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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Scheide. Gwion? Ich habe doch eine Scheide für das Schwert gemacht?«
    Gwions Lächeln ließ sein Gesicht aufleuchten. »Das habt Ihr, Majestät, aus Leder und Gold. Und etwas muss die Leere, wie Ihr es nennt, aufgebrochen haben in Euch — sonst würdet Ihr Euch nicht daran erinnern.«
    »Es war ...« Der König runzelte die Stirn. Er schloss die Augen, als habe er Schmerzen. Dann öffnete er sie unvermittelt wieder und zeigte durch den gewölbten Raum auf eine einfache Truhe aus hellem Holz, mit dem Bild eines auf einem Fisch reitenden Mannes auf der einen Seite.
    Gwion ging zur Truhe und klappte den Deckel auf. Nach einem Augenblick sagte er: »Hier sind drei Dinge.« Seine Stimme klang merkwürdig, drückte ein Gefühl aus, das Will nicht verstand.
    Der König sagte abwesend: »Drei?«
    Gwion holte aus der Truhe eine Scheide und ein Schwertgehenk aus weißem Leder mit Goldstreifen hervor. »Um das Funkeln ein wenig zu verhüllen«, sagte er lächelnd und hielt Bran beides entgegen.
    »Bran«, sagte Will langsam, auf schwache Stimmen in seinem Inneren lauschend. »Ich glaube ... du solltest das Schwert noch nicht in die Scheide stecken, im Augenblick noch nicht.«
    Bran, das Schwert in der einen, die Scheide in der anderen Hand, sah ihn mit gehobenen Augenbrauen an, den weißhaarigen Kopf hochmütig zur Seite geneigt, wie er es vorher nicht getan hatte. Dann durchlief ihn ein kurzes Frösteln, und er war wieder Bran und sagte nur: »In Ordnung.«
    Gwion, noch immer an der Truhe, sagte: »Und dann ist da ... dieses.« Seine Stimme zitterte und seine Hand auch, als er eine kleine, glänzende Harfe hervorholte. Er blickte hinüber zu seinem König. »Noch vor wenigen Augenblicken, mein Gebieter, wünschte ich, dass ich meine Harfe hätte, die ich in der Stadt zurückließ, sodass ich Euch etwas vorspielen könnte wie in den alten Zeiten.«
    Der König lächelte liebevoll. »Das ist auch deine Harfe, Spielmann. Ich habe sie vor langer Zeit für dich gemacht, während der ersten Tage im Turm, als ich gegen die Verzweiflung kämpfte, darum kämpfte weiterzuarbeiten ...« Er schüttelte erstaunt den Kopf. »Ich hatte es vergessen, es ist so lange her ... ich hatte die Einsamkeit gewählt, das Rad verwehrte allen den Zugang zu diesem Turm, aber ich vermisste dich und deine Musik so sehr, dass ich die Harfe baute. Für meinen Gwion, für meinen Taliesin, für meinen Spieler.«
    »Und in einer kleinen Weile werde ich für Euch darauf spielen«, sagte Gwion.
    »Du wirst feststellen, dass sie gestimmt ist«, sagte der König, und sein Lächeln spiegelte den Stolz des Schöpfers auf sein Werk wider.
    Gwion legte die Harfe auf den Boden und griff wieder in die Truhe; er brachte einen kleinen, mit einer Kordel zusammengebundenen Lederbeutel zum Vorschein. »Das ist der dritte Gegenstand«, sagte er, »aber ich weiß nicht, was es ist.«
    Er öffnete den Beutel, und ein Strom kleiner blaugrüner Steine kullerte in seine andere Hand, glatt, schimmernd, rundlich, als kämen sie aus dem Meer. Einer fiel auf den Boden; Will hob ihn auf und ließ ihn auf seiner Handfläche hin und her rollen und betrachtete das Farbmuster in der glatten, unregelmäßigen Form.
    Der König warf einen kurzen Blick auf die Steine. »Hübsch, aber wertlos«, sagte er. »Ich erinnere mich nicht an sie.«
    »Vielleicht wolltet Ihr einst mit ihnen arbeiten.« Gwion legte die Steine in den Beutel zurück. Will hielt ihm den Stein, der hinuntergefallen war, entgegen.
    Gwion lächelte ihn plötzlich an. »Behalte ihn«, sagte er heiter. Er wählte einen anderen Stein und reichte ihn Bran. »Und einer für dich, Bran. Ihr solltet beide einen Talisman haben. Ein Stück aus einem Traum, das ihr aus dem Verlorenen Land mit euch nehmt.«
    Der König sagte leise, mit leerer Stimme: »Verloren ... verloren ...«
    Das ferne Grollen draußen ertönte wieder, lauter als vorher. Plötzlich verblasste das Sonnenlicht, das durch das Kuppeldach hereinstrahlte, und es schien viel dunkler im Raum.
    Bran sah sich um. »Was ist das?«
    »Es ist der Anfang«, sagte der König. Seine dünne Stimme war jetzt kräftiger, lebendiger, wie auch sein Gesicht lebendiger war, und obwohl es sehr deutlich zeigte, dass er resigniert hatte, fehlte jetzt jede Spur von der schrecklichen schwarzen Leere der Verzweiflung.
    Will sagte instinktiv: »Wir dürfen nicht unter diesem Dach bleiben.«
    Gwion seufzte. Er sah Will mit ironischer Zuneigung an, und Will vergaß diesen Blick später nie: der

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