Lichtjahre
einfarbige, gesprenkelte, und es gibt zwölf goldene Bienen. Die Bienen zählen fünf, die gesprenkelten drei und die einfarbigen einen Punkt.«
Er zeigte ihnen das abgesteckte Gebiet.
»Jetzt ist es halb zwölf«, sagte er. Er sagte ihnen, wieviel Zeit sie hatten. »Seid ihr soweit?«
»Ja!«
»Dann los.«
Sie verteilten sich über das sonnenbeschienene Grundstück, Hadji raste ihnen bellend hinterher. Bald waren sie weit entfernt, einzelne Gestalten, die sich langsam, mit gesenkten Köpfen zwischen den Bäumen bewegten.
»Sie liegen nicht alle auf dem Boden!« rief Viri.
Während der langen Suche mit ihren fernen Rufen und Schreien saßen die Erwachsenen vor dem Haus, die Frauen auf kleinen Eisenbänken, die Männer auf einer Böschung. Paum trank eine Tasse Tee nach russischer Art, mit einem Stück Zucker zwischen den Zähnen. Schauspieler waren originell, Schauspieler waren voller Leben. Er stand mit dem Rücken zum Fluß da, eine zuversichtliche Gestalt. Es war, als wären alle Berichte über ihn unbegründet; er widerlegte sie mit seiner Ruhe, seinem gutgekämmten Haar.
»Ich hab da eine witzige Geschichte gehört«, erzählte er ihnen. »Zwei Betrunkene sind in einem Fahrstuhl...«
Der Tee im Glas war braun, seine Fingernägel waren wohlgeformt, seine Bally-Schuhe waren geputzt. Dana, seine Tochter, gewann die Suche. Sie fand die meisten Eier und vier der Bienen. Der Preis war ein riesiger Pappsoldat, vollgefüllt mit Popcorn; der zweite Preis war ein Füller aus Rosenholz.
Die Frauen brachten das Essen heraus und richteten einen Tisch her. Es gab Wein und eine Flasche Moët et Chandon. Der Nachmittag war mild, geräumig. Eine leichte Brise trug die Stimmen fort, so daß eine Distanz von fünf Metern geheimnisvoll war, man sah Gespräche, die Worte gingen verloren.
»Danny wird mal sehr schön«, sagte Larry. Er beobachtete sie, wie sie bei den anderen saß, mit einem Teller auf dem Schoß. »Sie ist anders als Franca«, sagte er. »Franca war schon immer schön, sie wächst einfach, wie eine Katze. Ich meine, sie hatte von Anfang an Krallen, einen Schwanz, alles war da, aber bei Danny geschieht etwas Geheimnisvolleres. Es wird alles nach und nach kommen. Erst am Ende wird man es sehen.«
Hinter ihnen lag das schlafende Gras, ausgetrocknet vom Winter, von der Sonne gewärmt.
»Sie ist in vieler Hinsicht so«, sagte Viri. »Sie hat Züge, die etwas eigenartig sind, sogar beunruhigend, aber ich hab das Gefühl, daß sie später Sinn machen werden.«
»Kinder geben einem etwas sehr Besonderes«, sagte Larry.
»Man behütet sie, man kennt sie so genau. Darum geht's doch, oder?«
Viri schwieg. Er wußte, daß sie keine Kinder bekommen konnten. Rae setzte sich zu ihnen.
»Warum machst du nicht ein paar Fotos?«
»Ich hab keinen Film mehr.«
»Sicher hast du einen.«
»Nein, ich hab keinen mehr.«
»Ich hab dir gesagt, du sollst anhalten und welche kaufen«, sagte sie.
Er nippte an dem letzten Schluck seines Champagners. »Ja, das hast du. Du hast immer recht, nicht wahr?«
Sie antwortete nicht.
»Ich hab großes Glück, mußt du wissen«, sagte er zu Viri.
Ihr Gesicht sah sehr klein aus, als sie so dasaß, die Knie unter dem Rock angezogen.
»Ja, großes Glück. Rae hat immer recht. Sie muß einfach recht haben. Nichts ist jemals ihre Schuld, nicht wahr?« Sie sagte nichts. Er machte nicht weiter. Er lag auf die Ellbogen gestützt da, das Glas in der Hand. Ihr ganzes Leben lag in diesem Bild von ihnen, er regungslos, das Kinn auf der Brust, mit leerem Glas; sie mit gesenktem Kopf, unfruchtbar, die Hände fest um die Knie geschlungen. Sie hatten siamesische Katzen, sie gingen in Museen und zu Vernissagen, sie war mit Sicherheit leidenschaftlich, sie lebten in einer großen Wohnung im Village.
Am späten Nachmittag waren sie alle im Haus. Larry trank Kaffee, einen Schal um den Hals gewickelt, kurz davor aufzu-brechen. Die Kinder spielten, sie spürten ihre Erschöpfung noch nicht. Sie würden nach dem Abendessen vorm Kamin einschlafen, mit geröteten Gesichtern und zufriedenen Herzen. Rae sagte auf Wiedersehen. Sie war fröhlich. Sie zeigte ihnen, daß sie ein kleines Nest aus Gräsern mit vier Schokoladeneiern darin in der Tasche hatte. Sie würden auf dem Nachhauseweg ein Omelette essen, sagte sie. Sie bedachte sie mit einem herzlichen Lächeln und entblößte kurz ihre ungepflegten Zähne.
Nedra und Eve saßen am Fenster. Das Geräusch des Motorrads verebbte. Viri machte einen
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