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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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lebt, um sie zu benötigen.
    Eine dritte unbemannte Sonde wurde entsandt, diesmal eine schnittige, schwere, teure Sonde mit einer Fülle von wissenschaftlichen Instrumenten an Bord, deren Wert dem Bruttosozialprodukt eines kleineren Syndikats gleichkam. Drei Jahre nach der dritten Sonde – schließlich brauchen solche Dinge Zeit – startete das RostowSyndikat ein Schiff, das sie in einem Tempo bis zur Einsatzreife entwickelt hatten, das genau den technischen Fortschritten in der interstellaren Antriebstechnik in den sechs Jahren entsprach, die zwischen dem Start der beiden Schiffe lagen.
    Und jetzt war es nur noch eine Sache von Tagen, bis die Erkundungsmannschaft in eine Umlaufbahn um Novalis eintrat – und die eigentliche Arbeit begann, für die jeder Einzelne ausgebildet worden war, seit sie sich mit sechzehn für die wissenschaftliche Laufbahn entschieden und auf den Gebieten Geophysik, Genetik, Ingenieurwissenschaft, Astrophysik, Ozeanographie, Zoologie, Molekularbiologie, Komplexitätswissenschaft, Steuerung komplexer Systeme und all
den anderen Spezialdisziplinen geprüft worden waren, die die zur Kunst gewordene Wissenschaft des Terraformings erforderte.
    Jedes Mitglied der Erkundungsmannschaft – Arkady mit seinen Ameisen, Aurelia mit ihren genauen Messungen der geophysikalischen Prozesse des Planeten, Arkasha mit seinen DNS-Proben – war Teil eines endlosen Zyklus aus Versuch, Irrtum und Neuanpassung, der zwei intelligente Spezies, einige Dutzend Planeten und ein Jahrtausend wissenschaftlicher Untersuchungen umspannte. Und am Ende all ihrer Arbeit wartete etwas, dem sich auch schon ihre Vorfahren stellen mussten, ein Begriff, den die ersten Geophysiker auf der Erde geprägt hatten, der aber viele Jahrhunderte später immer noch ein fruchtbarer Bestandteil des Arbeitsvokabulars der Terraformer war:
    Bodenwahrheit.
    Die Bodenwahrheit war der letzte Richter, gegen dessen Urteil man keine Berufung einlegen konnte. Bodenwahrheit war das, was man vorfand, wenn man seine Messungen, Pläne und Vorbereitungen abgeschlossen hatte, sein Herz in beide Hände nahm und auf dem Zielplaneten landete. Bodenwahrheit war das, was man fand, wenn man Bodenproben nahm, wenn man mit eigenen Händen ein Echolot im Meer versenkte, wenn man durch den Wald, die Tundra oder das Grasland ging, das man aus der Umlaufbahn beobachtet hatte, und die Exemplare der Organismen, die man hier sammelte, sezierte und ihr Erbgut analysierte.
    Und dies war die zweite Quelle für Arkadys endlose Faszination hinsichtlich des Fachgebiets, das er gewählt hatte. In einem sehr realen Sinne rekapitulierte jede Expedition zu einem neuen Planeten im Kleinen die langwierige Evolution der Disziplin, die Menschen als Terraforming und Syndikatswissenschaftler als Ökophysik bezeichneten. Es mochte schon sein, dass die Erkundungsmannschaften der Syndikate mit technischen und theoretischen Werkzeugen ausgerüstet waren,
die den Menschen vor der Evakuierung nahezu wie Zauberei erschienen wären; aber jeder neue Planet, selbst wenn er ausschließlich von Lebewesen irdischen Ursprungs bewohnt wurde, präsentierte eine völlig neue Menge von Umweltparametern. Diese Parameter führten unweigerlich zu Resultaten, die frühere Theorien bestätigten – und zu Resultaten, die die Grenzen bei der verallgemeinernden Beschreibung der größten komplexen, nichtlinearen dynamischen Systeme aufzeigten, die man bislang vorgefunden hatte; Verallgemeinerungen, die auf einem einzigen Exemplar seiner Gattung beruhten. Jeder noch unerkundete Planet war, im buchstäblichen Sinne, eine neue Welt. Und nichts im weiten Universum konnte garantieren, dass der nächste Planet nicht jede bisherige Theorie über den Haufen werfen würde.
    Und genau das – auch wenn Arkady sich selbst nur mit Mühe davon überzeugte, dass es dazu kommen konnte –, würden Bellas BFS-Zahlen zur Folge haben.
    Wenn sie denn stimmten.
     
    »Du willst, dass sie ihren Job hier an Bord lernt?«, fragte Aurelia ungläubig, als Arkady zur hastig angesetzten förmlichen Beratung über – wie es die Ahmeds ausdrückten – die »BFS-Situation« eintraf. »Sie sollte ihren Job eigentlich schon beherrschen, bevor wir gestartet sind. Leute, die einer einfachen Arbeit nicht gewachsen sind, gehören auf eine Euthanasiestation, nicht auf eine Erkundungsmission im Weltraum! «
    »Ich habe die Arbeit gleich beim ersten Versuch richtig gemacht!«, protestierte die Herrische Bella. Trotz diverser Ausweichmanöver und

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