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Lichtjahre

Lichtjahre

Titel: Lichtjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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schon.«
    »Ich kenn die Straßen«, sagte er. Er war ernst, sprach mit schwerer Zunge. »Verdammte Hunde! Wart eine Minute!« rief er. »Du solltest nicht alleine fahren«, entschied er.
    Sie schafften es nur bis zum Ende der Einfahrt, wo er einen Zaunpfahl rammte.
    »Ich hatte recht. Du hättest es nie geschafft«, sagte er.

    In jenem Herbst im November begannen seine Beine anzu-schwellen. Es war etwas Unerklärliches. Es wirkte sich auf Knie und Fußgelenke aus. Er ging ins Krankenhaus, sie machten Untersuchungen, sie taten alles, aber nichts half, bis schließlich die Flüssigkeit wie von selbst verschwand und darauf, wie eine tödliche Dürre, eine schreckliche Veränderung eintrat. Seine Beine begannen steif und hart zu werden.
    Die Ärzte wußten jetzt, was es war.
    »Es ist die Gicht«, erklärte er den andern ruhig vom Bett aus.
    »Ich hatte das schon immer. Ab und zu flammt es wieder auf.«
    Es komme vom üppigen Leben, sagte er, das Schicksal der Sonnenkönige. Er hatte Schmerzen, obwohl man es nicht sehen konnte. Dieser Schmerz würde größer werden. Er würde sich ausbreiten. Die Haut und das darunterliegende Gewebe würden sich verhärten. Er wurde zu Holz.
    »Was hat er?« fragten Freunde Catherine.
    Es hatte keinen Namen.
    »Wir wissen es nicht«, sagte sie.

9
    Nedra sah ihn erst im Frühling wieder. Es war an einem Sonntag. Als sie klingelte, öffnete Catherine ihr die Tür. »Er wird sich freuen, daß du da bist«, sagte sie.
    »Wie geht's ihm denn?«
    »Nicht besser«, sagte Catherine. »Er ist nebenan.«
    »Soll ich reingehen?«
    »Ja, geh rein. Wir trinken gerade etwas.«
    Sie konnte Stimmen hören. Durch die Tür sah sie einen Mann mit vollen Wangen, den sie nicht kannte. Als sie ins Zimmer trat und näher kam, wurde ihr plötzlich bewußt, daß dieses geschwollene Gesicht das Peters war. Sie hatte ihn nicht einmal erkannt! Was für einen riesigen Schritt auf den Tod zu hatte er in einem halben Jahr gemacht. Seine Augen lagen tiefer, seine Nase schien klein. Sogar sein Haar - war es möglich, daß er eine Perücke trug?
    »Hallo, Peter«, sagte sie.
    Er drehte sich um und sah sie ausdruckslos an wie eine kraftlose Puppe, die man in einen Sessel gesetzt hat. Sie hätte weinen können.
    »Wie geht's dir?«
    »Nedra«, sagte er endlich. »Na ja, unter den gegebenen Umständen nicht schlecht.«
    Unter den Ärmeln seiner Jacke lagen die verkümmerten Arme eines Gelähmten. Sein Körper war überall steif geworden, er war wie der Deckel einer Truhe, er konnte sich kaum bewegen.
    »Fühl mal«, sagte er. Er brachte sie dazu, sein Bein anzufassen. Ihr Herz wurde schwach. Es war das Bein einer Statue, der Arm eines Baums. Das Fleisch, das ihn einschloß, war eine Schachtel geworden. Wie ein Gefangener steckte der Mann darin.
    »Das sind Sally und Brook Alexis«, sagte er.
    Eine junge rothaarige Frau. Ihr Mann war dünn, hockte da wie eine zusammengeklappte Heuschrecke, unscheinbar gekleidet. Ihre Kinder spielten mit denen der Daros im hinteren Teil der Wohnung.
    Die Unterhaltung war harmlos. Andere Leute kamen, ein Cousin von Peter und eine alte Frau mit einem Glasauge. Sie war die Baroness Krinsky.
    »Die Ärzte«, sagte sie, »die Ärzte, mein Lieber, wissen gar nichts. Als Kind war ich einmal krank, und sie brachten mich zum Arzt. Mir war übel. Ich hatte Fieber, meine Zunge war schwarz. Nun, sagte er, es kann eins von zwei Dingen sein: Entweder du hast sehr viel Blaubeermarmelade gegessen, oder es ist die Cholera. Natürlich war es keins von beidem.«
    Nedra fand eine Gelegenheit, mit Catherine alleine zu sprechen. »Was hat er denn nun?« fragte sie.
    »Sklerodermie.«
    »Davon hab ich noch nie gehört. Ist es nur an den Armen und Beinen?«
    »Nein, es kann sich ausbreiten. Es kann überall hinziehen.«
    »Was kann man dagegen tun?«
    »Leider nicht viel«, sagte Catherine.
    »Es muß doch Medikamente geben.«
    »Na ja, sie versuchen es mit Kortison, aber sieh dir sein Gesicht an. Eigentlich gibt es nichts. Sie sagen alle dasselbe: sie können nichts versprechen.«
    »Hat er Schmerzen?«
    »Fast ununterbrochen.«
    »Du Arme.«
    »Ich doch nicht. Er ist der Arme. Er wacht drei-, viermal die Nacht auf. Eigentlich schläft er gar nicht mehr richtig.«
    »Catherine!« Er rief sie. »Kannst du eine Flasche Champagner aufmachen?«
    »Natürlich«, antwortete sie. Sie ging, um sie zu holen.
    »Was hast du die letzte Zeit gemacht?« fragte der Cousin.
    »Nachgedacht«, sagte Peter.
    »Über was?«
    »Ich

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