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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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halbe Ewigkeit zu beißen. »Sich für jemand anderen zu freuen, scheint mir ein weniger erstrebenswerter Zustand zu sein, als sich wirklich zu freuen«, sagte er schließlich.
    »Sagen wir, es ist ein anerzogener Geschmack.«
    Doch sobald er allein war – soweit er überhaupt allein sein konnte –, stützte er den Kopf in beide Hände und lachte, bis Tränen in Rolands Augen traten.
     
    »Wo gehst du hin, Catherine?«
    »Nach draußen.«
    »Um Ash zu sehen?«
    »Du benimmst dich mies, Cohen. Hör damit auf. Und falls es dich interessiert: Ich schlafe nicht mit ihr.« Li rieb sich mit einem Handrücken über die Nase. »Offen gestanden bin ich so allergisch gegen dieses Drecksloch von einem Planeten, dass ich nicht einmal an Sex denken kann.«
    »Warum setzen wir uns nicht zusammen und reden darüber, was dir solche Sorgen macht?«
    »Weil ich mir keine Sorgen mache, wär’s ein kurzes Gespräch. «
    »Du willst gehen, nicht wahr?«
    »Habe ich das nicht gerade gesagt?«
    »Ich meine nicht jetzt. Wenn du nur mit mir reden würdest …«

    Sie wurde weicher, einer dieser abrupten Stimmungswechsel, die Cohen immer aus der Fassung brachten. »Du kannst mir nicht helfen, Cohen. Ich weiß, du meinst es gut, aber … du kannst mir nicht helfen.«
    »Und das war’s?«, fragte Cohen. »Keine Diskussion? Keine Fragen? Nur auf Wiedersehen, Cohen, und mach dir ein schönes Leben?«
    Er setzte sich aufs Bett, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf den Boden. Er wusste, dass er sich kindisch aufführte, aber er konnte nicht anders. Und warum sollte er auch? Li benahm sich auch nicht unbedingt wie eine reife Erwachsene. Und was es noch schlimmer machte: Er konnte über das inaktive Intraface spüren, dass sie genau wusste, was er fühlte. Die Erinnerung an ihre letzte Trennung und all die Demütigung und Frustration, die sie mit sich gebracht hatte. Die beängstigende Gewissheit, dass sie, wenn sie ging, die Tür für all die alten, müden, gehässigen Gespenster öffnen würde, die ihn vor ihrer Ankunft geplagt hatten. Die Panik bei dem Gedanken, sie für immer zu verlieren – eine Panik, die eher verschärft denn gemildert wurde durch den lähmenden Verdacht, dass es keine echte Liebe war, sondern dass lediglich seine Rückkopplungsschleifen in eine emotionale Übersteuerung gerieten bei der Aussicht, künftig auf einen registrierten Spieler verzichten zu müssen. Der Router /Decomposer würde sagen, dass Motive nicht zählten, sondern nur Handlungen. Aber dieses Motiv zählte doch …
    »Ich hoffe, du tust mir den Gefallen, mich auf eine vernünftige Weise über deine Entscheidung zu unterrichten, bevor du aussteigst«, sagte er. Zitterte seine Stimme wirklich? Unmöglich. Aber es schien so.
    »Ich war mir nicht bewusst, dass ich eine Angestellte bin«, sagte Li kalt. »Aber ich bringe dich sicher in den Ring zurück. Ich bin froh, dass wir das geklärt haben.«
    Sie ging und zog die Tür so bedacht und gleichmäßig hinter sich zu, dass Cohen sicher war, sie hätte sie am liebsten
zugeschlagen. Er trat ans Fenster, legte eine von Rolands feingliedrigen Händen mit gespreizten Fingern an die Scheibe, bis er sie aus dem Haupteingang des Hotels gehen und in die Seitenstraße Richtung Altstadt einbiegen sah. Er fühlte sich krank. Ihm war, als müsse er sterben. Er konnte Rolands Herz wie einen verwundeten Vogel in seiner Brust pochen spüren. Wer konnte sagen, wie viele Jahre seines Lebens den Jungen Cohens Konflikte kosten würden? Er war seit der Zeit bei der DARPA nicht mehr so außer Kontrolle gewesen. Und damals war er noch sehr viel kleiner und schwächer gewesen.
    Fast ohne darüber nachzudenken, schlüpfte er ins Netzwerk des Hotels und schaltete das Stromnetz gerade lang genug aus, dass über ihm die Lampen flackerten. Danach fühlte er sich allerdings noch nicht viel besser, deshalb schaltete er sich ins Stromnetz der Stadt ein und drosselte versuchsweise die Energie. Die Ergebnisse waren wohltuend spektakulär. Eine dunkle Welle schwappte über die Skyline. Lampen flackerten und wurden dunkel, der Lärm der nächtlichen Stadt machte einer betäubten Stille Platz. Aus den Nachbarzimmern drang Gemurmel, als die anderen Gäste aufgeregt durcheinander plapperten und an ihre Fenster traten. Das Beste war aber, dass er durch eine Überwachungskamera über einem Laden einige Häuserblöcke weiter Li sehen konnte, die über die Schulter ängstlich in die sich vertiefende Dunkelheit zurückschaute.
    Um

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