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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Kaffeehäusern herumlungerten. Alles, was man von der Straße aus von ihm sehen konnte, war eine hohe, fensterlose Mauer, die von einer Haut aus abblätterndem Putz überzogen war. Die einzige Öffnung in der Wand war eine überdimensionale Holztür, die aus so langen und breiten Brettern bestand, dass Arkady, hätte er sie nicht mit eigenen Händen angefasst, vermutet hätte, sie seien aus kurzen Holzstücken zusammengesetzt. In einer Ecke der Tür, so klein, dass es im Schatten der Oberschwelle kaum zu erkennen war, hing eine weitere, kleinere Tür. Auf Osnats Klopfen hin wurde sie geöffnet, und sie traten durch die Tür auf einen kleinen Hof.
    Der Hof war für ein wärmeres Klima gebaut worden. Sein Brunnen war bereits für den Winter abgeschaltet, seine rostigen Rohre krümmten sich nutzlos über Kacheln, die mit Khamsin -Staub gelb befleckt waren. Selbst die Rosen wirkten auf Arkady weniger wie Pflanzen als wie Baugerüste;
Stengel, Dornen und Blätter, die sich zwei Stockwerke hoch an den abgesackten Balkonen emporrankten, nur um ein paar verblasste Blüten den letzten Sonnenstrahlen entgegenzurecken, die über die Dachziegel sickerten.
    Es war ein Haus außerhalb der Zeit. Das Treiben und Lärmen auf der Straße blieben zurück, sobald das Tor hinter einem zufiel. Selbst der gewaltige Himmel der Erde wurde auf ein präzises blaues Quadrat zurechtgestutzt, der kargen Geometrie des Gebäudes unterworfen, als handele es sich nur um das Dach des Hauses und nicht das Dach der ganzen Welt.
    Osnat blieb stehen, schaute sich auf dem Hof um und nieste. Sie zog ein Taschentuch hervor und wischte sich damit die Nase, während Arkady höflich den Blick abwandte. »Mein Gott, ich wünschte, es würde regnen«, brummte sie. »Der verdammte Staub bringt mich um.«
    Sie wartete, auch wenn Arkady keine Ahnung hatte, worauf sie warteten. Draußen auf der Straße fuhr ein Wasserhändler vorbei, pries seine Ware an, aber es hätte eine Stimme von einem anderen Planeten sein können. Von einer der hohen Rosenblüten löste sich ein einzelnes Blütenblatt und flatterte zu Boden, das einzige bewegliche Ding im ganzen Universum. Dann öffnete sich hinter ihnen das Tor, und das perfekteste menschliche Wesen, das Arkady je gesehen hatte, trat auf den Hof.
    Ihr Gesicht war von einer so makellosen Symmetrie, dass Arkady ein zweites und ein drittes Mal hinschauen musste, bevor er zu dem Schluss kam, dass sie kein genetisches Konstrukt war. Nur eine subtile Verschmelzung von Rasse und Ethnie, ganz anders als die klar voneinander unterscheidbaren ethnischen Phänotypen der Syndikate, charakterisierte die Frau als das, was sie war: eine Angehörige der genetisch stark modifizierten Ringelite, die Biogeographen in jüngster Zeit als eine neue posthumane Quasi-Spezies beschrieben. Und wenn er an Korchows Einsatzbesprechungen zurückdachte,
hatte Arkady keine Schwierigkeiten, dieser Frau einen Namen zuzuordnen:
    Ashwarya Sofaer. Für ihre Freunde Ash … was nicht heißen soll, dass sie Freunde hat. Eine reinere Manifestation von purem Ehrgeiz kann man sich wohl kaum vorstellen; sie ist eine wandelnde Kosten-Nutzen-Analyse des Dominanzstrebens von Säugetieren. Natürlich ein ehemaliges Mitglied des Mossad, so wie alle in höheren Rängen bei GolaniTech. Eigentlich dürfte sie gar nicht auf der Erde leben, aber sie ist durch eines dieser Schlupflöcher geschlüpft und nimmt einen irdischen Großvater für sich in Anspruch. Sie hat drei Jahre als Kontaktperson zwischen UN und Mossad im Ring verbracht, ist dann nach Israel zurückgekehrt und durch die Drehtür gleich bei GolaniTech gelandet. Nachdem Gavi Schehadeh aus dem Weg geräumt ist, wird sie als Topkandidatin für die Nachfolge Didi Halevys gehandelt, falls und wenn es seinen Feinden gelingt, ihn zu stürzen. Wie man am König-Saul-Boulevard so schön sagt: Die Drehtür dreht sich in beide Richtungen. Und es steht außer Frage, dass das hübsche Fräulein Sofaer einen gern benutzen würde, um der sprichwörtlichen Tür einen schönen, kräftigen Schubs zu geben …
    Ash trug die Kleidung und hatte den Körper einer Ringbewohnerin; ein glatter weißer Anzug, der darauf programmiert war, sich an jede Kurve ihres schlanken Körpers zu schmiegen; hochhackige Kunstlederschuhe, die ihre langen Beine noch länger erscheinen ließen; tadellos gestyltes Haar, aus einem tadellos geschminkten Gesicht gekämmt, das aber überhaupt nichts von der Person dahinter preisgab.
    Ash und Osnat schüttelten

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