Lichtschwester - 8
Stamm hochsprang und wütend nach ihr schnappte. Einen Moment später umringte die ganze Meute den Baum - riesengroße Jagdhunde mit zottligem Fell und mit weit heraushängender roter Zunge und schimmernden Zähnen. Edyths Trollgeruch machte die Tiere rasend. Sie … sie hatte sehr lange unter Trollen gelebt, in ihrer Höhle geschlafen - und dabei ihren Geruch angenommen! Die Meute würde sie in Stücke reißen! »Hilfe!« schrie sie in panischer Angst.
Fackelschein zwischen den Bäumen. Ein Mann trat auf die Lichtung, ein Jäger, verlangsamte den Schritt, als er sie gewahrte. Edyth wagte nicht, sich zu rühren, schrie aber und schrie: »Hilfe! Ich bin ein Mensch!«
Nun kamen noch mehr Jäger herbei und starrten sie so entgeistert an, daß sie sich jäh und peinvoll ihrer Nacktheit bewußt wurde. Sie versuchte verzweifelt, ihre Blöße mit den Händen zu bedecken, und blinzelte ängstlich ins Fackellicht. Als sie aber hörte, daß die Jäger leise über sie beratschlagten, packte sie ihr Amulett und umklammerte es fest. Glaubten die ihr denn nicht? War sie am Ende in eine Trollin verwandelt worden? Und in ihrer Verzweiflung schrie sie: »So helft mir doch! Im Namen der Götter! Ruft diese Hunde zurück!«
Endlich trat einer der Männer vor und brachte die Jagdhunde mit ein paar Stockhieben zum Schweigen. »Du bist ein Mensch?« »Aber ja! Weißt du denn nicht, daß Trolle nicht sprechen können?«
Der Jäger knurrte enttäuscht, winkte aber den anderen, die darauf auch begannen, die Hunde anzuleinen und zurückzuzerren. Da stieg Edyth so gut sie es vermochte, ohne ihre Blöße zu zeigen, zu dem Jäger hinunter.
Er ließ ihr sogleich einen Umhang bringen, grollte aber, als sie sich dankbar damit einhüllte: »Wir hielten dich für einen Troll. Die Kerle haben uns heute nacht Vieh gestohlen, uns zwei Ochsen fortgeschleppt.« Eine Anklage.
Die Hunde zerrten immer noch wie rasend an den Leinen, um wieder an den Baum zu kommen. Einer der Hundeführer rümpfte angewidert die Nase. »Puh! Die stinkt ja genau wie ein Troll!« Sie verlangten eine Erklärung von ihr. Aber ihr drehte sich der Kopf. Sie fand die Worte nicht mehr, wußte nicht, was sie sagen, wie sie es ausdrücken sollte. Aber da war auch noch der Jungtroll dort oben im Baum, so schutzlos ohne seine Mutter, und die Hunde hatten ihn sicher schon gewittert. Führe sie von hier fort! »Ich …«, stammelte sie, von Krämpfen geschüttelt und mit klappernden Zähnen. »T … Trollh … höh… le.« »Du meinst, du warst in ihrer Höhle?« »J … j… aa. Hab mich drin versteckt.«
Die Männer starrten sie spöttisch und zweifelnd an. Da stocherte sie im Nebel ihrer Erinnerungen nach einem Argument, das sie nun hätte überzeugen können; aber ihr fiel nichts mehr recht ein … »V … ver … irrt«, stotterte sie schließlich, »hab mich verirrt.«
Einer der Jäger spie verächtlich vor ihr aus. »Schafscheiße, das! Trolle fressen jeden, den sie in ihrer Höhle finden … Die halten dir den Kopf abgerissen, genau wie meinen Ochsen, meinen besten Ochsen!«
»Nein, ehrlich!« beteuerte Edyth. »Ich bin splitternackt zu ihnen gegangen. So haben sie mich für eine von ihnen gehalten, für eine Trollin.«
Da hieß der Anführer seine Leute schweigen. »Lassen wir das! Die Trolle… wo sind sie jetzt hin?«
Edyth bemühte sich verzweifelt, nicht an den Troll zu denken, der über ihren Köpfen in der Baumkrone hockte, und betete zum Himmel, daß er sich still verhalten möge, keinen Laut von sich gebe. »Ich … ich weiß nicht. Ich habe sie aus den Augen verloren … ich versuchte, ein Haus oder ein Dorf zu finden, irgendeinen Ort…«
Der Jagdführer warf ihr einen mißtrauischen Blick zu. Aber jetzt erhob ein anderer die Stimme: »He du! Wie heißt du eigentlich?«
Da mußte sie erst nachdenken, sich Zeit nehmen. »Edyth. Ja, Edyth Egilsdottr. Aus …« Sie wußte nicht mehr weiter. Aber der Mann nickte befriedigt. »Genau, das war der Name… den der junge Bursche nannte. Er kam gestern, glaube ich, hier durch und hat nach dir gefragt. Du hättest dich sicher im Wald verirrt, hat er gesagt.
Magni hieß er. Dein Mann? Bist du etwa deinem Mann ausgerissen?«
Magni? An den müßte sie sich doch erinnern. An den und an Nemian. Ja, ihr Meister. Aber ihr Mann? Hatte sie denn jetzt einen Mann? Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Der Jäger knurrte verächtlich: »So viele nackte Frauen, die im Wald rumlaufen oder sich in einer Trollhöhle
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