Lichtjagd
Arkasha gerichtet, als sei er die einzige andere Person im Raum. Und ein Blick in ihr Gesicht ließ für Arkady keinen Zweifel daran, dass Arkasha sich gerade eine unversöhnliche Feindin geschaffen hatte.
Der Nachtzyklus.
Kein Mond erhellte den Himmel. Novalis ragte über dem Schiff auf, sichtbar nur als ein dunkler Fleck, der noch dunkler war als die umgebende Leere.
Über die unsichtbare Krümmung der zentralen Grasländer des nördlichen Kontinents jagte ein Buschfeuer. Das verwüstete Land erstreckte sich wahrscheinlich über tausende Kilometer, aber von hier aus war das Feuer nur ein Nadelstich in der Finsternis; eine Mahnung, dass auch das Leben selbst ein
Feuer war, dass alles Leben anderes Leben verzehrte, so wie die Flammen, die über Novalis’ trächtigen Bauch leckten.
In den letzten Tagen hatten sich Arkadys Gefühle gegenüber dem Planeten auf unmerkliche Weise verändert. Seine ungeduldige Erregung hatte einer Beunruhigung Platz gemacht, die an Angst grenzte. Eine Art Lampenfieber vor dem Einsatz, sagte er sich, das durch diesen widerlichen Blödsinn über die BFS-Werte nur unangenehm angestachelt worden war. Aber eine Stimme in ihm flüsterte ihm zu, dass er dort unten sterben könnte, und wenn er starb, würde Novalis sein Fleisch verzehren und seine Knochen zermalmen, und nicht ein Molekül des Wassers, der flüchtigen Substanzen und Spurenelemente, aus denen er bestand, würde ins RostowSyndikat heimkehren. Er schaute zu dem Planeten empor, von verzweifeltem Heimweh erfüllt, und fragte sich, ob er stark genug war, um sich dieser Bodenwahrheit zu stellen. Die einzige Antwort war das Wirbeln und Flackern des Feuers.
Er schauderte und wandte sich wieder dem hellen Kokon des Schiffes zu. Die Brücke wirkte sicher und vertraut, ein letztes Stück Heimat vor dem langen Sturz in den Gravitationsabgrund. Beruhigende Statussignale waren zu hören. In der Kochnische über der Navigatorstation wetteiferte das Summen des Kühlschranks mit dem Sprudeln der Kaffeemaschine.
Arkady schwebte zum Tisch hinüber, fühlte sich vor Erschöpfung wie verflüssigt und fluchte insgeheim über denjenigen, der den ganzen Kaffee ausgetrunken und die Maschine leer zurückgelassen hatte. Er sah die Kaffeetropfen in die kugelrunde Karaffe sickern und umherschweben, bis sie schließlich gegen die Viruglas-Wände des Gefäßes stießen und wie koffeinierte Amöben daran hängen blieben. Und was war er dann? Eine entkoffeinierte Amöbe? Das klang nicht ganz verkehrt.
Die Haupttür zur Brücke schob sich zur Seite.
»Ah, gut«, sagte die Frau, die hereinkam. »Die Kaffeemaschine läuft schon.«
Bella. Aber welche Bella? Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an und erkannte mit ernüchternder Gewissheit, dass es die Herrische Bella war.
»Was für eine Woche!« Sie seufzte und setzte sich mit einem schwungvollen Rascheln von Orbseide neben ihn. Arkady unterdrückte den Drang, von ihr abzurücken. Als schließlich die letzten Kaffeetropfen aus der Maschine sprudelten, stieß er sich mit Schwung vom Tisch ab. »Soll ich dir einen bringen?«
»Danke«, sagte sie und machte sich nicht die Mühe, nach Milch oder Zucker zu suchen.
»Schau dir nur das Waschbecken an«, sagte sie. »Was für ein Durcheinander! Aber natürlich sind hier alle viel zu beschäftigt, um sich um den Abwasch zu kümmern.«
Das war eine recht dreiste Aussage, denn Bella war ohne Zweifel die Person an Bord, die am wenigsten zu tun hatte. Was ihr genug Zeit verschaffte, um ihre scharfe kleine Nase in das Leben anderer Leute zu stecken, dachte Arkady, verdrängte den Gedanken aber, weil er ihm zu kleinlich erschien.
»Bist du anderer Meinung?«, fragte sie
»Nein, du hast schon recht«, sagte er, wobei er sich feige für den Weg des geringsten Widerstandes entschied.
»Ich finde, die Ahmeds sind schuld«, fuhr sie fort. »In der Brutstation, in der ich aufgewachsen bin, hätten wir es niemals so weit kommen lassen. Sie sind zu weich, zu unerfahren …«
»Na ja, ich weiß nicht so recht.«
» Ich schon. Ich bin vielleicht kein A, aber ich weiß genug, um zu erkennen, wann die Dinge wieder auf die rechte Bahn gebracht werden müssen. Ein bisschen konstruktive Kritik …«
»Ich glaube nicht, dass wir wegen ein paar nicht abgewaschener Teller eine Gruppensitzung einberufen müssen, Bella.«
»Nun … nein … natürlich nicht. Aber verstehst du, es geht um die Idee .«
Arkady warf dem B-Klasse-Konstrukt von Motai einen Seitenblick zu und
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