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Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Titel: Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Bay
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die Hütte herum nichts als weitläufige, einsame Landschaft befand.
    Als die Treppe in Sicht kam, blieb sie abrupt stehen. Ein junger Mann eilte die Stufen hinauf. Jemand, den sie nicht kannte. Es war zu spät, um sich nach hinten zu verziehen. Also verharrte sie an Ort und Stelle und bewegte sich nicht, in der Hoffnung, er würde sie nicht entdecken.
    Oben angekommen bog der Fremde genau in ihre Richtung und blickte auf, erstarrte und sah sie an. Er musterte ihre Erscheinung, legte ein breites Grinsen auf und sagte schließlich mit einer jungenhaft verspielten Stimme: „Hi!“
    „Tag“, entgegnete Elín und betrachtete ihn. Sein kurzes, dunkles Haar stand wild vom Kopf ab, wahrscheinlich ähnlich wie ihr eigenes, nachdem sie die ganze Nacht drauf gelegen hatte. Das Gesicht wirkte freundlich, er stellte keine Bedrohung dar. An seinem Kinn sammelten sich Bartstoppeln zu einem winzigen Ziegenbärtchen, wahrscheinlich ließ er ihn gerade wachsen. Er trug legere Kleidung, seinem Alter angemessen – eine weite Jeans und einen hellgrauen Sweater mit der Aufschrift ‚Wenn’s kein Fleisch mehr gibt, ess’ ich Vegetarier‘. Sie schätze ihn auf vielleicht zwei, drei Jahre älter.
    Nachdem er auch sie als ungefährlich erachtet hatte, lehnte er sich lässig gegen die Brüstung. „Und du bist?“
    „Nicht passend gekleidet.“
    Er lachte. Elíns schlechte Stimmung verbesserte sich etwas. „Ich heiße Jason und wohne hier, nur mal so nebenbei.“
    „Faszinierend“, konterte sie gelangweilt.
    Jason verschränkte die Arme vor der Brust. „Kann ich dir irgendwie helfen oder trägst du nur die Bettwäsche zur Waschmaschine?“
    Elín merkte, wie sich ihre linke Braue hob. Sie kniff die Augen zusammen und überlegte, ob sie ihm die Decke einfach entgegenschleudern sollte. Der Überraschungseffekt wäre ihrer. Aber sie durfte sich nicht angewöhnen, vor jedem Kerl blankzuziehen. Nein, das tat man nicht. „Ich kann dich auch gern zur Waschmaschine tragen. Vielleicht siehst du dann mal wieder klar.“
    Er grinste noch breiter. „Nun sag schon, Blondie.“
    Von der anderen Seite des Flures kam Roven einer Naturgewalt gleich auf sie zu und blieb bei Elíns Anblick verwundert stehen. Er sah nach rechts zu Jason. „Was hast du jetzt schon wieder angestellt?“
    „Ich?“ Der junge Mann langte sich theatralisch an die Brust. „Alter, ich kann nichts dafür. In meiner Nähe können die jungen Dinger gar nicht anders, als nackig durch die Gegend zu laufen.“
    Elín war kurz davor, ihm eine reinzuhauen, räusperte sich stattdessen hörbar.
    Roven atmete genervt aus und schaute wieder zu ihr. „Elín, fehlt euch was?“
    „Euch?“, fragte Jason.
    „Uns?“, entgegnete sie. „Ich bin allein. Und bräuchte Klamotten.“
    Der Akkadier gab Jason für seine Neugierde einen Klaps auf den Hinterkopf und scheuchte ihn an Elín vorbei.
    „Wir sprechen uns noch“, murmelte sie ihm drohend zu. Doch er lachte nur.
    Der große blonde Burgherr verschränkte seine Arme vor der Brust. „Wo ist Ju? Wir wollten diese Nacht nach Island aufbrechen.“
    „Nach Island?“, fragte Elín hektisch. „Ihr wollt zurück? Ich komme mit!“ Da war ein Licht am Ende ihres Tunnels.
    „Kannst du gerne tun. Aber ohne Ju kann ich uns nicht teleportieren.“
    „Er ist vorhin einfach abgehauen. Ohne ein Wort. Keine Ahnung, wo er steckt.“ Sie zuckte mit den Schultern und entblößte eine davon ungewollt, zerrte die Bettdecke wieder zurecht.
    Roven grummelte. „Okay, komm“, sagte er und lief die Stufen hinab. „Adam wird dir was organisieren.“
    Zum Anziehen, vermutete sie und folgte ihm.
     
    Weit in der Ferne der enûmischen Landschaft erkannte Jolina ein dunkles Tal, das eine Siedlung zu beherbergen schien. Es befand sich weit unter ihnen. Sie überquerten gerade einen steinigen Bergpass, auf dem der Oldtimer gerade genügend Platz hatte. Rechts neben ihr klaffte eine schier endlose Schlucht. Nur wage konnte sie am Ende einen reißenden Fluss erkennen, der sich seinen Weg durch die Felswände bahnte.
    „Ist das … deine Heimat?“, fragte sie den Sator, der den linken Arm lässig aus dem Fenster hängen ließ und mit dem rechten das Fahrzeug lenkte. Manchmal tat er es auch nur mit den Knien. Fahrtwind zerzauste sein schwarzes Haar und wirbelte durch das graue Hemd, ließ die nackte Haut seiner Brust hervor blitzen und die Härchen, die darauf wuchsen.
    „Heimat? Na ja.“ Er schaute in Richtung des Tals und stieß ein Schnaufen aus.

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