder spielten. Keiner von ihnen hatte mehr als einen kurzen, nur mäßig interessierten Blick übrig für den Schwarzen Reiter, der auf seinem großen schwarzen Pferd einherstolzierte, oder für die federgeschmückten Hengste, die die schwankende blaue Kutsche mit dem goldenen Wappen an der Tür zogen.
    Bran sah einen alten Mann aufblicken, die Kutsche mustern und sich sofort wieder seinem Buch zuwenden. »Sie können uns jetzt sehen. Aber sie scheinen ... es ist ihnen
gleichgültig.«
    »Vielleicht interessiert es sie später«, sagte Will. Die Kutsche blieb stehen. Er öffnete die Tür und schob den Tritt mit dem Fuß hinunter. Sie sprangen hinab auf den knirschenden Kies des weißen Weges; als sie dann sahen, was alles sie umgab, blieben beide stehen, für einen Augenblick von Entzücken gefangen genommen.
    Die Luft war von Düften erfüllt und überall blühten Rosen. Rechtecke, Dreiecke, Kreise leuchtender Blüten schmückten den Rasen

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