Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)
seinem Blick begegnete, begann er zu lächeln und setzte sich wieder. „Warum?“
Warum?! „Ich bin auf dem Weg nach Baskhardan.“
Daman hob das Kinn, sehr königlich, als würde ihn dieser Thron zu solch respekteinflößenden Bewegungen animieren. „Wer bürgt für dich?“, fragte er und umfasste das Ende der rechten Armlehne.
Sie blinzelte ein paar Mal. Meinte er das ernst? „Ihr.“
Er runzelte die Stirn und schien zu überlegen. „Tja, dann wäre das ja geklärt! Sei willkommen!“
Der König der Satoren sprang von seinem Thron auf und kam zu ihr herunter. Sie zuckte zurück, war mit der Situation überfordert und dachte gar nicht daran, es zu überspielen.
„Das genügt Euch?“
„Es ist reine Formalität“, lächelte er. „Und bitte, lass die königlichen Floskeln!“
Jolina schaute zu ihm auf, vorbei an seinen gewaltigen Hörnern und weiter nach oben zum Deckengemälde. Natürlich stellte es ihn dar. Diesmal sah sie es ganz deutlich. „Das bedeutet, unsere Abmachung gilt fortwährend?“, fragte sie zögerlich.
„Selbstverständlich! Oder stellst du das Wort eines Königs in Frage?“
„Nein!“, sagte sie hastig und wandte den Blick ab.
Daman schnaufte und selbst das hörte sich in ihren Ohren nun königlich an.
„Jolina“, begann er, „wenn ich gewollt hätte, dass du mich als König siehst, hätte ich es dir erzählt. Aber das war nie meine Absicht.“
Sie zog die Stirn in Falten und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. „Warum reist ein König in der Weltgeschichte herum und vergnügt sich mit Nihren?“, fragte sie und sah ihn an. Es war eine von vielen Fragen, die ihr durch den Kopf gingen – momentan die harmloseste.
„Weil er es so will!“, bekam sie als deftige Antwort. Der Sator verengte die silbrigen Augen und spannte den Kiefer an, sah von oben auf sie hinab.
Ja, er war König – machtvoll und unbeugsam.
Und ja, es schüchterte sie ein.
Kapitel 23
Elín öffnete die quietschende Holztür zu den Pferdeboxen auf dem Hof ihrer Eltern und ließ sie zur Seite klappen, wo sie gegen die Außenwand fiel und offen stehenblieb.
Die Luft innerhalb der Ställe war von einer trüben Staubschicht erfüllt, auf der sich das eindringende Tageslicht abzeichnete. Elín durchquerte die Tür, passierte die ersten drei Boxen, ohne zur Seite zu schauen – die Pferde gaben ein nervöses Schnaufen von sich, doch ihre Aufmerksamkeit galt Box Nummer Vier. Durch die Holzstreben hindurch konnte sie Vinkonas dunkelbraune Augen sehen, die sich nun panisch weiteten. Die Gaedinga schnaufte und scheute nach hinten, als Elín die Hände auf das Holz der Box legte und hindurchspähte.
Vinkona warf ihre silberfarbene Mähne zur Seite, zuckte mit dem Kopf nach oben und drängte sich weiter zurück, gegen die hintere Wand der Box. Ihr samtig schwarzes Fell reflektierte das Sonnenlicht, als die darunter liegenden Muskeln vor Angst arbeiteten. Und die Augen des stolzen Pferdes wurden von einem weißen Rand entstellt.
Ein Schmerz durchzuckte Elíns Brust. Sie war der Grund dafür. Denn sie trug ein Raubtier unter der Haut.
„Ganz ruhig, Große. Ich tue dir doch nichts“, sagte sie mit schwacher Stimme und schob den rechten Arm durch die Streben.
Ihre Gaedinga wieherte, war verstört. Die Pferde in den angrenzenden Boxen reagierten ähnlich aufgebracht. Der ganze Stall war vom Schnaufen und Trampeln ängstlicher Stuten erfüllt.
Doch alles, was Elín wollte, war ihre Freundin zu streicheln. Sich von ihr zu verabschieden. Wenn es denn nicht anders ging, dann wenigstens Lebewohlsagen. Elín würde fortan ohne dieses Gefühl von Freiheit auskommen müssen. Nie wieder sollte sie Vinkona nahe sein können, ihr weiches Fell fühlen, die Muskeln unter sich spüren, sie reiten. Es war vorbei. Naham erlaubte es nicht, drängte sich derart stark in den Vordergrund, dass für Elín gar keine Möglichkeit bestand, ihre geliebte Gaedinga zu berühren. Das Pferd polterte gegen die Holzverkleidung der Box, versuchte zu fliehen, versuchte dem Raubtier zu entkommen, stieg hoch und würde sich sehr bald selbst verletzen.
Es hatte keinen Sinn.
Elín ging benommen rückwärts und kämpfte mit den Tränen.
„Ich hab dich lieb!“, flüsterte sie und ertrug den Anblick nicht länger. Sie wollte nicht, dass Vinkona solche Ängste ausstehen musste, schon gar nicht ihretwegen. Sie sollte glücklich sein, selbst wenn dies hieß, dass Elín sie nie wieder sehen könnte.
Doch als sie sich zum Gehen wandte,
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