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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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beantwortet!«
    »Oh.« Cohen grinste. »Übertreib mal nicht.«
    »Cohen …«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »… wenn du nicht nein sagen kannst, wie könnte ich dich dann je um etwas bitten?«
    »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass du und Catherine und der Router/Decomposer hinter meinem Rücken über mich geredet habt. Übrigens, ist dir aufgefallen, Gavi, dass du letzte Woche fast an die Decke gegangen bist, als ich vorgeschlagen habe, mich ein wenig für die Wiederbelebung deiner Karriere einzusetzen? Und jetzt bittest du mich fröhlich, Dekohärenz zu riskieren, um dir bei einem abenteuerlichen Plan zu helfen, den niemand sonst für Liebe oder Geld durchführen würde.«
    »Worauf willst du hinaus, kleine KI?«

    »Auf nichts. Ich dachte nur, ich sollte es erwähnen. Manchmal erinnerst du mich ein kleines bisschen an Leila.«
    Gavi lächelte – aber sein Lächeln verblasste, als ihm klar wurde, dass er ihren Namen von Cohens Lippen gehört hatte, ohne den alten vertrauten Stich der Trauer zu spüren. »Ich wünschte, ich könnte mich so an sie erinnern wie du«, flüsterte er, weil er seiner Stimme nicht genug vertraute, um es laut auszusprechen.
    »Vielleicht lieber nicht«, sagte Cohen. »Es gibt viele Volkserzählungen über Geister, die nicht zur Ruhe kommen, weil ihre Geliebten noch immer um sie trauern. Vielleicht ist es besser, wenn die Toten verblassen, Gavi. Vielleicht ist es besser, wenn die Lebenden vergessen.«
     
     
     
    I n Cohens Traum hatte Gavi sein Bein zurückbekommen. Er stand auf Zehenspitzen, weil Cohen in dem Traum sehr groß geworden war, ein stummer Riese aus Lehm und Schlamm.
    Deine Arbeit ist getan , sagte Gavi.
    Als er die Worte aussprach, war Li dabei, ruhig und mit klaren Augen, und Didi stand an ihrer Seite.
    Zeit zu vergessen , sagten sie zu ihm.
    Und dann legte sie die Hände auf sein Gesicht, und ganz, ganz sanft wischte sie ihm den ersten Buchstaben des Namens der Wahrheit von der Stirn …
     
    »Ich habe eine Entscheidung fürs Leben getroffen«, erklärte der Router/Decomposer. »Darf ich davon erzählen?«
    Er will gehen, vermutete Cohen. Was konnte es sonst sein? Und was konnte sein Abgang mit sich bringen außer Ärger und Unannehmlichkeiten, Befragungen und Streitigkeiten und die unvermeidlichen Verstimmungen, die weitere Abgänge nach
sich zogen? Alles fiel auseinander, alle ließen ihn im Stich, es was alles seine Schuld, und er konnte nicht das Geringste daran ändern.
    »Natürlich kannst du’s mir sagen«, sagte er mit der inneren Entsprechung eines gezwungenen Lächelns.
    »Ich werde meinen Namen ändern.«
    »Toll! Ich wollte sagen … äh, in was?«
    »Kuramoto.«
    »Wie in Yoshiki Kuramoto?«
    »Genau.«
    Yoshiki Kuramoto. Ein kühner, intuitiver Mathematiker aus dem Zwanzigsten Jahrhundert, der die ersten nennenswerten Vorstöße zur formalen Beschreibung spontaner Synchronitäten unternommen hatte, die in bestimmten Typen komplexer und mathematisch sperriger Systeme emergent auftreten konnten, darunter die Josephson-Batterien und Spinglas-Matrizen des Router/Decomposers. Wenn der Router /Decomposer sich von jemandem den Namen leihen wollte, dann war Kuramoto eine logische, sogar geschmackvolle Wahl.
    »Warum Kuramoto?«
    »Der Name drückt einen gewissen Anspruch aus«, erklärte der Router/Decomposer, jetzt Kuramoto, mit einer ironischen Überschwänglichkeit, die seiner Ernsthaftigkeit keinen Abbruch tat. »Er zeigt nicht an, was ich bin, sondern was ich einmal werden will. Und, äh … außerdem kündige ich. Das CalTech hat mir gerade eine befristete akademische Stelle in angewandter Mathematik angeboten. Tut mir leid, dass ich dir nicht früher Bescheid gesagt habe. Was soll ich sagen? Es ist viel drunter und drüber gegangen.«
    »Nun ja«, sagte Cohen. »Das California Institute of Technology. Das ist schon eine Adresse. War dort schon einmal eine KI angestellt?«
    »Offenbar bin ich die erste.«
    »Na prima. Fabelhaft.«

    »Es ist natürlich unwichtig … aber irgendwie kommt mir immer wieder der Gedanke, dass ich … dass ich mich wohler fühlen würde, was immer das bedeutet, wenn du diese Entscheidung unterstützen würdest.«
    »Das tu ich. Von ganzem Herzen. Gratuliere.«
    »Meinst du das ernst? Deine affektiven Fuzzy-Set-Regler für dieses Gespräch sind schwer zu analysieren.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Aber freust du dich?«
    »Ich freu mich für dich.«
    Nach KI-Maßstäben hatte Kuramoto an dieser Bemerkung eine

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