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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Planet fast als einen einzigen Organismus denken konnte.
    Dennoch … er konnte sich nicht vorstellen, dass Osnat damit andeuten wollte, die Eiszeit habe die Polykonfessionellen auf den Plan gerufen.
    »Wir sind arm«, antwortete sie auf seinen fragenden Blick. »Und der Ring ist reich. Und wir müssen uns jeden Abend in den Spinvideo-Nachrichten reiche Ringbewohner ansehen. Wir wissen, dass wir nie haben werden, was sie haben. Wir wissen, dass unsere Kinder – falls wir das Glück haben, Kinder zu bekommen – nicht so lang und so gut wie ihre Kinder leben werden. Wir wissen, dass alles, was in unserem Leben zählt, dort oben von Leuten entschieden wird, für die die Erde nur ein großer Schwamm ist, aus dem sie das Wasser pressen können. So etwas führt zu Hass, Arkady. Und niemand hat je einen besseren Vorwand für Hass erfunden als Gott. Die Amerikaner sind schon vor ein paar Jahrhunderten dahintergekommen, und jetzt schließen wir uns alle ihrer neuen Religion an.«
    »Das hört sich so an, als hätten die Polykonfessionellen ganz Amerika unter ihre Kontrolle gebracht.«
    »Offiziell nicht. Inoffiziell dagegen … nun, schau dir nur diese ganzen verrückten Zusatzartikel zur Verfassung an, die sie dauernd verabschieden. Und sie hatten seit Menschengedenken keinen Präsidenten und auch keinen Kongressabgeordneten mehr, der nicht Angehöriger der Polykonfessionellen war.«
    »Aber sie können doch nicht alles machen, oder? Sie haben keine Macht. Sie gehören nicht der UN an. Sie haben keine moderne Technik …«

    »Sie haben Öl. Und sie haben eine Armee. Und sie sind bereit, beides einzusetzen. Das verleiht ihnen Macht.«
    »Sie werden doch nicht um die Waffe mitbieten?«
    »Ich bin mir sicher, sie würden es versuchen, wenn sie davon wüssten. Und um einen Fuß in die Tür zu bekommen, müssten sie nur drohen, etwas an den UNSR auszuplaudern. Das ist das Spiel, das wir alle spielen. Wir wollen euer kleines Spielzeug für uns, aber wenn wir es nicht haben können, sehen wir es lieber bei unserem Nachbarn als in den Händen der UN. Denn wenn die Palästinenser oder die Amerikaner eine genetische Waffe in die Hände bekämen, könnten sie sie benutzen oder bloß damit drohen, um eine größere Wasserzuteilung zu erzwingen. Wenn sie aber der UN in die Hände fällt, wird man sie auf jeden Fall früher oder später einsetzen. Die UN scheut vor schmutzigen Tricks nicht zurück. Denk nur daran, was sie mit dem ZhangSyndikat gemacht haben.« Arkady hielt den Atem an, als er den Namen hörte, und er musste einen panischen Anflug von Ekel niederkämpfen. »Am Ende«, fuhr Osnat fort, die sein Schweigen entweder nicht bemerkte oder falsch verstand, »interessiert die UN sich nur für eine Zahl, über die wir alle zu sprechen vermeiden: Jede Person, die auf der Erde geboren wird, steht für eine lebenslange Wasserzuteilung von elf Millionen Litern Wasser, die nicht dem Ring zugute kommen. Es geht nur ums Wasser, Arkady. Im Grunde dreht sich auf diesem Planeten alles nur um Sex und Wasser.«
    »Und Gott«, sagte er und sah einem weiteren Polykonfessionellen hinterher, der gerade vorbeiging.
    »Ach, du armer Trottel. Hast du’s immer noch nicht begriffen? Gott ist nur ein Vorwand, um die Geburtenrate der eigenen Volksgruppe hochzutreiben und so einen größeren Anteil am Wasser zu erzwingen.«
    »Du hast offenbar eine Menge Theorien«, sagte Arkady höflich. »Interessierst du dich für Soziobiologie? Hast du mal darüber nachgedacht, diese Disziplin zu studieren?«

    Sie starrte ihn für einen Moment mit offenem Mund an. Dann lachte sie. »Sag bloß nicht, du hast mich für die Hure mit dem Herz aus Gold gehalten. Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss. Mein Bruder ist Professor für Computerliteratur an der Universität von Tel Aviv. Ich werde praktisch als Minderbemittelte angesehen, weil ich nach dem Magisterabschluss aufgehört habe. Im interdisziplinären Fach. Was innerhalb der Syndikate der Soziobiologie noch am nächsten kommt.«
    »Aber wie …?«
    »… aus einem netten Mädchen wie mir ein so schreckliches Biest werden konnte? Nanu, meinst du etwa, dass nur Arme in die Armee eintreten? Dies hier ist Israel. Und ich bin kein Enderbot. Ich bin eine echte Soldatin. Oder hast du den Unterschied noch nicht begriffen?«
     
    Das Haus kauerte über der Abulafia-Straße wie einer der vertrockneten alten Männer, die durch die gewundenen Straßen der Internationalen Zone schlurften und in ihren schäbigen

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