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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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über die Kolonisierung Nord- und Südamerikas? «, fragte Korchow, nur ein scheinbarer Themenwechsel.
    Arkady stammelte etwas über Soziogenese und intersozialen Wettbewerb und die perversen Motivationen sozialer Systeme, die auf sexueller Reproduktion aufbauen …
    »Ja, ja. Vergiss all den Unfug aus deinen zehn Jahren Soziobiologieunterricht. Wir unterrichten euch darin, weil es gut für euch ist, nicht weil es der Wahrheit entspricht. Wie auch immer, als die Europäer in Amerika eintrafen – sie nannten es tatsächlich die Neue Welt, falls du dir einen solchen Provinzialismus vorstellen kannst –, begegneten sie einer Zivilisation, die in vieler Hinsicht so gefestigt war wie die ihre. Mexico City hatte mehr Einwohner als die größten Städte Europas, und laut den Briefen, die die Conquistadores nach Hause schickten, waren sie sehr viel sauberer und besser ernährt. Und selbst die Azteken waren praktisch Barbaren, verglichen mit den Inkas.
    Leider stellte sich die Kollision der Alten und der Neuen Welt für die Inkas weniger als Zusammenstoß der Zivilisationen, sondern als ein Zusammenstoß der Krankheiten heraus. Nach der Ankunft der ersten Entdecker fegte eine Seuche nach der anderen über die amerikanischen Kontinente. Pest, Syphilis, Grippe, Pocken. Die ersten Entdecker fanden Städte voll vibrierenden Lebens vor – doch als die ersten Kolonisten eintrafen, waren nur noch Gräber und Leichenhäuser übrig. Es war der klassische Fall einer isolierten Population, die auf eine viel größere trifft … und jeder kompetente Evolutionsökologe kann dir sagen, wohin dies führt.
    In einer bestimmten Phase der Heimsuchung entwickelten die Spanier eine neue und teuflisch gerissene Eroberungsstrategie: Sie verteilten Geschenke. Sie schenkten den Inkas Decken, die Pockenpatienten benutzt hatten. Die Decken
waren warm und schön. Sie gingen von Hand zu Hand, Schätze aus einer anderen Welt. Und sie töteten mehr Menschen als das Schießpulver der Europäer.«
    Korchow sah ihn erwartungsvoll an – aber welche Lektion Arkady durch diese Geschichte auch lernen sollte, er konnte keine Verbindung herstellen.
    »Wie auch immer«, sagte Korchow nach einer kurzen Pause. »Du bist ein guter Junge, Arkady. Und es ist kein Mangel an Intelligenz, der dir das Verstehen verstellt. Es ist das Gleiche, was dich davon abgehalten hat zu begreifen, was auf Novalis wirklich passiert ist: Idealismus. Rostow hat eine wunderbare Arbeit geleistet, als man dich aus dem Tank entließ. Ein wirklich schönes Stück Arbeit. Es ist sinnlos, wenn man versucht, auf einer Stradivari Volksweisen zu spielen. Hast du irgendwelche Fragen zu der Auktion? Wenn du mich etwas fragen willst, ist jetzt der passende Moment. Vielleicht werden wir keine Gelegenheit mehr haben, uns so ungestört zu unterhalten.«
    Arkady zögerte und überlegte. »Es fehlte etwas«, sagte er schließlich. »Jemand, auf den ich ein Auge haben sollte. Warum war Walid Safik nicht da?«
    »Ich weiß es nicht. Der Palästinensische Sicherheitsdienst ist … schwer zu durchschauen. Man kann kaum sagen, was unter der Oberfläche vor sich geht. Es ist unberechenbar, wann Leute in der Gunst steigen oder in Ungnade fallen. Aber du solltest Safik noch nicht abschreiben. Wenn er nicht zur Party eingeladen ist, wird er früher oder später eine Möglichkeit finden, ungebeten aufzutauchen.«
    »Und was ist mit den anderen ungebetenen Gästen? Turner? «
    In derselben nervösen Geste, die das Konstrukt Catherine Li auf der Auktionssitzung provoziert hatte, fuhr sich Korchow mit einer Hand an die Kehle. »Ich habe nicht erwartet, dass der Amerikaner Interesse hat. Das gefällt mir überhaupt nicht. Trotzdem … er könnte uns vielleicht nützlich sein.«

    »Wird man ihm erlauben, mich zu verhören?«, fragte Arkady und dachte an die kalten Augen hinter Turners unbekümmertem Lächeln.
    »Ich nehme es an. Aber ich werde bitten, dass das Verhör unter Aufsicht von GolaniTech stattfindet. Die Amerikaner haben die unangenehme Angewohnheit, die Regeln zu ändern, wenn sie ihnen nicht gefallen.«
    »Was soll ich ihm sagen?«
    »Was immer er von dir wissen will. Ich glaube an Opferbereitschaft, Arkady, aber nicht an sinnlose Opfer.«
    Korchow betastete die Miniatur, die zwischen ihnen vergessen auf dem Tisch lag. Arkady warf einen Blick darauf und schauderte.
    »Du hast den Kaufinteressierten nichts von Bella erzählt«, sagte Korchow.
    »Du meinst, über ihre …« Er brachte das Wort nicht über

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