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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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rings um sie erstreckte sich ein gemalter Garten, der so flach und statisch hätte sein sollen wie jeder andere unbezahlbare gemalte Garten, den Arkady an diesem Nachmittag gesehen hatte; dieser aber pulsierte und strömte wie Wasser unter Eis. Bäume schlangen ihre dunklen Glieder umeinander. Blumen loderten im Gras und umflossen die Füße der Geliebten in hellen Strömen.
    Denn sie waren ohne Zweifel Geliebte. Weder die Bedeutung des Bildes noch die verbotene Natur der Leidenschaft, die es ausstrahlte, waren misszuverstehen.
    Und für Arkady gab es keinen Zweifel, was im nächsten Moment dieser eingefrorenen Ewigkeit geschehen würde, geschehen musste.

    »Nun«, drängte Korchow. »Was meinst du?«
    »Ich glaube …« Arkady räusperte sich. »Ich glaube, dass der Mann, der es gemalt hat, ein großer Künstler war.«
    »Einer der größten«, pflichtete Korchow ihm bei. »Es hieß, dass er der Geliebte des Schahs war, für den er dies gemalt hat.«
    »Und hat das Gemälde dem Schah gefallen?«
    »Das ist nicht bekannt. Er starb, bevor es vollendet war.«
    Arkady wandte sich ab, weil er es nicht mehr ansehen konnte.
    »Du hast immer noch nicht gesagt, ob es dir gefällt oder nicht«, bemerkte Korchow. »Ich frage, weil ich überlege, es zu verschenken.«
    Arkady brauchte einen Moment, um die ungewohnte Phrase zu verarbeiten. Das Wort Geschenk kam im Syndikats-Standardjargon durchaus vor, aber in Ermangelung persönlichen und biologischen Eigentums war es mit ganz anderen Vorstellungen verbunden.
    »Leider ist es so«, fuhr Korchow fort, »dass ich nicht mit dem Geschmack des fraglichen jungen Mannes vertraut bin. Ich dachte, du könntest mir vielleicht einen Rat geben. Schließlich kennst du ihn sehr viel besser als ich.«
    Sie sahen einander an, und auf einmal waren der längst tote Schah und sein Liebhaber zwischen ihnen vergessen.
    Mit sechs Jahren hatte Arkady den Angriff der Friedenstruppen auf das ZhangSyndikat miterlebt. Es war nach wenigen Sekunden vorbei gewesen, und es hatte sich über viele Kilometer leeren Weltraums hinweg abgespielt, aber es plagte ihn immer noch mit Albträumen. Die Außenhülle der großen Orbitalstation hatte standgehalten und das harte Vakuum abgewehrt; aber der Feuerball war durch die Habitatmodule gefegt und hatte sie einschließlich aller Kinder in den Brutstationen buchstäblich ausgeweidet. Der Angriff hatte das ZhangSyndikat vernichtet. Seine Archen waren kontaminiert, die wertvollen Abstammungslinien unbrauchbar gemacht worden.
Die meisten überlebenden Zhangs hatten den Selbstmord einem sterilen Leben als lebende Tote vorgezogen. Manchmal vergaß man fast, dass sie je existiert hatten. Aber Arkady erinnerte sich an die schreckliche Schönheit des Feuers: die weiß glühenden Flammen, die eine Aussichtsluke nach der anderen erhellten, als die inneren Trennwände nachgaben; das Kondenswasser, das von der Hülle dampfte und gefror. Sein Körper fühlte sich noch heute so an: eine tote Hülle, die zu einem glitzernden Eisnebel aus Hoffnung, Schmerz und Entsetzen zerstob.
    »Es ist verständlich, dass du immer noch etwas für ihn empfindest«, sagte Korchow in der faden, vernünftigen, mitfühlenden Stimme, die immer noch Arkadys Albträume heimsuchte. »Warum solltest du dich schämen, es zuzugeben? Du hast getan, was du getan hast, weil du ihn liebtest. Niemand macht dir das zum Vorwurf. Schließlich war es ja auch so vorgesehen, als man euch einander zugeteilt hat, nicht?«
    Arkady erstarrte. Hatte Arkasha etwas ausgeplaudert? Spielte Korchow sie immer noch gegeneinander aus? Würde Arkady seinen Duopartner verletzen, wenn er versteckte Andeutungen bestätigte?
    »Sag mir«, fragte Korchow, bevor Arkady entschieden hatte, wie er antworten würde. »Begreifst du allmählich, was wir hier tun?«
    Arkady schüttelte den Kopf. »Hier … wo?«
    »Hier auf der Erde.« Korchow zeigte auf den teppichbedeckten Boden, die Wände des Raums, die Stadt hinter den Wänden. »Überleg mal, Arkady. Benutz dein hübsches Köpfchen, um mal über etwas anderes als Ameisen nachzudenken. «
    Aber Arkady hatte schon nachgedacht. Er hatte monatelang wach gelegen und nachgedacht, eine kalte Nacht nach der anderen. Und er wusste immer noch nichts, das er nicht schon auf Novalis gewusst hatte. Also hatte er abgewartet, sich einen reglosen, passiven Gesichtsausdruck angewöhnt,
damit er nichts tat oder sagte, das den plötzlichen und unerwarteten Informationsfluss gefährden konnte.
    »Was weißt du

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