Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Titel: Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Bay
Vom Netzwerk:
„Es ist das Königreich der Satoren, ja.“
    „Du betrachtest es nicht als deine Heimat?“
    „Es ist der Ort, an dem ich geboren wurde und den ich regelmäßig besuche, aber …“, er sah zu ihr hinüber und musterte sie, „… unter Heimat stelle ich mir etwas anderes vor. Wenn ich könnte, würde ich dort gar nicht mehr auftauchen.“
    „Aber du kannst nicht“, stellte sie verwundert fest.
    „Nein.“
    Scheinbar wollte er das nicht genauer ausführen. „Wann werden wir dort sein?“
    „Da wir den Mustang bald abstellen müssen, wird es noch mindestens einen Tag dauern. Bist du in Eile?“
    Jolina atmete durch. „Ich hatte gehofft, das Tor innerhalb von drei Tagen durchqueren zu können.“
    „Weil?“
    „Ich befürchte, dass mich meine Mutter oder mein Bruder sonst noch finden könnten.“
    „Ach so. Na wenn du nicht wie ein altes Pferd lahmst, sollte das drin sein“, lächelte er verschmitzt.
    Jolina sah wieder geradeaus. „Gut“, gab sie schließlich zu.
    Der Mustang holperte über die letzten steinigen Kurven und erreichte wieder festen Boden. Die Bergkette hatten sie geschafft, von der Götterstadt war weit und breit nichts mehr zu sehen.
    „Wie groß ist Enûma eigentlich?“
    „Du warst noch nie so weit weg von zu Hause?“ Sie nickte. „So, wie es mir zugetragen wurde, besteht das Götterreich nicht aus festen Grenzen. Die einzige Möglichkeit, zwischen dieser und der Kehrseite zu wechseln, ist das Tor Baskhardan. Angeblich würden sich immer neue Gebiete und Weiten auftun, wenn man versuche, den Rand der Welt zu erreichen.“
    „Unglaublich.“
    „Ja, und unglaublich, dass du diese Frage in deinem langen Leben nicht früher gestellt hast“, lachte er.
    „Mein Leben verlief bislang sehr behütet“, verteidigte Jolina sich, obwohl sie das nicht musste.
    „Schon okay“, grinste der Sator mit spitzen Zähnen. „Jetzt bin ich ja da!“
    Die aktuelle Kassette im alten Radio des Mustangs spielte ‚Devil in Disguise‘ von Elvis und die Halbgöttin wusste, wen er damit meinte. Sie versuchte ihr Schmunzeln zu verbergen und sah verlegen aus dem Beifahrerfenster. Der Mustang bog in einen tiefen Wald ein, der von den warmen Sonnenstrahlen nicht viel übrig ließ. Daman kurbelte sein Fenster hoch und überprüfte ihres mit einem kurzen Blick.
    „Was ist?“, fragte sie.
    „Das willst du nicht wissen.“ Er zwinkerte ihr zu.
    Jolina runzelte die Stirn und schaute ängstlich nach draußen. Je weiter sie kamen, desto dunkler wurde es, bis sie das Gefühl hatte, es wäre tiefste Nacht.
     
    Der tibetische Dynast saß mit dem nackten Hintern im Schnee auf einem Gipfel nahe seinem Tempel und überlegte, was er hier tat.
    Er war durch die Nacht gerannt, bis seine Beine und sein Herz nicht mehr konnten, hatte nicht gewusst, wohin mit all der Wut. Wut über Elín, die ihn vom Sterben abgehalten hatte, weil sie – so unglaublich das klang – eine Heilerin war. Wut über sich selbst, weil er überhaupt auf sie wütend war. Wut über das Schicksal, das ihn zu ihr geführt hatte. Und vor allem Wut darüber, dass ihn das alles so fertigmachte.
    Eine Heilerin. Tatsächlich hatte seine Bestie eine Akkadia erwählt, die ihn zu heilen vermochte, die seine Wunden mit der reinen Kraft der Sonne schließen konnte. Die alle Last auf den Schultern seiner Seele allein mit der Wärme ihres Herzens lindern konnte. Wenn er es nur zuließe.
    Akkadia mit dieser Gabe wurden vielleicht alle tausend Jahre geboren.
    Zeit, dich zu entscheiden, Kaiser.
    „Ja“, murmelte er mit rauer Stimme zu sich selbst.
    Es gab zwei Möglichkeiten für ihn – zurück in das Dasein, welches er vor Elín geführt hatte, oder zurück zu Elín und retten, was zu retten war, herausfinden, was die Zukunft für ihn an ihrer Seite bereithielt. Sofern sie ihn dort überhaupt wollte.
    Tod oder Leben – eine Entscheidung, die ihm leicht fallen sollte und es dennoch nicht tat.
    Der Geschmack, den er beim Sterben aufgenommen hatte, diese Hoffnung, seinen Sohn wiederzusehen, lag ihm auch jetzt noch auf der Zunge – ein nostalgischer, erdiger Geschmack. Dagegen stand die süße Sonne, die dank Elíns Blut durch seine Adern rauschte.
    Es kam nicht darauf an, was er wollte, sondern darauf, was er sich selbst zugestand.
    Leben oder Tod?
    Sie wird nicht auf uns warten.
    „Ich weiß.“
    Was tust du?
    Er schüttelte den Kopf und vergrub das Gesicht in seinen Handflächen.
    Nimm sie mir nicht weg! Ich bitte dich! Nicht schon wieder. Nicht zum

Weitere Kostenlose Bücher