Lichtlos 3 (German Edition)

Zeit, und doch seid ihr nie wirr im Kopf, ihr seid trotzdem konzentriert. Schlag das Wort diskursiv nach. Behalte beim Schreiben dieses Wort im Hinterkopf, und schon werden deine Worte und Oddies Worte zusammenfließen. Sei von dieser Welt und in dieser Welt und über dieser Welt zugleich. Sei du und nur du selbst, was bedeutet, dass du du und all die Menschen sein wirst, die du je geliebt hast, und dann wird Oddie immer bei dir sein, wie, das weiß ich, du auch immer bei ihm sein wirst .«
    Annamaria scheint sich keine Gedanken darüber zu machen, meine Tränen zu trocknen.
    Trotz der Kühle möchte niemand die Zusammenkunft beenden, doch sie findet trotzdem ein Ende.
    Nach meiner Rückkehr in Bungalow 7 stelle ich mich lange unter die heiße Dusche, obwohl ich schon eher geduscht habe, nachdem ich Hiskotts Haus verlassen hatte und ehe ich zurückgekehrt bin, um es anzuzünden.
    Raphael bleibt über Nacht bei mir, und Boo geht, wohin auch immer er gehen muss. Ein braver Hund ist ein Trost. Der Golden Retriever tröstet mich, und vielleicht tröstet Boo jemanden an einem Ort, den ich mir nicht ausmalen kann. Ich lasse eine Lampe brennen, aber ich träume nicht.
    Als ich kurz vor dem Morgengrauen aufwache, liege ich da und lausche Raphaels Schnarchen, und ich ertappe mich bei der Überlegung, was es bedeutet, gefallen zu sein. Wir sind gefallen in einer zerrütteten Welt, und mir geht auf, dass wir, wenn wir nach Tausenden von Jahren an gefallene Engel denken, sie uns so vorstellen, wie wir sie uns schon immer vorgestellt haben: damit beschäftigt, Elend auf der Erde zu verbreiten. Aber das Universum in seiner unendlichen Weite ist dennoch ein Ganzes, und was am einen Ende zutrifft, trifft auch am anderen Ende zu. Zweifellos lässt sich Elend, ebenso wie Glück und Hoffnung, auf jeglichem Stern finden. Die fremden Artefakte, die in Fort Wyvern untergebracht sind, sind außerirdischen Ursprungs, aber vielleicht sind sie zugleich ein Teil der Frühgeschichte der Menschheit.
    Nach dem Aufstehen dusche ich wieder und nehme hinterher einen Anruf von Ed entgegen. Wir haben uns schon vorher darauf geeinigt, dass er in Kontakt mit Jolie bleiben und ihr geheimer Freund sein wird, dass er ihr aber nie wieder erlauben wird, durch diese letzte Stahltür zu kommen und Fort Wyvern zu betreten. Wir verabschieden uns voneinander. Seine letzten Worte sind: » Ich wünsche dir ein langes, erfolgreiches Leben .« Meine letzten Worte sind: »Öffne das Gondelschleusentor, HAL« , und ich glaube, er lacht.
    Als wir aufbrechen, fährt Annamaria den Mercedes, den wir von Hutch Hutchison in Magic Beach geborgt haben. An den letzten Metern der asphaltierten Straße, die zur Landstraße führt, haben sich sechsunddreißig Angehörige der Familie Harmony aufgereiht. Sie stehen nebeneinander und warten auf uns, und ich wünschte, sie hätten es nicht getan. Jolie steht mit ihrer Mutter und ihrem Vater und ihrem Onkel Donny und dessen Frau am Ende der Reihe. Sie winkt. Ich winke.
    Die Küstenstraße führt uns nach Süden zu einem Ort, von dem sich herausstellen wird, dass er Roseland heißt, und dort wird es viel schlimmer zugehen als in Harmony Corner zu seinen schlimmsten Zeiten. In Roseland werde ich Jolie vollständig aus meinen Gedanken vertreiben müssen, denn dort draußen in dieser Welt voller Korruption an sie in all ihrer Verletzbarkeit zu denken würde mich vielleicht lähmen. Und ich habe viel zu tun.
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    ISBN 978-3-453-26795-4
    Auch als E-Book: ISBN 978-3-641-08691-6
    Ab Januar 2013 im Buchhandel erhältlich

Über das Buch:
    Gemeinsam mit seiner hochschwangeren Begleiterin Annamaria gelangt Odd Thomas auf den Landsitz eines mächtigen Filmproduzenten. Da Odd geradezu körperlich angezogen wird von dunklen Geheimnissen und unmenschlicher Gewalt, überrascht ihn eine unheilvolle Geistererscheinung dort nicht: Eine ermordete Frau erscheint ihm und fleht ihn an, ihr Kind zu retten, das in tödlicher Gefahr ist. Also durchstreift Odd das Anwesen, findet aber zunächst statt eines Kindes nur weitere Schrecken: am helllichten Tag einbrechende Nacht, ein Mausoleum, das ein grausiges Geheimnis birgt, dunkle menschenähnliche Kreaturen, die gnadenlos Jagd auf ihn machen. Offensichtlich hat sich der Hausherr mit bösen Mächten verbunden. Aber zu welchem Zweck? Als Odd Thomas seinen Schützling endlich findet, erkennt er, dass nicht nur ihrer