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Lichtjahre

Lichtjahre

Titel: Lichtjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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sah, wie sich ihr Gesicht zwischen ihnen spiegelte, den heiligen Dingen, die heilen konnten, die Glück brachten. Und irgendwo über all diesen Dingen war das Opfer, es schlief vielleicht oder versuchte es zumindest, das Opfer, für das alle Heilmittel und guten Gaben umsonst waren.
    Ist Krankheit nur Zufall oder eine Art Entscheidung, so wie Liebe eine Entscheidung ist - versteckt, unwillkürlich, aber so sicher und vorbestimmt wie ein Fingerabdruck? Sterben wir durch eine Art von Willensakt, auch wenn der nicht zu verstehen ist?
    »Komm ihn wieder besuchen«, hatte Catherine gesagt.
    Einen Monat später ging es ihm schlechter, er war wieder im Krankenhaus. Seine Familie hatte die Hoffnung aufgegeben; sie warteten auf das Ende. Es war schon heiß geworden. Tod im Sommer, in einer trostlosen Stadt, aus der jeder fliehen wollte, Tod ohne Sinn, ohne Luft.
    Er hielt noch sechs Wochen durch. Er war zu kräftig, um zu sterben.
    Der Arzt kam auf seiner üblichen Runde bei ihm vorbei.
    »Na, wie geht's denn heute?« fragte er.
    »Sie sagen, mir geht's ganz gut«, bekam Peter heraus.
    »Aber was sagen Sie?«
    »Ich kann mich wohl schlecht gegen die ganze Welt stellen.«
    Der Arzt befühlte seinen Magen, seine Beine. »Liegen Sie sehr unbequem?«
    »Nein.«
    »Aber es tut weh?«
    »Höllisch.«
    »Sie sind ein zäher Bursche, Peter.«
    »Ja.«
    Er wollte das Krankenhaus verlassen und zu seinem Haus am Meer fahren. Sein Leben war jetzt eine Aneinanderreihung von Winzigkeiten; es hatte jeden Umfang verloren. Er habe noch einen Ehrgeiz, sagte er, ein einziges Ziel. Er konnte sich kaum bewegen, er konnte weder Arme noch Knie beugen, die Gelenke waren geschwollen wie die von Tut-ench-Amun. Er hatte sich geschworen, auf eigenen Füßen zum Meer hinunterzugehen.
    »Darling, das wirst du«, sagte seine Frau.
    »Ich mein das im Ernst«, sagte er ihr.
    »Ich weiß.«
    Er drehte den Kopf zur Wand.
    Im September wurde er nach Amagansett gefahren. Es gibt dort keine schönere Zeit. Die Tage verströmen ihre Wärme, am Morgen liegt der Geruch von Herbst in der Luft. Das Haus war ein Sommerhaus; im Winter wurde es geschlossen. Die Wände waren dünn. Es war, als steche man mit einem zerbrechlichen Boot in See; die erste Kälte, die ersten Stürme würden es zerstören.
    Er lag oben im Bett. Das Zimmer ging nach Osten auf den weiten Atlantik. Auf dem Rasen unter seinen Fenstern nahm eine Schwester in ihrer weißen Uniform ein Sonnenbad.
    Sie stritten jetzt viel; jede Stunde des Tages kam etwas anderes auf. Hinter diesen Schwierigkeiten steckten tiefere Vorwürfe. Er beschuldigte seine Frau, daß sie ihn verlassen wolle, daß sie ihn schon aufgegeben habe.
    »Sie war wunderbar«, gestand er Nedra. »Ein Engel. Nur sehr wenige Frauen hätten das durchgestanden, aber jetzt will sie fort, sie will ein paar Tage in die Stadt fahren und sich ausruhen - jetzt, wo ich sie brauche. Ein paar Tage... ich weiß, was das bedeutet. Wie geht es Viri?«
    Er hörte der Antwort kaum zu. Er las Biographien, drei oder vier lagen neben ihm auf dem Tisch - Tolstoi, Cocteau, George Sand.
    »Wie geht es Franca?« fragte er. »Wie geht es Danny?«
    Er erzählte ihr Geschichten von seiner Familie, Dinge, die er nie zuvor erwähnt hatte, von seiner ersten Frau, der er immer noch hin und wieder schrieb, seiner Schwester, seinen Plänen für den Winter-Sie aßen in seinem Zimmer. Sein Freund John Veroet, mit dem er häufig angeln gewesen war, hatte gekocht. Sie aßen an einem mit einem rosenfarbenen Tuch bedeckten Tisch. Glänzende Gläser, steife Servietten, ein Holzfeuer im Kamin, die Kühle des Abends vor den Fenstern. Peter lag im Bett, das Haar gekämmt, sein Hemd am Kragen geöffnet. Ein wunderschönes Essen, festlich, in trotziger guter Laune, wie ein Neujahrsessen in St. Moritz, bei dem der Gastgeber unglücklicherweise ein gebrochenes Bein hat. Selber aß er nichts. Seit fast einer Woche konnte er nichts mehr zu sich nehmen; es bekam es nicht herunter. Nur ein bißchen Joghurt, etwas Tee. Aufgerichtet in seinen Kissen, unterhielt er sich mit ihnen. »Was für gute neue Stücke gibt es, John?« fragte er.
    Veroet aß die mit Champignons gemischten jungen Erbsen, die er selber zubereitet hatte. Er war ein stämmiger Mann mit scharfer Zunge. Er schrieb über das Theater. Er besaß ein kleines Haus. Seine Frau und seine Geliebte waren Freundinnen.
    »Es gibt keine«, sagte er schließlich.
    »Ach, komm schon. Es muß doch was Gutes geben.«
    »Was Gutes? Es kommt

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