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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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die Meinen, eine ganze Menge für etwas zu riskieren, das mir wie ein ziemlich verrücktes Wagnis erscheint. «
    »Du musst natürlich deine eigenen Prioritäten setzen«, sagte Didi ruhig.
    »Ist das eine implizite Variable in einer Do-Schleife?«
    »Nein, Jungchen. Es ist eine guter, alter jüdischer Trick, damit sich der andere schuldig fühlt.«
    Cohen rieb wieder Rolands Stirn, versuchte den Schmerz zu vertreiben.
    »Es gibt eine Sache, über die ich nicht hinwegkomme, Didi, und das ist Tel Aviv. Ich war dort. Ich weiß, dass es keine so klare Rechtfertigung gab, wie du es im Nachhinein hinstellst. Ich glaube, Gavi war unschuldig. Und davon bin ich nicht nur überzeugt, weil ich es gern so hätte.«
    »Es ist dir doch bestimmt schon in den Sinn gekommen, dass du nicht alles weißt.«
    »Natürlich. Aber ich kenne Gavi.«
    Schweigen.
    »Ich meine, was wäre die Motivation gewesen? Etwas Geld? Ich bitte dich! Weißt du, was er mit dem Geld gemacht hat, als die Tantiemen für KÜNSTLICHES LÜGEN anrollten? Er hat sich fünfzehn neue Paare Socken und Unterwäsche gekauft, damit er von zweimal Waschen im Monat auf einmal umsteigen konnte.«

    Didi lächelte wohlwollend. »Das klingt ganz nach Gavi.« Das freundliche Lächeln blieb für einen Moment auf seinen Lippen, verblasste dann aber zu einem Ausdruck, den Cohen nicht benennen wollte. »Es klingt aber auch nach dem grundsätzlichen Persönlichkeitstypus eines jeden unmaterialistischen, ideologisch motivierten Doppelagenten auf hoher Ebene, wie er in den klassischen Fallstudien beschrieben wird.«
    »Blödsinn. Diese Kerle waren alle frustrierte Ehrgeizlinge. Aber Gavi und Ehrgeiz passen einfach nicht in denselben Satz. Gavi wäre damit zufrieden gewesen, für den Rest seines Lebens in deinem Schatten zu sitzen. Oder in Ashs Schatten, wenn es dazu gekommen wäre. Er wollte nie an der Spitze des Mossad sitzen, nur die Flussdiagramme umschreiben und mit den Datenabstraktionsmodellen herumspielen. «
    »Genau. Komisch, nicht wahr? Gavi hatte das Charisma und die physische Stärke, um Agenten ins Feld zu führen … aber er ist immer lieber der gewesen, der im Schatten steht, die Schlüssel in der Hand hält und weiß, wo all die Hintertürchen sind. Vergiss den Freund, den du zu kennen glaubst. Vergiss die großen Augen und das Kleine-Jungen-Grinsen und das zerknitterte T-Shirt. Was kannst du aus den Entscheidungen schließen, die er in seiner Karriere getroffen hat?«
    »Ach, komm schon, Didi! Jeder Spleen macht einen schlechten Eindruck, wenn man von der Prämisse ausgeht, dass ein Mann ein Verräter ist. Ich will damit nicht sagen, dass du einer von denen bist, die ihn schon wegen seines Nachnamens verdächtigt haben. Aber ich muss trotzdem fragen, warum? «
    »Jeder hat seine dumme Blondine und seinen gemieteten Ferrari.«
    Die »Dumme-Blondine-und-gemieteter-Ferrari«-Regel, im Amt als die Regel S bekannt, war Teil des Ewigkeiten alten
Mossad-Lexikons. Sie bezog sich auf eine berühmte Mossad-Operation, bei der eine Feldmannschaft einen irakischen Nuklearphysiker rekrutiert hatte, indem man eine blonde Katsa wie ein Flittchen aufgetakelt und jeden Morgen in einem gemieteten roten Ferrari an seiner Haltestelle hatte vorbeifahren lassen. Als sie ihm schließlich anbot, ihn mitzunehmen, willigte er gern ein – Leine, Haken und Senkblei.
    Die logische Schlussfolgerung, die sich Jahrhunderten verdeckter Arbeit verdankte, bestand darin, dass man einen potenziellen Rekruten leicht an Bord holen konnte, wenn man seine empfindlichste Stelle kitzelte. Es war nur eine Frage, sich durch genug Müll zu kämpfen, um diese Stelle zu finden. Bei manchen Leuten war es Sex und Geld. Bei anderen war es die Verlockung einer Intrige oder das Bedürfnis, sich auf Seiten der Engel zu fühlen; oder der Drang, es einem herrischen Elternteil zu zeigen, indem man etwas Wagemutiges tat – und sei es nur im Geheimen.
    Niemand war immun dagegen. Jeder hatte etwas zu beweisen oder eine süße Illusion, die er nicht preisgeben wollte. Selbst die Gesegneten – Leute wie Gavi, die durch den Morast menschlicher Gier und Kleinlichkeit zu marschieren schienen, ohne sich davon beeinflussen zu lassen – sogar sie hatten ihre dumme Blondine und ihren gemieteten Ferrari.
    »Nicht Gavi«, sagte Cohen.
    »Auch Gavi.«
    »Nicht Gavi.«
    »Wenn du wirklich davon überzeugt bist«, sagte Didi so sanft, dass Cohen die Falle erst zuschnappen hörte, als er schon darin zappelte, »gebe ich dir die

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