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Lichtjahre

Lichtjahre

Titel: Lichtjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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natürlich da, ihre Schwester, ihr erster Liebhaber Juan. Sie heiratete seinen Bruder.
    Theo Prisant war größer als Juan, jünger, nicht so gut gebaut. Er studierte noch, Jura im letzten Jahr. Bevor er sie zum ersten Mal sah, hatte er seinen Bruder über sie reden hören... die Tochter eines Architekten, neunzehn, sie sei phantastisch im Bett. Im unbestimmten Dunkel seiner Vorstellung entzündete sich etwas. Verlangen und Neid zugleich stiegen in ihm auf.
    »Was meinst du mit phantastisch? Was ist denn so phantastisch an ihr?«
    »Sie ist unglaublich.«
    Er wollte sie unbedingt kennenlernen, hatte aber auch ein wenig Angst davor. Als er sie zum ersten Mal sah, war es, als fielen ihre Kleider vor seinen Augen von ihr ab. Ihm wurde schwindlig. Er traute sich kaum, Interesse zu zeigen; er schämte sich seines Wissens. Es war ein Wissen, das sein Schicksal besiegelte, ihm vom ersten Moment an in den Ohren klang, zu seinem Blut sprach.
    Bei ihrer ersten Verabredung gingen sie in die Metropolitan Opera, die Treppen hinauf, die ihr Vater einst hochgerannt war. Es war Nachmittag, ein zeitloser, heiterer Nachmittag. In der riesigen Halle konnte er sie kaum ansehen, obwohl sie neben ihm stand. Er wollte so gerne etwas sagen, er wollte mit ihr reden, als stünde nichts auf dem Spiel. Er war sich ihres Körpers bewußt, ihrer Haare, der Dinge, die sie, wie er wußte, getan hatte. Sie schien ruhig und schön. Alles spiegelte sie wider, alles suggerierte Liebe: die Torsos, die reinen marmornen Glieder, der Muskelstrang, der um die Hüfte eines griechischen Jünglings lief. Er stand ein wenig hinter ihr. Er sah, wie ihr Blick über die Schultern glitt, den Bauch, bei den Genitalien haltmachte, dem angedeuteten lockigen Haar. Es war, als verschmähte sie ihn. Sie gingen weiter; sein Mund war trocken, er konnte nicht einmal mehr einen Witz machen. Er war ihr vollkommen gleichgültig, er konnte es spüren.
    Und jetzt stand er hier im dunklen Anzug und mit Strohhut, die Art, wie sie Farmer tragen, mit einem Löwenzahn im Knopfloch, endlich im Besitz der Frau, die sein Bruder gefunden und für ihn vorbereitet, ihm zugeführt hatte, ohne es zu wissen. Er hatte ein junges Gesicht, seine Hände waren von der Sonne gebräunt. Er war Viri ein paarmal begegnet, kannte ihn aber kaum, und Nedra hatte er nur einmal getroffen. Er wartete auf ihre Ankunft. Sie waren spät dran. Sie parkten vor der Stelle, wo ein Teil der Straße unterspült worden und weggebrochen war - es waren bereits acht oder zehn Autos da -, und gingen einen schmalen Steinpfad hinauf zum Haus. Es war ein Haus im Schatten riesiger Bäume. Auf einer Anrichte im Innern glänzten Gläser, Obst, Blumen, Kuchen. Das Sonnenlicht strömte durch große Fenster. Mehrere Katzen strichen um ihre Füße.
    »Schön, daß ihr da seid«, begrüßte sie Theo.
    »Schön, dich zu sehen.«
    »Was für ein wunderbares Haus«, sagte Nedra.
    »Kommt, ich will euch unserem Gastgeber vorstellen.«
    Sie fand ihre Töchter oben. Sie weinten zusammen, sie weinten und lächelten. Sie wischten Danny die Tränen vom Gesicht, die in gerader Linie zum Mund hinunterliefen. Als Viri zögernd an der Tür erschien, begann sie wieder von vorne.
    »Warum weinst du?« fragte er.
    »Wegen nichts.«
    »Ich auch.«
    Es war ein weiter, strahlender Tag, die Bäume seufzten, die Zimmer waren etwas zu warm. Die Zeremonie dauerte nicht lange, eine Katze rieb sich an Viris Bein. Der Hochzeitsmarsch wurde gespielt, als das Brautpaar die Diele betrat. In dem Moment, als er seine Tochter im blendendweißen Kleid sah, jetzt an der Seite eines anderen, als er sah, wie sie Abschied nahm, schon fort war, fühlte er plötzlich Bitterkeit und ein Gefühl des Verlusts in sich aufsteigen, als hätte er sich als ein Versager herausgestellt, als könnte man sein ganzes Leben mit einem Wort abtun.
    Sie tranken Rotwein und öffneten die Geschenke. Sie wandten sich Viri zu, der einen Toast sprechen sollte. »Theo und Danny«, begann er. Er hob das Glas und sah es an. »Was auch kommen mag, ihr steht an der Schwelle zum wahren Glück, dem größten, das man je erfahren kann.« Sie tranken. Aus Chicago kam ein Telegramm. MÖGE EUER LEBEN JETZT UND IMMERDAR MIT BLUMEN ÜBERSÄT SEIN. SCHICKT FOTOS. ARNAUD. Sie redeten über ihn; vielleicht wußte er, daß sie es tun würden. Sie erzählten Geschichten darüber, wie wunderbar er gewesen war. Diese Geschichten waren zu seiner wahren Existenz geworden, er war wie eine Figur aus einem Stück,

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