Lichtjagd
Gelegenheit, es zu beweisen.«
»Und welche Garantie habe ich, dass du ihn nicht wieder den Wölfen zum Fraß vorwirfst, nur um auf Nummer Sicher zu gehen?«
Statt zu antworten, beugte Didi sich vor, um den Stamm der nächsten libanesischen Zeder zu inspizieren. Aus dem
Haus hörte Cohen die stürmischen Eröffnungstakte einer Mazurka von Chopin.
»Der Baum stirbt«, sagte Didi. Er riss ein Stück Rinde von dem großen Stamm und zerrieb sie zwischen den Fingern, bis roter Staub wie Blut auf den Gartenweg rieselte. »Im Holz stecken Würmer. Der Baumchirurg will den Baum fällen, bevor sich die Fäule auf die anderen Bäume ausbreitet. Ich finde es eine schreckliche Verschwendung. Meine heranwachsenden Töchter haben in diesem Baum gespielt. Ich dachte, er würde mich überleben. Aber der Baumchirurg sagt, wenn wir zu lang warten, wird sich die Fäule ausbreiten, und wir verlieren das ganze Gehölz. Und ein Baum, wie sehr man ihn auch geliebt hat, scheint mir ein kleiner Preis für die Sicherheit der übrigen zu sein.«
Sie gingen durch die Garage, auf demselben Weg, den sie gekommen waren.
Als er für die Heimfahrt in Didis Wagen stieg, drehte sich Cohen um und sah Li und Ash zusammen im Flur stehen. Ash hatte sich gebückt und ihren glatten Kopf Li entgegengebeugt, um der kleineren Frau etwas ins Ohr zu flüstern. Li stand da wie der Fels, der sie war, die Arme über der Brust verschränkt, die Stirn in Falten, die Lippen geschürzt, und nickte angespannt.
»Worüber habt ihr gesprochen?«, fragte Cohen, als sie sich neben ihn in den Wagen setzte.
»Über nichts. Sie war drei Jahre lang die Verbindungsperson zwischen dem Mossad und dem UNSR. Sie fragte mich nur nach ein paar gemeinsamen Freunden.«
Aber in der Stille hinter den Worten fühlte er sie zurückweichen, und er schmeckte den bittersüßen Geschmack eines schmutzigen kleinen Geheimnisses.
Frustration
(Zufallsspaziergänge über eine zerklüftete Fitnesslandschaft)
► EMET – und die palästinensische Antwort auf EMET – haben die Natur des Krieges selbst verändert. Die Kämpfe an der Grünen Grenze waren kein Wettstreit zwischen Armeen aus individuellen Menschen oder Neomenschen, sondern ein quasibiologisches Wettrüsten zwischen zwei riesigen und sich in wechselseitiger Abhängigkeit entwickelnden Emergenten KIs. Das Schlachtfeld wurde eine Fitnesslandschaft. Taktische Planungen wichen Spinglasmodellierungen, virtuellem Auskühlen und drift-verstärkten, gedächtnisbasierten Lernalgorithmen. Der Krieg wurde aus dem Reich der menschlichen Ethik und Moral in den Boden einer Schönen Neuen Welt verpflanzt, wo Worte wie Schuld , Heldentum , Feigheit und Opfer nur das sprachliche Echo einer veralteten Waffengattung waren.
Yoshiki Kuramoto TN 283854-0089.
Ist der Mond noch da, wenn niemand hinschaut?
Mein imaginäres Leben in der Mathematik ,
New Delhi University Press, Indischer Sektor 2542
U nd warum sollte ich dir helfen?«, fragte Osnat, als Arkady endlich eine Gelegenheit hatte, seine Bitte vorzubringen.
Sie hatte die Angewohnheit, den Kopf zur Seite zu drehen, wenn sie mit einem sprach, damit sie einen mit dem gesunden Auge fixieren konnte. Es erinnerte Arkady an Falken, die er in alten Spinvideos gesehen hatte.
»Weil …«, begann er. Aber er konnte keinen Grund nennen. Es sei denn, das vage Gefühl, dass sie der einzige Mensch war, der ihn nicht hasste oder verabscheute, sei ein Grund.
»Arkady …«, begann sie, verstummte aber wieder. »Es wäre sehr viel einfacher, mich mit dir zu unterhalten, wenn ich deinen richtigen Namen wüsste.«
»Ich habe keinen anderen Namen.«
»Was sollte dann der ganze Unsinn über Bezeichnungen und Kategorien, den Korchow da abgesondert hat? Wie viele Arkadys gibt es denn eigentlich?«
Wieder Mosches Frage. Aber von Osnats Lippen klang sie anders.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er. »In meinem Geburtsjahrgang gab es sechshundert.«
»Und wenn dir einer der anderen über den Weg läuft, nennst du ihn einfach …«
»Arkady.«
»Nur diesen Arkasha nicht.«
»Korchow hat ein bisschen übertrieben, was das angeht. « Arkady rutschte unbehaglich herum. »Es ist ein Spitzname. Er ist nicht der Einzige, der je einen Spitznamen hatte.«
Osnat zögerte sichtlich, holte Atem und gab einen unterdrückten Seufzer von sich. »Was ist eigentlich mit Korchow?«, fragte sie in einem Ton, der andeutete, dass es nicht die Frage war, die sie eigentlich stellen wollte. »Ich hätte nicht gedacht,
Weitere Kostenlose Bücher