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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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du.«
    »Wann?«
    »Bald.«

    »Wann?«
    Korchow hatte etwas ganz Grundlegendes an sich, das sich nicht einordnen ließ. Seit Wochen, Monaten sogar, betrachtete Arkady ihn als eine Schimäre, die durch die ständigen Belastungen und Reibungen, die das Leben unter Menschen mit sich brachte, menschlicher geworden war als ein reines Genkonstrukt. Aber immer wenn er gerade meinte, dass er Korchow durchschaut hatte, ließ der seine raffinierte Maskerade fallen, und zum Vorschein kam das rigide ideologische Gerüst, an dem alles andere aufgehängt war.
    »Du wirst mit Arkasha sprechen«, sagte Korchow mit einer Stimme, die nicht im entferntesten menschlich klang, »wenn ich meine, dass es in euer beider Interesse liegt, miteinander zu sprechen. Was heißen soll, wenn es im Interesse der Syndikate liegt. Oder meinst du, dass beides nicht mehr ein und dasselbe ist?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich wollte damit nicht sagen … Verzeih mir.«
    »Es ist eine Sache, dass Arkasha sich mir ständig widersetzt. Ich erwarte nichts anderes von ihm. Aber du , Arkady, du enttäuschst mich. Auf Gilead hatte ich den Eindruck gewonnen, dass du bereit bist, deinen Beitrag zu leisten und die nötigen Opfer zu erbringen. Treibe es nicht so weit, dass ich mich frage, ob ich mich nicht geirrt habe.«
    »Ich habe nur …«
    Korchow hob eine Hand. »Lass es. Wenn das, was du bereits von den Menschen gesehen hast – mein Gott, schau dir doch nur das Elend direkt vor diesem Fenster an –, dich nicht davon überzeugt hat, wie wichtig es ist, dass die Syndikate überleben und gedeihen, dann haben wir uns nichts mehr zu sagen.«
     
    Als sie ins Haus an der Abulafia-Straße zurückgekehrt waren, wurde Arkady von Osnat so nahtlos in ihre Obhut genommen wie ein Staffelstab, der von einem Läufer zum anderen
weitergereicht wurde. Zwanzig Minuten später saß Arkady im Helikopter, durchgeschüttelt vom Lärm und Wind, während Osnat auf dem Platz gegenüber so friedlich schlief, als sei sie noch sicher auf der Erde und habe sich in ihrem Bett eingerollt.
    In Arkadys Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er rief sich jedes einzelne Wort ins Gedächtnis, das Korchow gesagt hatte, untersuchte jede Nuance und Betonung, als ob er einen Kaffeesatz deutete. Von welcher Seite er es auch betrachtete, er kam immer zu demselben Schluss:
    Arkasha lebte noch. Arkasha lebte noch, kooperierte aber nicht – was immer Korchow damit meinte. Und wenn Arkasha nicht kooperierte, war er noch er selbst.
    Und diese einzelne Tatsache änderte alles.
    Konnte man Osnat vertrauen? Er sah ihr in das mit Schweiß und Khamsin -Staub verschmierte Gesicht. Alles, was er über sie wusste, sprach dagegen – aber er hatte etwas in ihrem Gesicht entdeckt, als sie ihn ansah, etwas Stärkeres und Ehrlicheres als Mitleid, etwas, das in eine andere Richtung deutete.
    Er würde sie fragen. Er würde sie fragen, wenn sie ihm das nächste Mal Essen brachte. Er würde betteln, wenn es sein musste.
    Denn wenn Arkasha immer noch lebte und immer noch unbeugsam war, würde Arkady jedes Risiko eingehen und jede Demütigung erdulden, um ihn zu retten.

Novalis
Die Sechs-Prozent-Regel
    ► Erfahrungen aus früheren Missionen haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass man die Auswirkungen der unvorhersehbaren Dynamik kleiner Gruppen berücksichtigt; die Kleingruppendynamik hat sich oft als entscheidender Faktor für den Erfolg oder das Scheitern solcher Missionen erwiesen. Wenn die KGD in der Vorausplanung unberücksichtigt bleibt, lassen sich die Defizite während der Mission kaum noch ausgleichen. Versuche, die sensible KGD-Planung durch künstliche Autoritätshierarchien zu ersetzen, hatten geradezu grotesk katastrophale Folgen. Daher besteht eine kritische Aufgabe bei der Vorausplanung einer Mission darin, dass man die Voraussetzungen schafft, damit sich die individuellen Mannschaftsangehörigen in ihren Beiträgen zur Komplettierung der Mission gegenseitig verstärken und nicht schwächen. So unappetitlich solche Überlegungen für die Ideologen unter uns auch sein mögen, im Weltraum herrscht doch die Realität, nicht das Dogma. 1
     
    Bericht des Intersyndikats-Subkomitees über die
Vorausplanung von Fernerkundungsmissionen,
Jahr 24, Orbit 18

    D er große Wald: 6:00 morgens, am dritten Tag nach der Landung.
    Sonnenstrahlen drangen durch das Blätterdach hundert Meter über ihm und strahlten durch einen grünen Schleier aus zitternden Blatträndern und flatternden Insektenflügeln schräg auf

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